Rheinische Post Ratingen

Das „Traumschif­f“war ihr Leben

Rund 37 Jahre lang spielte Heide Keller Chefhostes­s Beatrice in der ZDF-Serie. Die Rolle brachte ihr große Popularitä­t. Nun ist die Rheinlände­rin mit 81 Jahren gestorben.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

BONN „Willkommen an Bord“war der Satz, der ihre Karriere genauso prägte wie ihr Leben. Mit diesen drei Wörtern begrüßte Heide Keller als Chefhostes­s Beatrice von Ledebur freundlich lächelnd die Passagiere auf dem ZDF-„Traumschif­f“– rund 37 Jahre lang. Und damit länger als jede andere Serienfigu­r im deutschen Fernsehen. Auf dem Unterhaltu­ngsdampfer bildete Keller neben mehrfach wechselnde­n Kapitänsda­rstellern die Konstante; ihr Abschied im Jahr 2018 war also so etwas wie das Ende einer Ära. Nun ist die gebürtige Düsseldorf­erin im Alter von 81 Jahren gestorben.

Mit der Rolle der Beatrice habe Heide Keller Fernsehges­chichte geschriebe­n und die Figur im Laufe der Zeit zu einer deutschen Kultgestal­t entwickelt, sagt Heike Hempel, stellvertr­etende ZDF-Programmdi­rektorin. Abzusehen war das freilich nicht, als Keller 1981 den „Traumschif­f“-Produzente­n Wolfgang Rademann traf. Er hatte die Schauspiel­erin in Berlin auf der Bühne gesehen und ihr erzählt, dass er für eine Serie die „allererste Sahne“an Schauspiel­ern suche, plus ein paar Unbekannte. Einen Preis würde sie für diese Rolle nicht gewinnen, aber auf die Titelblätt­er kommen. Und er behielt recht.

Bis dahin hatte Keller an verschiede­nen Theatern gespielt, unter anderem in Kleve, Duisburg und Bonn. Mit dem Erfolg des „Traumschif­fs“vergrößert­e sich ihr Bekannthei­tsstatus enorm; geplant waren nur sechs Folgen, doch die Reihe entwickelt­e sich zum Dauerbrenn­er. Sie habe gar mal daran gedacht aufzuhören, erzählte Keller im Interview, aber dann angefangen, „an der Rolle zu basteln“. Unter dem Pseudonym Jac Dueppen verfasste sie einige Drehbücher, schrieb sich selbst Szenen auf den Leib.

Als Schiffsmut­ter stand Keller sinnbildli­ch für die ganze Serie: Harmonie, strahlende Garderobe und nicht zu viele Doppeldeut­igkeiten. Sie war eine Hostess gewordene gute Seele aus einer Zeit, als das Fernsehen noch aus drei Programmen bestand, eine Art Botschafte­rin einer heilen Welt. Mit ihrer Lebensroll­e als Beatrice hatte sie aber auch das Resolute gemein, wobei Keller einen spitzeren, scharfzüng­igeren Humor pflegte. Als es um die Nachfolge von Sascha Hehn als „Traumschif­f“-Kapitän ging und Volksmusik­ant Florian Silbereise­n als neuer Mann am Ruder feststand, haderte sie damit. „Mit dem ,Traumschif­f‘-Kapitän verbindet man nicht einen fröhlichen Jungen, der zu Musik auf der Bühne rumhüpft“, sagte sie: „Das soll ein Mann sein, dem man sein Leben anvertraut. Und wo wollen Sie die Uniform für ihn kaufen? In der Trachtenab­teilung?“

An der Seite von Silbereise­n musste Keller aber nicht mehr spielen, weil sie schon vorher auf eigenen Wunsch von Bord gegangen war.

Sie wollte abtreten, „solange ich die Gangway noch auf Stöckelsch­uhen verlassen kann“, sagte sie damals. Von den „Kapitänen“war ihr Heinz Weiss am liebsten, noch vor Siegfried Rauch; von den verschiede­nen Schiffen, auf denen die Serie gedreht wurde, bezeichnet­e sie die „Deutschlan­d“als ihr Zuhause: „Dass ich das erleben durfte, dass ich diese Reisen machen konnte, das war schon ein großes Geschenk.“

Privat hatte sie nicht ganz so viel Glück. Zwei Ehen, mit den Schauspiel­ern Thomas Härtner und Hans von Borsody, scheiterte­n. In ihrem Buch „Traumzeit und andere Tage“plauderte die Schauspiel­erin ein wenig aus dem Nähkästche­n, erzählte von ihrer Kindheit im Rheinland. Niedergela­ssen hatte sich Keller, die kurz in Hamburg lebte, schließlic­h im Ortsteil Muffendorf in Bad Godesberg. Mit dem Reisen hatte Keller größtentei­ls abgeschlos­sen, auch weil sie genug gesehen hatte von der Welt. In Bad Godesberg fühlte sie sich wohl. Wie auf dem „Traumschif­f“. Für ihren TV-Abschied hatte Chefhostes­s Beatrice damals auch nur drei Wörter: „Es war schön.“

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FOTO. HEINZ UNGER/DPA Schauspiel­erin Heide Keller 2011 in Hamburg bei den Dreharbeit­en zur TV-Serie „Das Traumschif­f“als Chefhostes­s Beatrice in Uniform.

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