2G wird das Standardmodell
Für Konzerte, Feste und andere Events ändert sich mit der neuen Corona-Schutzverordnung für NRW nur wenig. Den Ausrichtern fehlt allerdings weiterhin eine Perspektive für Veranstaltungen ganz ohne Einschränkungen.
DÜSSELDORF Viel Zeit für eine Reaktion hatte Günter vom Dorp nicht. Am Dienstag veröffentlichte das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium die neue Corona-Schutzverordnung, am Freitag treten die Regeln in Kraft. Dann beginnt auch die Open-Air-Konzertreihe „Sommermusik“auf Schloss Rheydt in Mönchengladbach, die vom Dorp organisiert. Also las der Veranstalter die acht Seiten durch, in denen die neuen Regeln erläutert werden – und atmete auf: „Es ändert sich für uns nichts.“Manche Veranstalter beklagen allerdings eine fehlende Perspektive für große Konzerte ohne Abstand.
Das Land setzt auf die 3G-Regel: Geimpfte, Genesene und Getestete dürfen in NRW mit einem Nachweis Veranstaltungen besuchen. Für die meisten Events war ein solcher Nachweis ohnehin nötig. In Innenräumen und bei Open-Air-Veranstaltungen mit mehr als 2500 Besuchern gilt weiter die Maskenpflicht. Diese Regeln gelten für alle Städte und Kreise in NRW, solange die landesweite Sieben-Tage-Inzidenz bei mehr als 35 liegt. Aktuell beträgt der Wert 65, Tendenz steigend. Eine Einschränkung gilt für Besucher von Clubs, Discos und öffentlichen oder privaten Tanzveranstaltungen. Sie müssen einen negativen PCR-Test vorweisen, die günstigeren Schnelltests reichen dann nicht mehr aus.
Für Thomas Terdisch zahlt sich damit eine Entscheidung aus, die er schon vor der Veröffentlichung der neuen Verordnung getroffen hatte. Der Veranstalter setzt für das Rü-Oktoberfest in Essen auf die 2G-Regel. Nur Geimpfte und Genesene dürfen im Festzelt im Essener Stadtteil Rüttenscheid Mitte September feiern. Die Entscheidung habe einerseits mit seiner Verantwortung als Veranstalter zu tun, sagt Terdisch. Man wisse, dass Geimpfte und Genesene auch ansteckend sein könnten. Sie könnten dann wiederum Getestete infizieren, die nicht gegen das Virus geschützt sind. „Ich will kein zweites Heinsberg werden“, sagt Terdisch.
Immer mehr Veranstalter setzen auf die 2G-Regel. Auch die Düsseldorfer Karnevalisten haben vergangene Woche angekündigt, dass nur Geimpfte und Genesene Eintritt zu ihren Veranstaltungen in der kommenden Session bekommen.„Ein negativer Corona-Test reicht uns nicht, um uns vor dem Virus zu schützen“, sagte Hans-Jürgen Tüllman, Geschäftsführer des Comitees Düsseldorfer Carneval. Auch die Prinzengarde der Stadt Krefeld gab in ihrer jüngsten Vorstandssitzung bekannt, dass man für alle Veranstaltungen auf 2G setze. Mit dem 1. FC Köln hat sich bereits auch ein
Fußballverein für diese Regel bei Besuchern entschieden. Das Festkomitee Kölner Karneval geht dagegen von einer „weitgehend“normalen Session 2022 für Geimpfte, Genesene und mittels PCR-Test Getesteten aus. Die 3G-Regel soll auch für Umzüge gelten, wobei für die Zuschauer an der frischen Luft dann ein Schnelltest ausreiche, hieß es in einer Mitteilung.
Schwierig bleibt die Lage für die großen Konzertveranstalter in NRW. „Es wird wieder nicht klar, was wirklich Sache ist: Wann werden Konzerte mit Komplettauslastung möglich sein? Wir haben versucht, Genehmigungen für Konzerte zu bekommen, die für Genesene und Geimpfte freigegeben sind. Die Antwort steht aus. So kann man kaum planen“, sagt Bernhard Lewkowicz, Geschäftsführer des Konzertveranstalters Concertteam NRW. Er habe alle Veranstaltungen aus dem Herbst ins Frühjahr verlegt. Für neue Verträge versuche er, zweigleisig zu fahren. „Wir sprechen mit den Künstlern ab, dass sie gegebenenfalls auch unter 2G- oder 3G-Bedingungen auftreten würden“, sagt der Veranstalter.
Eine klare Perspektive wünscht sich auch Michael Hilgers, Geschäftsführer vom Sparkassenpark Mönchengladbach, der deutschlandweit die bekannten „Strandkorb-Konzerte“veranstaltet. Durch die neuen Regeln ändere sich für ihn nichts, sagt Hilgers: „Wichtiger wäre für uns zu erfahren, bei welchen
Konstellationen Konzerte künftig ohne Abstand durchgeführt werden können. Was spricht dagegen, Konzerte für Geimpfte und Genesene ohne Einschränkungen freizugeben?“
Der Mönchengladbacher Veranstalter vom Dorp sieht in der 2G-Regelung eine Möglichkeit für die Zukunft. Er achtet ohnehin jetzt schon mehr auf die Sicherheit, als die Corona-Schutzverordnung es vorschreibt. Die Masken bleiben bei den „Sommermusik“-Konzerten an, auch wenn das bei rund 1000 Besuchern am Abend nicht nötig wäre. Am Eingang lässt vom Dorp die Temperatur der Gäste messen. „Wer offensichtliche Erkältungssymptome hat, kommt bei uns nicht rein“, sagt vom Dorp.
„Wir hätten auch 2G gemacht“, sagt er. Aber nur drei Tage vor dem Konzert sei das zu kurzfristig gewesen. Er möchte nicht, dass Menschen erst in der Schlange erfahren, dass sie nicht reinkommen dürfen. „Für unsere Konzerte im Winter denken wir über die 2G-Regelung nach“, sagt er. Aber erst einmal will vom Dorp abwarten, wie sich die Infektionszahlen entwickeln. Am 17. September läuft die bestehende Corona-Schutzverordnung ohnehin ab. Voraussichtlich kommt dann eine neue – und die Veranstalter müssen wieder reagieren.
„Was spricht dagegen, Konzerte für Geimpfte und Genesene freizugeben?“Michael Hilgers Geschäftsführer des Sparkassenparks Mönchengladbach