Warum es manchmal gut ist, wenn Plan A scheitert
Auf einen Besuch an Grönlands Universität hat sich unsere Autorin seit Monaten gefreut. Nun musste er verschoben werden. Ein Appell für das Scheitern und Wege zu neuen Glückserlebnissen.
Schade! Kein Sommer-Projekt an Grönlands Uni. Kurz vor der Abreise streicht die Airline alle Rückflüge. Null Chance auf pünktliche Heimkehr. „Plan A beenden“, fordert der Verstand, „Schluss“fordert der Bauch: Misserfolg stresst bei Verlangen nach Anerkennung; Fehlschläge führen uns zu dem Menschen, der wir sind. Händel scheiterte mit der Oper „Deidamia“in London, dafür entstand in Irland binnen 24 Tagen „Der Messias“.
Der geisterte mir durch den Kopf, als ich die Serpentinen hinab ins Basislager ging. Eisflanken bildeten den Kontrast zu meiner grenzenlosen Enttäuschung. Ein Jahr Training steckte in Plan A, dem Sechstausender. Um Mitternacht der lang ersehnte Gipfelanstieg, kurz drauf: Umkehr wegen Höhenkrankheit. Im Zelt der Begleitmannschaft ging‘s fröhlich zu: „Sing a German song“, baten die Nepalesen. Warum mir ausgerechnet auf 5500 Metern „Wir lagen vor
Madagaskar“einfiel, weiß ich bis heute nicht. Mit Blick auf die erhabenen Berge vor dem Zelt ahnte ich jedoch, dass Pläne dem Glück, das wir suchen, im Wege stehen. Bin seitdem nie mehr auf die hohen Berge gestiegen.
Plan A, Antrittsrede an der Universität von Teheran, ausgefallen – stattdessen fand ich – schwarz verhüllt – das Glück im Teheraner Fußballstadion: Die iranische Nationalmannschaft spielte damals gegen die deutsche Elf von Jürgen Klinsmann.
Zwei Aluminiumkisten gehörten zu Plan A „Forschungssemester Nahost–Nordafrika“. Gefüllt mit Landrover-Ersatzteilen von A wie Abschleppseil bis Z wie Zahnriemen. In Aleppo, viele Monate und Kilometer vor der Rückkehr, schossen Kinder einen Ball durch die Beifahrerscheibe. Nichts Brauchbares in den Kisten. Feiertag. Ein Knirps zeigte uns die Straße, auf der zwischen alten Reifen und Öldosen Aleppos Autoexperten hockten. Die schälten für zwei Euro die heile Scheibe aus der Fahrertür, schnitten sie aus Plastik nach und bauten das wackelige Wunderwerk so ein, dass es dem deutschen Kontroll-Tüv nie auffiel. Tee und arabische Geschichten verzauberten derweil die ölige Wüste.
Jedem von uns widerfahren einzigartige Geschichten des Scheiterns. „Keinesfalls Plan B in der Tasche haben!“, mahnt daher der Grenzgänger Reinhold Messner: Erst um Neues kümmern, wenn Plan A nicht funktioniert. Ansonsten steckt Energie in zwei Projekten. Ein fertiger Plan B ist leidenschaftslos – Flucht vor dem Ich. Auch das Smartphone taugt nicht: Der rote Faden im Kopf liefert bessere Ideen als das Netz.
Plan Arktis gescheitert. Dagegen Aufbruch in ein packendes Wintersemester: Digitalisierung für Klimaschutz – auch hier bei uns ein brennendes Thema. Und in
326 Tagen geht’s nach Grönland. Schön!