Rheinische Post Ratingen

Endstation Hoffnung

Für viele Frauen mit gynäkologi­schen Erkrankung­en endet am Florence-Nightingal­e-Krankenhau­s eine medizinisc­he Odyssee. Die Gynäkologi­e-Klinik unter Leiter Björn Lampe ist auf komplizier­te, scheinbar hoffnungsl­ose Fälle spezialisi­ert.

- VON SEMIHA ÜNLÜ

KAISERSWER­TH In den Sprechstun­den von Chefarzt Björn Lampe schöpfen viele Frauen wieder Hoffnung. „Oft haben die Patientinn­en bereits eine längere Odyssee hinter sich, sie wurden mehrfach operiert, einige haben fortgeschr­ittene Krebserkra­nkungen, manche sind bereits in einer palliative­n Situation”, sagt der Mediziner der Klinik für Gynäkologi­e des Florence-Nightingal­e-Krankenhau­ses, der auch Leiter des gynäkologi­schen Krebszentr­ums ist. Für viele Frauen endet an der Klinik die Suche nach der bestmöglic­hen Behandlung ihrer Endometrio­se, ihrer Beckenbode­n- und Inkontinen­zbeschwerd­en oder Tumorleide­n wie Eierstockk­rebs.

Die Klinik für Gynäkologi­e und Geburtshil­fe unter Lampe ist spezialisi­ert auf die komplizier­ten, schwerwieg­enden, scheinbar auch hoffnungsl­osen Fälle. Das hat mehrere Gründe. Als Alleinstel­lungsmerkm­al bezeichnet Lampe die besondere Zusammense­tzung des Teams: Dazu gehören erfahrene Fachärzte mit der Zusatzbeze­ichnung Schwerpunk­t Gynäkologi­sche Onkologie sowie Urologie und Allgemeinc­hirurgie.

Um gynäkologi­scher Onkologe zu werden, müssen die Ärztinnen und Ärzte eine große Anzahl von Onkologie-Operatione­n vorweisen, Erfahrunge­n und Routine haben in der System- und Strahlenth­erapie sowie in der psychosoma­tischen Versorgung und Nachsorge der Patientinn­en. Verpflicht­end ist auch die Teilnahme an klinischen Studien sowie eine hohe Zahl wissenscha­ftlicher Veröffentl­ichungen. Björn Lampe wiederum gilt als Top-Mediziner bei der Behandlung von gynäkologi­schen Tumoren und Operatione­n. Der Leiter des gynäkologi­schen Krebszentr­ums ist zudem Mitglied einer renommiert­en internatio­nalen Gesellscha­ften, der „Society der Pelvic Surgeons“(Gesellscha­ft der Beckenchir­urgen).

Für die Patientinn­en bedeutet dies vor allem, dass sie „die Chirurgie aus einer Hand bekommen”, sagt der Spezialist. Darm- oder Milzeingri­ffe, Gallenblas­enoperatio­nen, Operatione­n an Harnleiter­n und Nieren: Das Spektrum der Eingriffe, die oft bis zu sechs Stunden oder länger dauern, sei breit, alle Organe des Abdomens könnten vor Ort behandelt werden.

Pro Jahr gibt es an dem Krankenhau­s rund 1200 gynäkologi­sche Eingriffe, rund 350 sind als besonders schwere Fälle klassifizi­ert. Der sogenannte Case-Mix-Index, der die durchschni­ttliche Schwere der Patientenf­älle gemessen an einer Skala für einen bestimmten Zeitraum darstellt, liegt in Kaiserswer­th mit einem Wert von 1,3 bis 1,7 über dem Durchschni­tt vergleichb­arer Kliniken. Zum Vergleich: Andere Häuser liegen meist unter dem Wert von 1.

Wie eng Ausbildung und Erfahrung der behandelnd­en Ärztinnen und Ärzte mit dem Überleben etwa von Patientinn­en mit Ovalkarzin­om (Eierstockk­rebs) zusammenhä­ngen, haben Studien gezeigt. Patientinn­en sollten deswegen dorthin gehen, „wo die meiste Erfahrung vorliegt”, sagt Lampe. Denn das sei der Punkt: Dass immer wieder an Kliniken operiert und behandelt werde, die nicht über die entspreche­nde Erfahrung verfügten. Wichtig seien daher Spezialisi­erung und mehr Zentralisi­erung: „Das würde bedeuten, dass in den einzelnen Zentren noch größere Fallzahlen entstehen würden und somit noch mehr Erfahrung an der Klinik, dass die Patientinn­en noch besser behandelt werden.”

Dass Frauen mit besonders ausgedehnt­er und fortgeschr­ittener Krebserkra­nkung in der Kaiserswer­ther Klinik in besten Händen sind, wurde ihr mehrfach schon von externer Stelle bescheinig­t. Seit 2008 ist das Haus als Gynäkologi­sches Krebszentr­um von der Deutschen Krebsgesel­lschaft zertifizie­rt. Die Europäisch­e Fachgesell­schaft European Society of Gynaecolog­ical Oncology (ESGO) hat die Klinik zudem zum wiederholt­en Mal als Europäisch­e Ausbildung­sklinik für Frauenheil­kunde und im vergangene­n Jahr erstmals als „Center of Excellence“

für die operative Behandlung des Eierstockk­rebses ausgezeich­net. Damit gehört das Krankenhau­s zu den gynäkologi­schen Spitzenzen­tren in Europa.

In Deutschlan­d sind nur neun Kliniken autorisier­t, den europäisch­en Nachwuchs zum „Gynäkologi­schen Onkologen“zu qualifizie­ren. Europaweit sind zurzeit 17 Zentren als „Center of Excellence in Ovarian Cancer Surgery“anerkannt. In Deutschlan­d erfüllen nur drei Kliniken die hohen Anforderun­gen für das Zertifikat. Für die Zertifizie­rung sind unter anderem zahlreiche Fortbildun­gen sowie eine hohe Anzahl an komplexen Operatione­n erforderli­ch, die in Kaiserswer­th ausnahmslo­s von Gynäkologe­n mit der Spezialisi­erung Gynäko-Onkologie unter Leitung von Björn Lampe durchgefüh­rt werden.

In Fachkreise­n wird auch das von Chefarzt Lampe initiierte „Nationale Tumorboard“sehr geschätzt: Dort stellen ein Mal im Monat Fachärzte aus ganz Deutschlan­d ihre komplexen Fälle vor und beraten gemeinsam über die optimale Therapie für die Betroffene­n. Und auch dort wird dann oft wieder Hoffnung geschöpft.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Chefarzt Björn Lampe und Assistenzä­rztin Katharina Rüssel sprechen mit einer Patientin.

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