Viele Neuerungen in der Höhle der Löwen
Die Sendung erreichte zwischenzeitlich Kult-Status. Doch wie lässt sich an diesen Erfolg anknüpfen? Bei Vox setzt man auf Bewährtes.
DÜSSELDORF Nie zuvor hatten Gründer solch eine Summe in „Die Höhle der Löwen“verlangt: 1,5 Millionen Euro wollten die Gründer von Evopark für Anteile an ihrem Startup zur Digitalisierung von Parkhäusern. Allein die Summe war 2016 eine Sensation – erst recht, als die Gründer dann auch noch ein entsprechendes Angebot der Investoren Carsten Maschmeyer und Frank Thelen ausschlugen. Und doch gab es nach der Sendung ein Thema, das für noch mehr Wirbel sorgte: die Pullover der vier Gründer.
Sie alle trugen dunkle Hosen, Hemden und unterschiedlich farbige Pullover: rot, grau, blau und grün. Die Moderatorin Sarah Kuttner scherzte damals bei Twitter: „Wie schaffen wir es, wie eine ITBoyband auszusehen?“Und nicht nur sie amüsierte sich. „Selbst Karstadt hatte das noch in der Werbung. Die hatten eine Seite mit Produkten aus ,Die Höhle der Löwen’ und hatten dann noch einen Stapel bunte Pullover da drunter“, erinnert sich Evopark-Gründer Sven Lackinger lachend an den Auftritt 2016: „Ein großer Teil des Presse-Echos kam über die Pullover.“
Seit dem Start 2014 begeistert die Gründer-Show „Die Höhle der Löwen“(DHDL) regelmäßig ein Millionen-Publikum. Das Prinzip ist in all den Jahren gleich geblieben: Gründer präsentieren ihre Idee beziehungsweise ihre Produkte vor einer Gruppe Investoren, den sogenannten Löwen – und diese entscheiden dann, ob sie sich finanziell an den Jungunternehmen beteiligen wollen oder nicht. Doch um die Produkte geht es, wie das Pullover-Beispiel zeigt, nicht allein. Es sind auch die Geschichten der Gründer, die viel Gesprächsstoff bergen.
Ab September startet beim Sender Vox die zehnte Staffel der Sendung, bei der in der Vergangenheit teilweise mehr als drei Millionen Menschen eingeschaltet haben. Doch zuletzt sanken die Einschaltquoten laut dem Portal „Quotenmeter“wieder. Bei der neunten Staffel, die im Frühjahr ausgestrahlt wurde, lag der Zuschauerschnitt nur noch bei 2,1 Millionen. Und da stellt sich natürlich die Frage: Hat die Sendung ihren Zenit überschritten?
Nein, meint Medienmanager Georg Kofler: „Für einen Programmchef ist es ein unglaubliches Glück, ein Format wie DHDL zu haben.“Kofler ist befangen, immerhin tritt er als Investor selbst in der Sendung auf. Umgekehrt kennt er das Fernsehgeschäft wie kaum ein Zweiter, immerhin leitete er in der Vergangenheit bereits unter anderem den Fernsehsender Prosieben und den damaligen Bezahlsender Premiere. Der Sender setzt auf kleinere Neuerungen, um das Format frisch zu halten. So werden neben den bisherigen Löwen Judith Williams, Carsten Maschmeyer, Ralf Dümmel, Georg Kofler, Nico Rosberg, Dagmar Wöhrl und Nils Glagau zum ersten Mal in der Geschichte der Sendung mit Anne und Stefan Lemcke auch Gast-Löwen teilnehmen. Die beiden Gründer sind 2016 selbst in der Sendung aufgetreten und haben nach Investoren für ihre Gewürzmanufaktur „Ankerkraut“gesucht. Damals investierte Ex-Löwe Frank Thelen. Aus dem kleinen Start-up wurde ein Millionen-Unternehmen, das die Gründer inzwischen erfolgreich verkauft haben. Nun wollen sie in der Sendung, die bereits eine ganze Reihe von Erfolgsgeschichten hervorgebracht hat, selbst in andere Start-ups investieren.
Doch nicht jeder Auftritt brachte den Durchbruch. Das erste Start-up, das in der ersten Staffel 2014 sein Produkt vorstellen durfte, war Crispy Wallet. Die beiden Gründer wollten Portemonnaies und Handyhüllen
aus Recyclingmaterial herstellen und konnten in der Sendung sogar zwei Investoren überzeugen. Doch der große Erfolg blieb aus. Zwischenzeitlich musste das Unternehmen sogar Insolvenz anmelden.
Der Gründer Marvin Kruse versuchte es sogar gleich drei Mal in der Sendung – Rekord. 2015 hatte Kruse einen Online-Shop für Tierzubehör vorgestellt, später wollte er die Löwen dann mit einer Bratwurst überzeugen. Weil kein Investor anbiss, probierte er es 2019 zum dritten Mal – und präsentierte die Idee einer Bratwurst-Restaurantkette namens „Brad Brat“. Doch auch dieser Versuch scheiterte an der Skepsis
der Löwen. Alle drei Auftritte endeten mit einer Absage.
Dennoch: Nach Senderangaben investierten die Löwen in den bisherigen Staffeln mehr als 50 Millionen Euro. Bei den mehr als 500 Auftritten bekam bislang im Schnitt etwa jedes zweite Unternehmen ein Investment. Georg Kofler sagt, die vielen Präsentationen in der Sendung hätten ihn noch neugieriger gemacht: „Es beflügelt, wenn man viel mit jungen Menschen und ihren Ideen in Kontakt kommt“, sagt der Investor, der seit 2017 als Löwe in der Sendung dabei ist. Anfangs vertrat er die während der Dreharbeiten erkrankte Judith Williams. Später stieg er dann komplett ein. „Ich muss das Gefühl haben, dass die Gründer die intellektuellen und sozialen Fähigkeiten haben, ein Unternehmen aufzubauen, damit ein Investment für mich interessant wird“, beschreibt Kofler sein Vorgehen während der Show.
Mit der Start-up-Szene in NRW beschäftigt sich auch der RP-Podcast „Gründerzeit“.