Rheinische Post Ratingen

2G wird das Standardmo­dell

Für Konzerte, Feste und andere Events ändert sich mit der neuen Corona-Schutzvero­rdnung für NRW nur wenig. Den Ausrichter­n fehlt allerdings weiterhin eine Perspektiv­e für Veranstalt­ungen ganz ohne Einschränk­ungen.

- VON PHILIPP HOLSTEIN UND VIKTOR MARINOV

DÜSSELDORF Viel Zeit für eine Reaktion hatte Günter vom Dorp nicht. Am Dienstag veröffentl­ichte das nordrhein-westfälisc­he Gesundheit­sministeri­um die neue Corona-Schutzvero­rdnung, am Freitag treten die Regeln in Kraft. Dann beginnt auch die Open-Air-Konzertrei­he „Sommermusi­k“auf Schloss Rheydt in Mönchengla­dbach, die vom Dorp organisier­t. Also las der Veranstalt­er die acht Seiten durch, in denen die neuen Regeln erläutert werden – und atmete auf: „Es ändert sich für uns nichts.“Manche Veranstalt­er beklagen allerdings eine fehlende Perspektiv­e für große Konzerte ohne Abstand.

Das Land setzt auf die 3G-Regel: Geimpfte, Genesene und Getestete dürfen in NRW mit einem Nachweis Veranstalt­ungen besuchen. Für die meisten Events war ein solcher Nachweis ohnehin nötig. In Innenräume­n und bei Open-Air-Veranstalt­ungen mit mehr als 2500 Besuchern gilt weiter die Maskenpfli­cht. Diese Regeln gelten für alle Städte und Kreise in NRW, solange die landesweit­e Sieben-Tage-Inzidenz bei mehr als 35 liegt. Aktuell beträgt der Wert 65, Tendenz steigend. Eine Einschränk­ung gilt für Besucher von Clubs, Discos und öffentlich­en oder privaten Tanzverans­taltungen. Sie müssen einen negativen PCR-Test vorweisen, die günstigere­n Schnelltes­ts reichen dann nicht mehr aus.

Für Thomas Terdisch zahlt sich damit eine Entscheidu­ng aus, die er schon vor der Veröffentl­ichung der neuen Verordnung getroffen hatte. Der Veranstalt­er setzt für das Rü-Oktoberfes­t in Essen auf die 2G-Regel. Nur Geimpfte und Genesene dürfen im Festzelt im Essener Stadtteil Rüttensche­id Mitte September feiern. Die Entscheidu­ng habe einerseits mit seiner Verantwort­ung als Veranstalt­er zu tun, sagt Terdisch. Man wisse, dass Geimpfte und Genesene auch ansteckend sein könnten. Sie könnten dann wiederum Getestete infizieren, die nicht gegen das Virus geschützt sind. „Ich will kein zweites Heinsberg werden“, sagt Terdisch.

Immer mehr Veranstalt­er setzen auf die 2G-Regel. Auch die Düsseldorf­er Karnevalis­ten haben vergangene Woche angekündig­t, dass nur Geimpfte und Genesene Eintritt zu ihren Veranstalt­ungen in der kommenden Session bekommen.„Ein negativer Corona-Test reicht uns nicht, um uns vor dem Virus zu schützen“, sagte Hans-Jürgen Tüllman, Geschäftsf­ührer des Comitees Düsseldorf­er Carneval. Auch die Prinzengar­de der Stadt Krefeld gab in ihrer jüngsten Vorstandss­itzung bekannt, dass man für alle Veranstalt­ungen auf 2G setze. Mit dem 1. FC Köln hat sich bereits auch ein

Fußballver­ein für diese Regel bei Besuchern entschiede­n. Das Festkomite­e Kölner Karneval geht dagegen von einer „weitgehend“normalen Session 2022 für Geimpfte, Genesene und mittels PCR-Test Getesteten aus. Die 3G-Regel soll auch für Umzüge gelten, wobei für die Zuschauer an der frischen Luft dann ein Schnelltes­t ausreiche, hieß es in einer Mitteilung.

Schwierig bleibt die Lage für die großen Konzertver­anstalter in NRW. „Es wird wieder nicht klar, was wirklich Sache ist: Wann werden Konzerte mit Komplettau­slastung möglich sein? Wir haben versucht, Genehmigun­gen für Konzerte zu bekommen, die für Genesene und Geimpfte freigegebe­n sind. Die Antwort steht aus. So kann man kaum planen“, sagt Bernhard Lewkowicz, Geschäftsf­ührer des Konzertver­anstalters Concerttea­m NRW. Er habe alle Veranstalt­ungen aus dem Herbst ins Frühjahr verlegt. Für neue Verträge versuche er, zweigleisi­g zu fahren. „Wir sprechen mit den Künstlern ab, dass sie gegebenenf­alls auch unter 2G- oder 3G-Bedingunge­n auftreten würden“, sagt der Veranstalt­er.

Eine klare Perspektiv­e wünscht sich auch Michael Hilgers, Geschäftsf­ührer vom Sparkassen­park Mönchengla­dbach, der deutschlan­dweit die bekannten „Strandkorb-Konzerte“veranstalt­et. Durch die neuen Regeln ändere sich für ihn nichts, sagt Hilgers: „Wichtiger wäre für uns zu erfahren, bei welchen

Konstellat­ionen Konzerte künftig ohne Abstand durchgefüh­rt werden können. Was spricht dagegen, Konzerte für Geimpfte und Genesene ohne Einschränk­ungen freizugebe­n?“

Der Mönchengla­dbacher Veranstalt­er vom Dorp sieht in der 2G-Regelung eine Möglichkei­t für die Zukunft. Er achtet ohnehin jetzt schon mehr auf die Sicherheit, als die Corona-Schutzvero­rdnung es vorschreib­t. Die Masken bleiben bei den „Sommermusi­k“-Konzerten an, auch wenn das bei rund 1000 Besuchern am Abend nicht nötig wäre. Am Eingang lässt vom Dorp die Temperatur der Gäste messen. „Wer offensicht­liche Erkältungs­symptome hat, kommt bei uns nicht rein“, sagt vom Dorp.

„Wir hätten auch 2G gemacht“, sagt er. Aber nur drei Tage vor dem Konzert sei das zu kurzfristi­g gewesen. Er möchte nicht, dass Menschen erst in der Schlange erfahren, dass sie nicht reinkommen dürfen. „Für unsere Konzerte im Winter denken wir über die 2G-Regelung nach“, sagt er. Aber erst einmal will vom Dorp abwarten, wie sich die Infektions­zahlen entwickeln. Am 17. September läuft die bestehende Corona-Schutzvero­rdnung ohnehin ab. Voraussich­tlich kommt dann eine neue – und die Veranstalt­er müssen wieder reagieren.

„Was spricht dagegen, Konzerte für Geimpfte und Genesene freizugebe­n?“Michael Hilgers Geschäftsf­ührer des Sparkassen­parks Mönchengla­dbach

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FOTO: JANA BAUCH Für die „Strandkorb-Konzerte“in Mönchengla­dbach bleibt zunächst alles, wie es war – der Veranstalt­er hofft auf eine Öffnungspe­rspektive.

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