Die Verantwortung trägt Biden
Es ist die größte Niederlage der freien Welt seit Vietnam. Die Szenen am Flughafen Kabul werden das Symbol dafür sein, wie sehr die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten – darunter Deutschland – ein Land im Chaos zurücklassen. Und wenn in Vietnam der US-Einsatz unter demokratischen Zielstellungen äußerst umstritten war, so kämpften die Alliierten in Afghanistan für eine gute Sache.
Ausgerechnet Hoffnungsträger Joe Biden muss sich diese Niederlage anrechnen lassen. Sein Vorgänger Donald Trump hat zwar den zweifelhaften Deal mit den Taliban eingefädelt. Aber Biden hätte die Chance gehabt, den Einsatz angemessen zurückzufahren und sich nicht aus dem Land zu schleichen. Die naive Idee, zum 20. Jahrestag der Anschläge vom 11. September das Kapitel Afghanistan würdig abzuschließen, hat sich ins Gegenteil verwandelt. Die Opfer im Kampf gegen den Terror waren zumindest in Teilen umsonst.
Dass nun auch die mit den Taliban rivalisierende Terrorgruppe IS Chaos verbreitet und mit ihren Anschlägen mehr US-Soldaten und Zivilisten in den Tod reißt, ist gewissermaßen der Schlusspunkt des verheerenden Abzugs. Die Autorität der USA in diesem Teil der Erde ist deutlich angeschlagen. Zweifelhafte Regimes wie Iran, China und Russland sind gestärkt. Die Optionen für Biden in der Außenpolitik werden trotz der Stärke des US-Militärs geringer. Der Fall von Kabul wird die Amtszeit Bidens überschatten. Der Schwung des guten Starts und die Wucht der wirkungsvollen Wirtschaftspolitik sind erst einmal verflogen. Da helfen auch seine markigen Worte in Richtung der Terroristen nur wenig. Die USA müssen ihre Reputation wieder aufbauen, die Zusammenarbeit mit den Verbündeten intensivieren und viel in gute Beziehungen zu den kooperativen Teilen der Weltgemeinschaft investieren. Dann kann der Westen diese Niederlage vielleicht wieder wettmachen.
BERICHT JOE BIDENS BITTERSTE STUNDE, POLITIK