Auf der Suche nach der zweiten Luft
Es war Markus Söder, der beim Auftakt der heißen Wahlkampfphase zwei Kernbotschaften der Union für die nächsten Wochen formulierte. Er habe „keinen Bock auf Opposition“, rief der CSU-Vorsitzende. Und fügte hinzu: Es brauche jetzt „die zweite Luft“. In einer Insa-Umfrage liegen Union und SPD erstmals seit April 2017 gleichauf – beide bei 22 Prozent. Dies ist zugleich der niedrigste Wert, der von Insa jemals für die Union gemessen wurde.
Nun sind Meinungsumfragen volatil, und Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet hat, mit starken Nerven gesegnet, schon des Öfteren gezeigt, dass er einen knappen Vorsprung über die Ziellinie bringen kann. Dennoch: Aus der erwarteten Auseinandersetzung mit den Grünen ist für die Union ein Duell mit einem Gegner geworden, den man bis vor Kurzem nicht auf der Agenda hatte. Vizekanzler und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz schickt sich an, an der Union vorbeizuziehen. Dabei versucht er, die Union gewissermaßen mit ihren eigenen Waffen zu schlagen: Scholz steht in diesem Wahlkampf für eine Rolle, die in den vergangenen Auseinandersetzungen stets Angela Merkel eingenommen hat – ein Versprechen der soliden Führung, der Verlässlichkeit in der Regierung. Für die Union muss es in den nächsten Wochen vor allem darum gehen, die Diskrepanz zwischen Scholz und seiner Partei aufzuzeigen.
Auch die Grünen müssen kämpfen. Denn Scholz hat grundsätzlich große Lust am Regieren. Sollten die Sozialdemokraten kein eigenes Bündnis auf die Beine stellen können, wird er sich eine andere Option sehr genau überlegen. Eine Regierungskoalition mit Union und FDP nämlich. Es wäre schwierig, seine Partei davon zu überzeugen; unmöglich ist es allerdings nicht. Und für die Grünen bliebe erneut nur der Platz auf der Oppositionsbank.
BERICHT DIE UNION ENTDECKT EINEN NEUEN GEGNER, POLITIK