Bei den Spielverderbern
Zweimal hat Union Berlin Mönchengladbach eine Europa-Reise vermiest, jetzt geht es für Borussia darum, nicht früh an Boden zu verlieren.
MÖNCHENGLADBACH Ausgerechnet Max Kruse war es, der Borussia Mönchengladbach empfindlich traf in den letzten Sekunde der vergangenen Saison. Der frühere Angestellte des niederrheinischen Bundesligisten erzielte in der zweiten Minute der Nachspielzeit am letzten Spieltag das 2:1 für den 1. FC Union Berlin gegen RB Leipzig und beförderte damit Borussia auf Rang acht, also weg von den Europa-Plätzen. Stattdessen zog Union selbst in die Play-offs zur neuen Conference League ein. Da setzten sich die Fußballer aus Köpenick gegen Kuopion PS aus Finnland durch und stehen nun in der Gruppenphase.
Es war das zweite Mal, dass Union Spielverderber war und auf Kosten der Gladbacher eine Europa-Tour buchte. 2001 besiegten die „Eisernen“Gladbach im Elfmeterschießen des Pokal-Halbfinales und zogen als unterlegener Pokalfinalist in den Uefa-Cup ein. Damals wie heute schmerzte das die Borussen extrem. Europa, egal in welcher Version, tut dem Verein gut, sportlich, finanziell und imagemäßig, das hat Präsident Rolf Königs zuletzt im Gespräch mit unserer Reaktion noch mal klargestellt. Weswegen die Ansage für diese Saison ist: zurück nach Europa.
Jetzt kann Union mit einem Sieg am Sonntag (15.30 Uhr/Dazn) den Gladbachern, die nach zwei Spielen nur einen Punkt haben und 16. sind, erneut Ungemach zufügen und das
Thema Europa zunächst mal in den Hintergrund rücken lassen. Es wäre für den neuen Trainer Adi Hütter die zweite Niederlage in Folge gegen einen der Klubs, die vergangene Saison vor Gladbach einliefen. Nach dem starken 1:1 gegen die Bayern gab es das 0:4 in Leverkusen, bei dem die Borussen fast alles vermissen ließen, was sie zuvor gut gemacht hatten.
Nun geht es zur Alten Försterei in Köpenick, wo es bisher noch keinen Borussia-Sieg gab. Indes besteht die
Fallzahl aus nur drei Spielen, von denen eines das Pokal-Halbfinale vor 20 Jahren war. Darüber hinaus gab es eine 0:2-Niederlage und ein 1:1-Unentschieden. Borussia will die Reihe sinnvoll fortzusetzen, das wäre mit einem Sieg. Vor allem, um nicht gleich an Boden zu verlieren und möglicherweise Saisonziele zu frühzeitig zu gefährden. „Wir wissen schon, wie die Situation aussieht. Wir wissen, dass uns ein Sieg gut zu Gesicht stehen würde. So unangenehm Union auch sein mag, wir fahren schon mit dem Selbstverständnis dahin, die drei Punkte mitzunehmen“, sagte Nationalspieler Florian Neuhaus entsprechend in einem vereinseigenen Podcast.
„Unangenehm“ist das Stichwort. Dieser Wesenszug ist bei den „Eisernen“in der DNA hinterlegt, in Gladbach muss er regelrecht antrainiert werden, steht Borussia doch eher für edlen und schönen Fußball jenseits ausufernder Körperlichkeit. ExTrainer Marco Rose hat damit angefangen, Hütter soll es ausbauen, zugleich aber mit dem eigentlichen Wesen des Gladbacher Spiels homogener vereinen als sein Vorgänger. Den Bayern haben die Borussen auf den Füßen gestanden, aber sie haben ihnen zugleich spielerisch Paroli geboten. So könnte es auch im engen Köpenicker Stadion etwas werden.
Hütter hatte 2018 in Frankfurt bei der Eintracht ebenfalls einen schwierigen Start, es gab eine derbe Niederlage im Supercup gegen die Bayern, das Pokal-Aus in Ulm und Platz 15 nach fünf Spielen. Aber: Sein Team arbeitete sich noch nach Europa. Weswegen er weiß: Nach drei Spielen ist nichts verloren. Doch er weiß eben auch, wie wichtig Erfolg ist, wenn ein neuer Trainer dabei ist, seine Philosophie zu etablieren. Gewinnen macht glaubhaft.
Nach dem Schockerlebnis von Leverkusen, das „gewürzt“wurde durch die schweren Verletzungen von Stefan Lainer (Knöchelbruch) und Marcus Thuram (Innenbandriss) und der Covid-19-Diagnose bei Abwehrchef Matthias Ginter wenige Tage danach, soll nun das Spiel in Köpenick ein Initialspiel sein für das Borussia-Projekt Hütters. Danach geht es in die Länderspielpause, und er kann mit den Seinen konzentriert arbeiten, zumal ab Dienstagabend, wenn das Transferfenster schließt, der finale Kader feststeht. Da beginnt quasi die echte Zeitrechnung für Hütter. Eine maximal ertragreiche Dienstreise nach Berlin wäre dafür eine gute Grundlage.