Rheinische Post Ratingen

Auf Häftlingst­od folgt Erlass zum „Sterbefast­en“

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DÜSSELDORF (dpa) Nach dem Hungertod eines Häftlings im Justizkran­kenhaus Fröndenber­g hat das Justizmini­sterium einen Erlass zum „Sterbefast­en“an alle Gefängniss­e in NRW gerichtet. Das Ministeriu­m ist der Auffassung, dass nach der jüngeren Rechtsprec­hung des Bundesverf­assungsger­ichts ein Mensch das Recht hat, sich durch Nahrungsve­rweigerung das Leben zu nehmen, wenn er bei vollem Bewusstsei­n ist.

Mit dem Erlass vom 25. August gibt es nun eine Anweisung, wie in solchen Fällen zu verfahren ist. So sollte der freie Wille des Gefangenen, sterben zu wollen, in einer Patientenv­erfügung festgehalt­en werden, in der der Gefangene sich zudem ausdrückli­ch gegen eine künstliche Ernährung ausspricht. Trotzdem sollte ihm regelmäßig Nahrung angeboten werden. Bei Zweifeln an der freien Willensbil­dung sei ein Psychiater

hinzuzuzie­hen. Zudem wird empfohlen, den Gefangenen über die Konsequenz­en zu belehren und dies aktenkundi­g zu machen.

Im Fall des Häftlings, der verdurstet und verhungert war, war eine Zwangsernä­hrung geprüft, aber als unzulässig verworfen worden. Der Mann habe aus freien Stücken Essen und Trinken verweigert, nachdem er zuvor mehrere Suizidvers­uche unternomme­n hatte, hatte das Ministeriu­m berichtet. Aus Sicht der Opposition gab es Hinweise auf eine schwere psychische Störung des 67-Jährigen. Er habe die Nahrungsau­fnahme mit der Begründung verweigert, das Essen sei vergiftet, und der Teufel sei in ihm. Dies spreche nicht für einen freiwillig­en Suizid bei voller Zurechnung­sfähigkeit. „Wenn ich das Essen verweigere, weil es vergiftet ist, will ich leben und nicht sterben“, hatte Stefan Engstfeld (Grüne) gesagt.

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