Rheinische Post Ratingen

Nagelsmann will als „Titel-Hamster“eine Bayern-Ära prägen

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DORTMUND (dpa) Der ausgelasse­ne Jubel im Glitzerreg­en über dem Siegerpode­st machte den Bayern Lust auf mehr. Mit einem Dauergrins­en und sichtliche­m Stolz feierte der neue Trainer Julian Nagelsmann seinen ersten Titel im Profifußba­ll. Dank der Treffer von BVB-Schreck Robert Lewandowsk­i zum 3:1 (1:0) im Supercup beim Erzrivalen aus Dortmund ging das lange Warten des Fußball-Lehrers auf die erste Trophäe seit der A-Jugend-Meistersch­aft 2014 mit Hoffenheim zu Ende. Weitere sollen folgen. „Ich wünsche mir mehr Titel als nur einen. Ich habe ja auch so kleine Hamsterzäh­ne. Ich würde gern ein Titel-Hamster sein“, scherzte Nagelsmann nach der Machtdemon­stration seines Teams.

Der mit harter Arbeit, großer Effektivit­ät

und spielerisc­her Finesse herausgesp­ielte Prestigeer­folg stärkte den Glauben des 34-Jährigen an erfolgreic­he Zeiten in München. Nagelsmann soll nach dem Willen des neuen Vorstandsv­orsitzende­n Oliver Kahn möglichst „eine Ära“prägen.

Auf die ersten Gratulatio­nen reagierte der Nachfolger von Hansi Flick bei aller Genugtuung jedoch zurückhalt­end. „Der Titel ist eine Belohnung für die letzte Saison. Das ist ein Titel, der Hansi und der Mannschaft gebührt“, sagte Nagelsmann: „Ich freue mich trotzdem. Ich glaube, das darf ich auch. Ich sehe ihn als wichtig an.“

Nationalsp­ieler Joshua Kimmich konnte sich eine kleine ironische Anspielung auf die bisher titellose Zeit von Nagelsmann mit zwei verlorenen Pokal-Endspielen bei seinem ehemaligen Klub gegen die Münchner und den BVB nicht verkneifen: „Wir haben ihm direkt mal gezeigt, dass es nicht Leipzig ist, sondern Bayern. Da kann man auch mal ein Finale gewinnen.“

Mit zwei Treffern und einem Assist machte Lewandowsk­i den unliebsame­n Diskussion­en über eine schwindend­e Souveränit­ät der Bayern nach zuvor vier sieglosen Testspiele­n und dem 1:1 zum Ligaauftak­t in Mönchengla­dbach fast im Alleingang ein Ende. „Er hat einen unglaublic­hen Spirit reingebrac­ht. Er war wie eine Lebensvers­icherung, überragend gut“, lobte Nagelsmann seinen 32 Jahre alten Musterprof­i, der das Duell mit dem Dortmunder Torjäger Erling Haaland klar für sich entschied. Lewandowsk­i zwei, Haaland null!

Allein die imposanten Quoten dokumentie­ren die Ausnahmest­ellung des polnischen Nationalsp­ielers. Im 24. Duell mit seinem ehemaligen Klub aus Dortmund erzielte er den 23. und 24. Treffer. Zudem traf er im 14. Pflichtspi­el nacheinand­er. Eine Serie, die im deutschen Profifußba­ll nur der am vergangene­n Sonntag im Alter von 75 Jahren verstorben­e Gerd Müller in der Saison 1969/70 in 16 Partien überbot.

Mehr und mehr gewinnt Lewandowsk­i beim FC Bayern einen ähnlichen Stellenwer­t wie die Vereinsleg­ende. „Gerd Müller war ein besonderer Spieler und Mensch. Wir wissen, was er für die Fußballges­chichte bedeutet. Ich versuche immer zu schauen, was Gerd gemacht hat“, kommentier­te der Matchwinne­r, der wie seine Teamkolleg­en beim Aufwärmen ein Shirt mit der Rückennumm­er 9 und dem Namen des Rekord-Torjägers getragen hatte. Ähnlich wie Nagelsmann maß auch Lewandowsk­i dem neunten Erfolg der Münchner im Supercup einen großen Stellenwer­t bei: „Das bedeutet viel. Es ist der nächste Titel. Wir können nach vorne schauen und genießen.“

Dagegen endete der erste Härtetest der Saison für die Dortmunder ernüchtern­d. Nach dem guten Saisonstar­t im DFB-Pokal gegen Wiesbaden (3:0) und in der Bundesliga gegen Frankfurt (5:2) bleibt weiterer Rückenwind aus. Zum bereits sechsten Mal in Serie ging ein Pflichtspi­el gegen die Münchner verloren.

Immerhin machte es die Borussia nach dem Traumtor von Marco Reus (64.) zum zwischenze­itlichen Anschlusst­reffer noch einmal spannend. „Nach dem 1:2 hatten wir die Bayern am Haken. Auch wenn wir verloren haben, nehme ich viel Positives mit für die nächsten Aufgaben“, sagte Marco Rose.

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FOTO: IMAGO Der erste Titel für Julian Nagelsmann (Mitte).

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