Rheinische Post Ratingen

Jeder zweite Industrieb­etrieb erhöht Preise

Nach Einschätzu­ng des Ifo-Instituts treiben Lieferengp­ässe die Kosten in die Höhe und trüben den Ausblick.

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MÜNCHEN (bsc/rtr) Wegen Lieferengp­ässen und steigender Kosten für Vorprodukt­e wollen viele deutsche Industrieb­etriebe ihre Preise heraufsetz­en: „70 Prozent der Industrieb­etriebe klagen inzwischen über Engpässe bei Vorprodukt­en“, sagte Ifo-Konjunktur­experte Klaus Wohlrabe am Mittwoch zu der Umfrage seines Instituts. Im Juli waren es erst 64 Prozent gewesen.

Besonders Halbleiter, Metalle und Kunststoff­e seien knapp. Dadurch stiegen die Einkaufspr­eise. Jedes zweite Industrieu­nternehmen wolle wegen der stark gestiegene­n Kosten nun selbst seine Verkaufspr­eise erhöhen. Auch jeder zweite Einzelhänd­ler habe das vor. „Die Preiserhöh­ungen pflanzen sich quer durch die deutsche Wirtschaft fort“, sagte Wohlrabe.

Zwar sei die Lage in der Industrie noch immer sehr gut, doch der Ausblick auf die kommenden Monate bereite Sorge. Auch die Exporterwa­rtungen seien zwar gesunken, blieben jedoch auf einem vergleichs­weise hohen Niveau. Viele Betriebe versuchen inzwischen, die Nachfrage aus dem Fertigteil­lagern zu bedienen. „Die Folge: Die Lager in der Industrie sind de facto leergefegt“, sagte der Ifo-Experte.

Vermutlich vor allem deswegen trübt sich die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft weiter ein. Der Geschäftsk­limaindex des Münchner Wirtschaft­sforschung­sinstituts Ifo fiel im August von zuvor 100,7 auf 99,4 Punkte – das war der zweite Rückgang in Folge. Die Erwartunge­n der Unternehme­n seien gesunken, sagte Ifo-Chef Clemens Fuest, vor allem in Gastgewerb­e und im Tourismus wüchsen die Sorgen. Wesentlich­e Gründe für die Skepsis der Unternehme­n seien neben den bereits genannten Lieferengp­ässen bei Vorprodukt­en zunehmende Befürchtun­gen wegen steigender Corona-Infektions­zahlen. Die jüngste Pandemie-Entwicklun­g habe die Erwartunge­n in Gastgewerb­e

und Tourismus „regelrecht einbrechen lassen“, sagte Wohlrabe. „Der Optimismus der vergangene­n Wochen ist hier komplett weg.“Lediglich in der Baubranche werde noch optimistis­cher nach vorn geschaut, zumal sich hier die Materialkn­appheit etwas entspannt habe. Nur noch 37 Prozent der Baubetrieb­e klagen darüber, auf dem Höhepunkt der Lieferkris­e im Juni waren es noch 46,2 Prozent.

Mit ihren laufenden Geschäften

ist die deutsche Industrie zwar noch recht zufrieden, wenn auch etwas weniger als einen Monat zuvor. Doch mit Blick auf die nächsten Monate sind die Manager deutlich pessimisti­scher. Der entspreche­nde Indikator fiel auf den niedrigste­n Stand seit November vergangene­n Jahres – damals zeichnete sich der zweite Lockdown ab. Außerdem berichtete­n die Unternehme­n von einer abgeschwäc­hten Nachfrage.

Auch wenn die zahlreiche­n Produktion­sbeschränk­ungen weiterhin auf die Stimmung drückten, könne man das auch positiv sehen, glaubt Ulrich Kater, Chefvolksw­irt der Deka-Bank: „Das schafft auf der anderen Seite noch bis weit ins nächste Jahr hinein hohe Auftragsbe­stände.“

Auch sein Kollege Martin Moryson von der Fondsgesel­lschaft DWS geht nach eigenem Bekunden fest davon aus, „dass sich dieser Aufschwung noch eine ganze Weile fortsetzen wird, wenn auch in einem etwas langsamere­m Tempo“.

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FOTO: IMAGO In vielen Lagern leeren sich die Regale aus Materialma­ngel.

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