Algerier verzeiht Radfunktionär Moster
Nach dem Rassismus-Eklat bei den Olympischen Spielen sprechen sich die beiden Beteiligten am Rande der Deutschland-Tour aus. Die zweite Etappe gewinnt derweil der Norweger Alexander Kristoff in Ilmenau im Sprint.
SANGERHAUSEN (dpa) Nach dem Rassismus-Skandal bei den Olympischen Spielen in Tokio haben sich der deutsche Rad-Funktionär Patrick Moster und der von ihm verunglimpfte algerische Fahrer Azzedine Lagab im Rahmen der Deutschland Tour ausgesprochen.
„Ich kannte Patrick Moster nicht, ich habe ihn durch diese Geschichte erst kennengelernt. Als er erfahren hat, dass ich in Deutschland bin, hatte er darauf bestanden, mich privat zu treffen – ohne Presse und ohne, dass es jemand wusste“, sagte der 34 Jahre alte Lagab vor dem Start der zweiten Etappe in Sangerhausen der ARD und ergänzte: „Ich habe zugestimmt, ihn zu sehen und habe einen ganz anderen Eindruck von ihm bekommen, dass er kein Rassist ist und die Sache ein Irrtum seinerseits war. Für uns und unsere Religion ist es wichtig, sich zu entschuldigen. Ich habe ihm verziehen.“
Moster, Sportdirektor vom Bund Deutscher Radfahrer (BDR), hatte bei den Spielen in Tokio den Kölner Nikias Arndt an der Strecke mit den Worten „hol die Kameltreiber, hol die Kameltreiber, komm“angefeuert, die vor ihm fahrenden Lagab und Amanuel Ghebreigzabhier aus
Eritrea noch einzuholen. Die Rufe waren vom Fernsehen eingefangen und live übertragen worden. Danach musste Moster aus Tokio abreisen und wurde vom Weltverband UCI bis Ende des Jahres gesperrt.
Lagab wurde kurz vor der viertägigen Deutschland Tour vom saarländischen Continental-Team Bike Aid verpflichtet, das damit ein Zeichen gegen Rassismus setzen wollte. „Es ist eine große Ehre für mich hier zu sein, mein Land zu repräsentieren und auch Azzedine Lagab bekannt zu machen, der leider bisher unbekannt war und erst durch das, was in Tokio passiert ist, berühmt wurde“, sagte Lagab.
In sportlicher Hinsicht waren es am Freitag nur wenige Zentimeter, die Phil Bauhaus zum ersehnten Coup vor heimischem Publikum fehlten. Nach 180,6 Kilometern von Sangerhausen nach Ilmenau musste sich der 27 Jahre alte Radprofi aus Bocholt auf der zweiten Etappe der Deutschland-Tour nur hauchdünn dem norwegischen Routinier Alexander Kristoff geschlagen geben, der seine Rennmaschine einen Wimpernschlag früher über den Zielstrich drückte und Bauhaus sowie
Vortagessieger Pascal Ackermann das Nachsehen gab.
„Heute kann ich nicht so böse sein. Es war ein schweres Rennen, eine schwere Runde. Ich habe gute Beine, aber die letzten 100 Meter bin ich komplett eingegangen. Wir haben ein starkes Rennen gefahren, aber am Ende war nicht mehr drin“, bilanzierte Bauhaus. Bereits am Vortag hatte sich der 27-Jährige bei der Auftaktetappe hinter Ackermann mit Platz zwei zufrieden geben müssen. Dieser verteidigte immerhin das Rote Trikot des Gesamtführenden.
Bestimmt wurde das zum größten Teil verregnete und von Wind begleitete Teilstück von SachsenAnhalt nach Thüringen von einer fünfköpfigen Ausreißergruppe, die sich nach rund 45 Kilometern gebildet hatte. Doch auch die Erfahrung des zukünftigen UAE-Teamkollegen von Ackermann konnte nicht verhindern, dass es sieben Kilometer vor dem Ziel zum Zusammenschluss kam. So kam es letztlich zum Sprint eine rund 30-köpfigen Spitzengruppe in der Goethe- und Universitätsstadt am Rande des Thüringer Waldes – mit dem besseren Ende für den viermaligen Tour-deFrance-Etappensieger Kristoff.
Beendet ist das Rennen nach einem Sturz auf einer Kopfsteinpflasterpassage indes für Rick Zabel, Teamkollege von Sprint-Routinier André Greipel und dem vierfachen Tour-Sieger Chris Froome.
Diskussionen hatte die Etappe im Vorfeld der Rundfahrt erzeugt, da sie ursprünglich nahe der Gedenkstätte Buchenwald über die von KZ-Häftlingen gebaute „Blutstraße“führen sollte – sogar eine Bergwertung war hier geplant. Nach öffentlicher Kritik wurde die Streckenführung jedoch geändert.