Rheinische Post Ratingen

Der elegantest­e Läufer der Liga

Erst war Kyle Cumiskey lange verletzt, dann vereinslos. Trotzdem ging die DEG das Risiko ein, verpflicht­ete den Kanadier – und sieht sich nun bestätigt. Der auch mit 34 noch pfeilschne­lle Mann soll die Defensive unterstütz­en.

- VON BERND SCHWICKERA­TH

DÜSSELDORF Es gab in der vergangene­n Saison so einige Aussagen, die den Verantwort­lichen der Düsseldorf­er EG Kopfzerbre­chen bereiteten. Meist kamen sie aus der Politik oder von Behörden, hatten mit Inzidenzen oder Auflagen zu tun. Am Abend des 30. März war es allerdings ein Lob der Konkurrenz. Die DEG spielte in Mannheim, als JanAxel Alavaara am TV-Mikrofon ins Schwärmen geriet: „Es macht Spaß, ihm zuzusehen“, sagte der Kaderplane­r der Adler über DEG-Verteidige­r Kyle Cumiskey, „läuferisch einer der besten Verteidige­r der Liga“. Schon vor Jahren, Alavaara war Co-Trainer bei Modo in Schweden, Cumiskey spielte dort, sei er ihm aufgefalle­n.

Normalerwe­ise bleibt es in Mannheim nicht beim Schwärmen. Wenn der Krösus der Deutschen Eishockey Liga (DEL) bei der Konkurrenz einen Spieler entdeckt, der ihm gefällt, dann klopft er an. Und bringt in die Verhandlun­gen gern sechsstell­ige Argumente mit. Um Cumiskey haben sich die Adler im Sommer aber nicht bemüht. Auch kein anderer DEL-Klub. Was sie bei der DEG einerseits überrascht, vor allem aber gefreut hat. So war der Weg für Niki Mondt frei. Und als Cumiskey dessen Angebot annahm, stand für den DEG-Manager fest: „Wir werden noch viel Freude an ihm haben.“Denn auch Mondt hält den Kanadier für einen der „besten Verteidige­r der Liga“, läuferisch „herausrage­nd“, „sehr gute Spielübers­icht“.

Warum sich niemand anderes Cumiskeys Dienste sichern wollte, darüber kann nur spekuliert werden. Am Geld kann es nicht liegen, anderswo hätte dem 34-Jährigen deutlich mehr geboten werden können als bei der DEG. Waren die Kader schon voll? Ist es seine Verletzung­shistorie? Cumiskey

war zwar lange NHL-Spieler, gewann 2015 mit Chicago den Stanley Cup, doch in den beiden Saisons danach machte er insgesamt nur 29 Spiele. 2017/18 setzte er sogar komplett aus, pendelte danach in Nordamerik­a zwischen zweiter und dritter Liga, ehe er gar keinen Vertrag mehr bekam, Ende 2020 war er vereinslos.

Da kam der Anruf aus Düsseldorf gerade recht. Gewusst habe er damals nichts über DEL oder DEG, wie er dieser Tage erzählte. Aber als Eishockeyp­rofi ist man es gewohnt, ins Ungewisse aufzubrech­en. Umzüge,

selbst auf andere Kontinente, sind keine Seltenheit. Also ging er das Wagnis Deutschlan­d ein und fühlte sich gleich wohl: „Ich habe das Jahr genossen, das Team, das Management“, sagt Cumiskey. Nicht viele hatten ihm zugetraut, noch mal auf dem Niveau Eishockey spielen zu können. Die DEG tat es, im Mai bedankte sich Cumiskey mit der Vertragsve­rlängerung bis 2024.

Das allein war es aber natürlich nicht. Cumiskey mag die DEL, das spielerisc­he Niveau, die Infrastruk­tur mit vielen modernen Hallen. Und auch abseits des Sports hätte es ihm und seiner Familie gefallen. „Wegen Corona habe ich nicht die normale Erfahrung gemacht, aber ich habe genug gesehen, um es zu genießen. Düsseldorf ist eine Stadt, in der ich hoffentlic­h noch ein paar Jahre leben und spielen kann“.

Bei der DEG hoffen sie ebenfalls drauf. Sein Stellungss­piel, seine Übersicht, seine Pässe aus der eigenen Zone, seine Schnelligk­eit, die es ihm ermöglicht, die Stürmer bei Kontern zu unterstütz­en oder gegnerisch­e abzulaufen – das hat den Verantwort­lichen

gut gefallen. Bei den Fans war Cumiskey dagegen seltener Thema. Aber die konnten ihn in der Corona-Saison auch nicht in der Halle sehen, wo sein Tempo anders wirkt als vor dem Bildschirm.

Natürlich machte er auch Fehler, war mal für ein Gegentor verantwort­lich, auch offensiv klappte nicht alles. 15 Vorlagen in 37 Spielen waren gut, ein Saisontor zu wenig. Aber mit Cumiskey auf dem Eis fand das Spiel deutlich häufiger in der gegnerisch­en Zone statt, die DEG hatte größere Chancen als ihre Gegner.

Er selbst schaut dennoch bescheiden auf sein erstes DEG-Jahr. Jetzt, wo er erstmals die komplette Vorbereitu­ng mitmachen kann, erwartet er mehr von sich: „Hoffentlic­h bin ich nächste Saison besser.“Ob das auch für das verjüngte Team gilt? „Es ist schade, dass wir Leute wegen des Geldes verloren haben.“Nun seien viele Neue im Team, „die bekommen hier eine Chance, die sie woanders nicht bekommen haben, aber ich freue mich auf das jüngere Team“. Und glaubt dran, dass es nichts mit dem Abstieg zu tun haben wird: „Wir kämpfen um die Play-offs, das ist immer das Ziel.“

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FOTO: HORSTMÜLLE­R Kyle Cumiskey (DEG, links) in einem Testspiel im Zweikampf mit Mirko Sacher (Krefeld).

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