Mit Bäcker Bulle verabschiedet sich erneut ein Düsseldorfer Unternehmen vom Bargeld – und ist damit offenbar am Puls der Zeit: Bürger zahlen immer häufiger digital, so die Bundesbank. Kunden brauchen dafür das richtige Konto.
DÜSSELDORF „Bar oder mit Karte?“– eine alltägliche Frage, die man in der Bäckerei Bulle in Düsseldorf ab nächster Woche nicht mehr hören wird. Wer seine Brötchen dort mit einem Zehn-Euro-Schein bezahlen möchte, sieht dann alt aus. Die Bäckerei akzeptiert nur noch Kartenzahlung. „Wir sind ein junges Unternehmen, das neue Wege gehen möchte“, sagt Jannis Rippin. Er ist stellvertretender Geschäftsführer von Bäcker Bulle. Der wichtigste Grund für die Umstellung sei, dass man den Verwaltungsaufwand minimieren wolle. „Ich muss das Bargeld zählen und zur Bank bringen. Das wird noch komplizierter, wenn sich jemand verzählt hat, oder wenn etwas falsch gebongt wurde.“Insgesamt koste ihn der Aufwand eine Stunde pro Tag. Wenn alle Kunden mit Karte zahlen würden, fiele das weg. Aktuell informiert die Bäckerei ihre Kunden über den Umbruch in der Filiale Oststraße. Die meisten reagieren laut Rippin positiv.
Kein Wunder: Bargeldloses Bezahlen ist so beliebt wie noch nie. Hygiene-Bedenken gegenüber Bargeld haben die Zahl während der Corona-Pandemie stark steigen lassen. Davon hat besonders das kontaktlose Bezahlen profitiert. „Mehr als ein Fünftel derer, die kontaktlos bezahlen, probierte dies erstmals während der Corona-Pandemie aus“, sagt Burkhard Balz, Vorstandsmitglied der Deutschen
Bundesbank. Hinzu komme laut Rainer Gallus vom Handelsverband NRW, dass das Bezahlen ohne Bargeld inzwischen in der Regel schneller gehe: „Gerade das kontaktlose Bezahlen, wo man die Karte oder sogar das Handy oder die Uhr einfach nur an das Gerät dranhalten muss, beschleunigt den Bezahlprozess.“
Neben den klassischen EC- oder Kreditkarten finden solche digitalen Lösungen immer mehr Anklang. Besonders die Internetriesen Google und Apple konkurrieren um digitalzahlungswillige Nutzer. Wer ein entsprechendes Gerät besitzt, kann über Apple Pay oder Google Pay mit dem Smartphone Zahlungen abwickeln. Dabei wird eine Kreditkarte mit dem Kundenkonto beim jeweiligen Anbieter verbunden. Abgebucht wird direkt vom Konto. Inzwischen bieten auch viele große Unternehmen – darunter Lidl und McDonald’s – die Möglichkeit, per Smartphone zu bezahlen.
Im vergangenen Jahr wurden laut einer Umfrage der Bundesbank nur noch 61 Prozent aller Käufe im stationären Handel mit Bargeld bezahlt. 36 Prozent dagegen mit Kredit- oder Girokarte, jeder 50. Einkauf insgesamt wurde digital per Smartphone, Smartwatch oder über Paypal abgewickelt. Schon jeder neunte Bürger hat mindestens einmal mit dem Handy bezahlt.
Besonders ältere Menschen sehen den Trend zu digitalen Zahlungsmethoden jedoch kritisch. Laut Bundesbank können sich nur zwei Prozent
der über 65-Jährigen vorstellen, ein rein digitales Konto einzurichten. Bei den unter 27-Jährigen sind das immerhin 15 Prozent. Vor allem Senioren bevorzugen also im Alltag weiterhin Bargeld.
Eine Erfahrung, die das Gasthaus Stappen in Korschenbroich so nicht gemacht hat. Seit Mai kann man dort nur noch bargeldlos bezahlen. „Das wird altersunabhängig sehr gut angenommen“, sagt Carmen Stappen. „Wir hatten sogar schon einen Gast, der seinen 80. Geburtstag mit der Apple Watch bezahlt hat.“Bisher sei erst ein Gast wieder gegangen, als er von der Umstellung erfahren habe.
Eine Sorge, die allerdings viele Kunden umtreibt, ist die um die Sicherheit ihrer Daten. Schon bei Kartenzahlung fürchten sie, dass die Banken jedes einzelne Geschäft ihrer Kunden nachverfolgen können. Das weiß man auch in Düsseldorf: „Wir arbeiten dafür gerade an einer Prepaid-Lösung“, sagt Jannis Rippin von der Bäckerei Bulle. Die Kunden sollen eine Kundenkarte einmalig aufladen können und damit bargeldlos bezahlen. So kann die Bank die Zahlung nicht nachverfolgen, so wie bei Abokarten bei Schwimmbädern. „Die Prepaid-Karte soll auch bar bezahlt werden können“, sagt Rippin.
Wo das bargeldlose Geschäft einerseits durch weniger Zeitaufwand Geld spart, entstehen für Kunden oft zusätzliche Kosten. Viele Banken verlangen bei einem Teil der Konten für jede Transaktion mit der Karte eine Gebühr. Im Besonderen ist das bei Konten der
Fall, die nur eine geringe Grundgebühr kosten. Bei der Stadtsparkasse Köln-Bonn etwa sind beim Konto „Giro Privat“40 Cent pro Buchung fällig, die Monatsgebühr liegt bei nur fünf Euro. Die Stadtsparkasse Düsseldorf verlange unabhängig vom Kontotyp keine Gebühr für das Bezahlen an Kassen, sagt Mitarbeiter Niklas Lator: „Das ist aber von Sparkasse zu Sparkasse unterschiedlich.“
Der Bankenverband NRW empfiehlt, das Kontomodell zu wechseln, wenn man für jede Transaktion extra zahlen muss und häufig bargeldlos zahlt. Kunden des Gasthauses Stappen müssen sich darum nicht sorgen. „Wir arbeiten mit einem Abrechnungsunternehmen zusammen, das pro Zahlung eine gewisse Gebühr bekommt“, sagt Carmen
Stappen. Diese Gebühr trage das Gasthaus. Das lohne sich insgesamt. „Wenn ich diesen Gebühren die Arbeitszeit, die unsere Mitarbeiter jeden Tag in die Abrechnung und die Kontrolle stecken, gegenüberstelle, lohnt sich das auf jeden Fall.“Hinzu komme, dass man vor dem Finanzamt sauber dastehe und dass ein bargeldloses Lokal für Einbrecher nicht attraktiv ist.
Es gebe eine langsame Transformation hin zu mehr bargeldlosen Geschäften, ist auch Rainer Gallus vom Handelsverband überzeugt. „Laut der Bundesbank boomt bargeldloses Zahlen seit Ausbruch der Corona-Pandemie regelrecht.“Nur noch 32 Prozent des Geldes sei 2020 in Form von Barzahlung über die Ladentheke geflossen.
Doch es gibt auch Rückschläge beim Abschied von Münzen und Scheinen. Das Düsseldorfer Lokal Baba Green hatte schon vor zwei Jahren beschlossen, kein Bargeld mehr anzunehmen. „Wir haben aber festgestellt: Nicht jeder besitzt eine Karte und nicht jeder will mit Karte zahlen“, sagt Jasmin Gündüz von Baba Green. „Da kamen einige Leute, die gesagt haben: ,Wer mein Geld nicht haben will, bei dem kaufe ich auch nicht.‘“Inzwischen nimmt man dort wieder Bargeld an.
Die Bäckerei Bulle will aber an ihren Plänen festhalten. „Wir haben uns bei den Leuten umgehört“, sagt Jannis Rippin. „Wir sind überzeugt, dass sie das annehmen werden.“