Rachel Salamander nimmt den Heine-Preis entgegen
DÜSSELDORF Die Heine-Preisträgerin ist schon da, ihr Laudator wird erst am Sonntag nach Düsseldorf kommen. Dann wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schauspielhaus die Lobrede auf Rachel Salamander halten, die Literaturwissenschaftlerin und Publizistin. Als solche hat sie nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich am Wiederaufbau des jüdischen intellektuellen Lebens in Deutschland mitgewirkt. Ihre 1982 in München eröffnete Buchhandlung für Literatur zum Judentum mit ihren mittlerweile sechs Dependancen in anderen Städten trug Salamander hohes Ansehen und Dankbarkeit ein.
Oberbürgermeister Stephan Keller hieß die Trägerin des Heine-Preises 2020 im Heine-Institut der Landeshauptstadt willkommen und nahm vermutlich schon ein wenig an Lob vorweg, was der Bundespräsident am Sonntag formulieren wird. Salamander ihrerseits würdigte den Namensgeber des Preises: „Heine hat auf seine Zeit geantwortet, mit sehr viel Mut und nicht selten zu seinem eigenen Schaden.“
Und sie zitierte ihn: „Aus meinen großen Schmerzen mach ich die kleinen Lieder.“
Sodann richtete sie den Fokus auf sich, eine Jüdin, deren aus Polen stammende Eltern nach dem Krieg in Bayern als Überlebende des Holocaust Obdach gefunden hatten. So kam sie 1949 in Deutschland zur Welt, ohne deutsch zu sein. „Ich wuchs auf dem Boden der Peiniger meiner Eltern auf“, sagte sie, „die ostjüdische Welt meiner Eltern war unwiederbringlich zerstört“. Salamander mischte sich ins deutsche Leben ein, machte Autoren jüdischer Herkunft hierzulande bekannt: Ruth Klüger zum Beispiel, Jurek Becker und Hans Mayer. Heute stellt sie fest: „Das Judentum ist in Bewegung, und wir mit ihm.“
Als die Preisträgerin zum Schluss gefragt wurde, ob sie Juden in Deutschland kenne, die, wie man zuweilen hört, aus Angst vor antisemitischen Anschlägen auf gepackten Koffern sitzen, drehte sie die Frage um: Die deutsche Gesellschaft solle solche Fragen für sich selbst beantworten: „Nichtjuden wissen sehr viel besser darüber Bescheid als diejenigen, die bedroht werden.“