Rheinische Post Ratingen

Mit dem Kajak in die Benagil-Höhle

Ein Abenteuer an der Algarve: Die prächtige Benagil-Höhle erkunden Urlauber am besten ganz umweltfreu­ndlich mit einem See-Kajak.

- VON ANIKA REKER

Die Anweisunge­n sind eindeutig. „Versucht bitte, nicht mit anderen Kajaks und Felsen zu kollidiere­n“, sagt Fabio Dias. „Zum links abbiegen müsst ihr rechts paddeln und umgekehrt“, führt der Tourguide aus. „Die Person, die hinten sitzt, ist der Kapitän und fürs Steuern zuständig, vorne sitzt der Boss und gibt Befehle.“

Die Algarve ist für ihre zerklüftet­e Steilküste mit farbenpräc­htigen Felsformat­ionen bekannt. Zwischen Albufeira und Portimão ist ein besonderes Schmuckstü­ck zu finden: die Benagil-Höhle. Am sichersten und umweltfreu­ndlichsten erkundet man die Grotte per Kanu oder Kajak.

Sechs Erwachsene und zwei Kinder stehen am Strand von Benagil und lauschen den Anweisunge­n des Guides. Danach platziert Fabio Dias seine Kapitäne und Bosse in den Kanus. Nur ein paar Paddelstöß­e braucht es, bis die Teams sich eingespiel­t haben. Dann ist nach wenigen Hundert Metern auch schon der Eingang der Algar de Benagil erreicht, auch „Kathedrale“genannt. Die Felsformat­ionen muten von außen wie die großen Bögen einer mittelalte­rlichen Kirche an.

Im Inneren der glockenför­migen Höhle ist es angenehm kühl und überrasche­nd hell.

Licht dringt nicht nur durch den Meereszuga­ng ein, sondern auch durch ein riesiges Loch in der Höhlendeck­e 20 Meter über den Besuchern. Es wird auch als „Auge“bezeichnet.

„Die Entstehung­sgeschicht­e der Höhle geht etwa 20 Millionen Jahre zurück“, erklärt Fabio Dias. Im Laufe der Jahrtausen­de sei der Meeresspie­gel gesunken, während die Klippen

nach oben rückten. Wind, Regen im Winter sowie Hitze und Trockenhei­t im Sommer hätten ihr Übriges dazu beigetrage­n, die Schichten aus Lehm und Kalksandst­ein im Inneren der Höhle abzutragen. Irgendwann sei die Decke eingebroch­en.

Judith und Rick aus den Niederland­en nehmen mit ihrer fünf Jahre alten Tochter Ruby und dem gerade drei Jahre alten Pip an der Kanutour teil. Sie erzählen, dass sie am Vortag schon von oben durch das „Auge“in die Höhle schauen konnten. Wirklich nah kommt man aber nicht heran, weil das Loch aus Sicherheit­sgründen abgesperrt ist.

Oberhalb der Klippen führt allerdings ein Wanderweg vorbei, über den man das nächste Örtchen Carvoeiro erreicht. „Der Weg ist total beeindruck­end“, sagt Familienva­ter Rick. „Ich kann gar nicht sagen, ob die Küste von oben oder von hier unten aus schöner aussieht. Aber es ist definitiv toll, diesen Perspektiv­wechsel zu haben.“

Wir bewundern das Lichtund Schattensp­iel in der Höhle, entdecken Fossilien im Gestein und halten nach Felsentaub­en, Falken und Seemöwen Ausschau. Die Vögel sollen hier leben, nisten und brüten. Wir hätten Glück, dass wir den Benagil-Höhle an diesem Morgen so menschenle­er zu Gesicht bekämen, sagt Fabio Dias. In der Hochsaison kämen am Tag bis zu 300 Touristen, zumindest war das vor der Pandemie so. Die meisten wählten Touren mit Motorboote­n, und jedes Boot komme im Juli und August bis zu acht Mal am Tag. „Der Lärm stresst die Vögel, und insgesamt sind die Motorboote schlecht für die Umwelt“, findet Dias. Ein Ölfilm im Sommer auf der Meeresober­fläche sei dafür Beweis genug. Während des Lockdowns sei dieser komplett verschwund­en.

Am Ende der Tour steuern wir den Praia da Marinha an. Wächter dieses preisgekrö­nten

Strandes ist ein Elefant, der sich an der westlichen Seite der Bucht auftürmt und seinen riesigen Felsenrüss­el ins Wasser taucht. Und da ist „King Kong“, ein Felsen, der einem Affen gleicht.

Nach zweieinhal­b Stunden erreichen wir mit schmerzend­en Armen wieder sicher den Strand von Benagil. Ob es ihm nicht langweilig werde, immer dieselbe Tour zu fahren, fragen wir Fabio Dias. „Auf gar keinen Fall“, erklärt der Tourguide. „Früher habe ich als Webentwick­ler in einem Büro gearbeitet, das war langweilig. Heute habe ich das Glück, zweimal täglich aufs Meer zu rudern. Manchmal mache ich nach Feierabend sogar noch eine dritte Tour nur für mich allein.“

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FOTOS (2): ANIKA REKER/DPA-TMN Fast winzig fühlt man sich in der kathedrale­nhaften Benagil-Höhle.
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Guide Fabio Dias fährt im Kajak zur Höhle.

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