Auch das Handwerk fordert die 2G-Regel
Armin Laschet lehnt es ab, Veranstaltungen nur für Geimpfte und Genesene zuzulassen. Die Firmen sind gespalten: Während die Gastrobranche auch Getestete zulassen will, warnt das Handwerk, mehr Strenge könne unvermeidlich sein.
DÜSSELDORF In Hamburg hat eine neue Phase im Pandemie-Alltag begonnen: Restaurants, Kneipen, Theater und Kinos dürfen entscheiden, nur für Geimpfte und Genesene (2G) zu öffnen. Im Gegenzug entfallen Beschränkungen bei Abständen, Sitzplätzen und den Öffnungszeiten sowie das Tanzverbot. Gleich zum Start nutzten über 150 Veranstalter die Möglichkeit und registrierten sich auf der Hamburger Anmeldeplattform. Auch das Handwerk in Nordrhein-Westfalen kann sich ein 2G-Modell vorstellen.
„Grundsätzlich halte ich die 3GRegel für den richtigen Weg. Sollte sich das Infektionsgeschehen aber weiter so dynamisch entwickeln, ist ein Umstieg auf 2G ab einem gewissen Punkt zum Schutz von Kunden und Beschäftigten sinnvoll und erforderlich“, sagte Andreas Ehlert, Präsident von Handwerk NRW und Chef der Handwerkskammer Düsseldorf, unserer Redaktion: „Wer die Impfung ohne medizinischen Grund ablehnt, gefährdet sich und andere und muss daher mit Einschränkungen rechnen.“Ehlert mahnte eindringlich: „Die vierte Welle wird vor allem Kinder und Jugendliche treffen. Für Geimpfte und Genesene darf es auf keinen Fall einen erneuten Lockdown geben.“
Damit greift der Handwerkspräsident genau die Punkte auf, um die es beim 2G-Modell geht: Auf der einen Seite sollen angesichts steigender Infektionszahlen Wege gefunden werden, um Veranstaltungen und die Produktion zu ermöglichen. Auf der anderen Seite soll der Druck auf Ungeimpfte erhöht werden, damit sie sich und andere endlich schützen – weil sonst im Winter womöglich ein dritter Lockdown droht.
Doch die Wirtschaft ist gespalten: Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) NRW lehnt eine Verpflichtung zur 2G-Regel ab. Auch Ministerpräsident Armin Laschet hat sich festgelegt: Das Modell sei für Nordrhein-Westfalen „kein Thema“, sagte der CDU-Chef und Kanzlerkandidat erst unlängst beim TV-Triell.
In Hamburg sind Teile der Gastronomie aber für die 2G-Regel. „Die einen begrüßen das und betrachten das als Chance“, sagte Ulrike von Albedyll, Landesgeschäftsführerin des Dehoga Hamburg. Der andere Teil der Branche kritisiert, dass damit auf dem Rücken der Betriebe eine indirekte Impfpflicht eingeführt werde. Für Clubs und Discos sei die 2G-Regel eine Chance, überhaupt wieder normal arbeiten zu können. In NRW etwa darf es Tanz gegenwärtig nur bei Vorlage eines (teuren) PCR-Tests geben.
Auch in anderen Branchen hat das 2G-Modell Anhänger. Der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft nennt das Hamburger Modell eine Blaupause für alle anderen Bundesländer. Auch in der Industrie gibt es Befürworter. „In der Wirtschaft gibt es zur Frage der Einführung einer 2G-Regel verschiedene Ansichten. Die sind jeweils aus der Lage der Betroffenen nachvollziehbar“, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. Er verwies aber auf das Problem, dass die Arbeitgeber sich nicht nach dem Impfstatus ihrer Mitarbeiter erkundigen dürfen. Bedingung für das Öffnen mit 2G-Regel ist nämlich, dass die Belegschaft vollständig geimpft ist.
Bevor man über die Frage der 2G-Regel entscheide, müsse „endlich klargestellt werden, dass der Arbeitgeber den Impfstatus seiner Beschäftigten erfragen darf“, so Dulger: „Die geplante neue Arbeitsschutzverordnung verbietet es dem Arbeitgeber de facto, den Impfstatus abzufragen. Das ist kontraproduktiv und verhindert die notwendige Klarheit, die die Betriebe jetzt brauchen.“Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will am Mittwoch seine Verordnung durch das Kabinett bringen.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) fordert Transparenz: „Wichtig sind bundesweit einheitliche Regelungen. Das Regelchaos der vergangenen Monate hat für große
Verunsicherung gesorgt, sowohl in den Handelsbetrieben als auch unter Kundinnen und Kunden“, sagte Stephan Tromp, Vizechef des HDE. Zudem müssten die Maßnahmen umsetzbar sein. „Die Kundschaft Tag für Tag auf ihren Impf- oder Genesenenstatus zu prüfen, ist weder eine langfristige Lösung noch praxisnah. Händler können solche Kontrollen nicht dauerhaft neben ihrem Ladenalltag stemmen.“
Ähnlich sieht das Peter Achten, Chef des Handelsverbands NRW: „Für den Handel mit seiner hohen Kundenfrequenz wäre schon die 3GRegel ein Umsatzkiller.“Er betonte aber: „In Bereichen, wo schon kontrolliert werden muss, wie bei Kulturund Freizeitveranstaltungen, können wir uns eine 2G-Regel gut vorstellen. Sie würde gesamtgesellschaftlich einen wertvollen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leisten.“