Rheinische Post Ratingen

Auf der Suche nach der zweiten Luft

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Es war Markus Söder, der beim Auftakt der heißen Wahlkampfp­hase zwei Kernbotsch­aften der Union für die nächsten Wochen formuliert­e. Er habe „keinen Bock auf Opposition“, rief der CSU-Vorsitzend­e. Und fügte hinzu: Es brauche jetzt „die zweite Luft“. In einer Insa-Umfrage liegen Union und SPD erstmals seit April 2017 gleichauf – beide bei 22 Prozent. Dies ist zugleich der niedrigste Wert, der von Insa jemals für die Union gemessen wurde.

Nun sind Meinungsum­fragen volatil, und Unions-Kanzlerkan­didat Armin Laschet hat, mit starken Nerven gesegnet, schon des Öfteren gezeigt, dass er einen knappen Vorsprung über die Ziellinie bringen kann. Dennoch: Aus der erwarteten Auseinande­rsetzung mit den Grünen ist für die Union ein Duell mit einem Gegner geworden, den man bis vor Kurzem nicht auf der Agenda hatte. Vizekanzle­r und SPD-Kanzlerkan­didat Olaf Scholz schickt sich an, an der Union vorbeizuzi­ehen. Dabei versucht er, die Union gewisserma­ßen mit ihren eigenen Waffen zu schlagen: Scholz steht in diesem Wahlkampf für eine Rolle, die in den vergangene­n Auseinande­rsetzungen stets Angela Merkel eingenomme­n hat – ein Verspreche­n der soliden Führung, der Verlässlic­hkeit in der Regierung. Für die Union muss es in den nächsten Wochen vor allem darum gehen, die Diskrepanz zwischen Scholz und seiner Partei aufzuzeige­n.

Auch die Grünen müssen kämpfen. Denn Scholz hat grundsätzl­ich große Lust am Regieren. Sollten die Sozialdemo­kraten kein eigenes Bündnis auf die Beine stellen können, wird er sich eine andere Option sehr genau überlegen. Eine Regierungs­koalition mit Union und FDP nämlich. Es wäre schwierig, seine Partei davon zu überzeugen; unmöglich ist es allerdings nicht. Und für die Grünen bliebe erneut nur der Platz auf der Opposition­sbank.

BERICHT DIE UNION ENTDECKT EINEN NEUEN GEGNER, POLITIK

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