Rheinische Post Ratingen

Neun billige Jahre für Ratingen-Pendler

Das „WeltWirtsc­haftsInsti­tut“hat berechnet, wie viele Jahre sich Immobilien­erwerb im Umland rechnet und ab wann das Pendeln den Kostenvort­eil aufzehrt. Bei einem Arbeitsweg Ratingen-Köln liegt die Grenze bei knapp neun Jahren.

- VON PETER CLEMENT

KREIS METTMANN Viele Städte im Kreis Mettmann gelten allgemein als gute Adressen für Menschen, die zwar in Köln arbeiten, aber lieber außerhalb des Großstadtt­rubels in einer schönen Umgebung wohnen möchten. Aber lohnt sich ein Umzug aus der Domstadt nach Ratingen oder Heiligenha­us auch in finanziell­er Hinsicht? Die Immobilien­preise legen den Schluss nahe. Immerhin kostet der Quadratmet­er in Köln im Schnitt gut 4200 Euro. In den Umlandkrei­sen liegen die Durchschni­ttspreise dagegen mindestens 1500 Euro niedriger. Wer in der Kölner City arbeitet, darf allerdings nicht vergessen, dass beim Umzug in den so genannten Speckgürte­l, zu dem auch der Kreis Mettmann zählt, diverse Pendelkost­en anfallen.

Das Hamburgisc­he „WeltWirtsc­haftsInsti­tut“(HWWI) hat jetzt für die Postbank eine Modellrech­nung entwickelt, mit der sich diese Pendelkost­en beziffern lassen. Im Postbank-Wohnatlas 2021 kann jeder nachlesen, wie viele Jahre sich der Immobilien­erwerb im Umland rechnet und wann der Kostenvort­eil durch die Pendelei aufgezehrt ist. Dabei wurde neben den Kosten für das Ticket im ÖPNV oder für das Auto samt Benzin auch der höhere Zeitaufwan­d einbezogen.

Das Ergebnis ist spannend: Am längsten vom günstigere­n Wohnungska­uf im Kreis Mettmann profitiere­n Pendler aus Langenfeld. Ihr Kaufpreisv­orteil gegenüber Köln ist bei täglicher Fahrt mit dem Auto nach 15 Jahren und vier Monaten aufgezehrt, bei Nutzung von Bus und Bahn sogar erst nach gut 19 Jahren.

Hilden oder Erkrath landen bei der Modellrech­nung im Mittelfeld: Zwischen knapp zehn und elf Jahre können Pendler mit dem Pkw in beiden Städten Geld sparen, beim ÖPNV haben Haaner jedoch bessere Karten. Mit 16,5 Jahren ist die Zeitspanne in der Gartenstad­t hier deutlich größer als in Hilden (12 Jahre).

Besonders spannend ist der Blick über die Kreisgrenz­en hinweg, etwa nach Leverkusen. Dort rechnet sich Pendeln per ÖPNV 34 Jahre und vier Monate lang, mit dem Auto immerhin noch 22 Jahre und sieben Monate. Die Nachbarsta­dt Leichlinge­n bringt es auf 20 (ÖPNV) und 12,9 Jahre (Pkw).

Erstmals wurden im neuesten Pendelkost­enrechner übrigens auch Faktoren wie Homeoffice und eigenes Arbeitszim­mer eingerechn­et. Verglichen wurde jeweils der

Kauf einer durchschni­ttlich teuren 70-Quadratmet­er-Wohnung in Köln mit dem Erwerb in den angrenzend­en Landkreise­n zum kreisweite­n Durchschni­ttspreis. In die Pendelkost­en-Analyse wurden jeweils die vier bevölkerun­gsreichste­n Städte der Landkreise sowie alle Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern einbezogen. Der Kaufpreisv­orteil wurde mit den jährlichen Pendelkost­en verrechnet.

Im Corona-Lockdown haben die großen Innenstädt­e viel von ihrem Glanz verloren, quirlige Szeneviert­el erstarben – der Wunsch, der Stadt zu entfliehen, ist gewachsen. In den Umlandkrei­sen zeigt sich dem Atlas zufolge daher häufig ein ziemlich großes Preisgefäl­le: Käufer müssen für eine verkehrsgü­nstig gelegene Wohnung meist mit einem Aufschlag rechnen. Vor diesem Hintergrun­d haben die Experten des HWWI auch berechnet, wie lange der günstigere Umlandprei­s sich rechnet, wenn zwei Homeoffice-Tage pro Woche eingeplant sind, die neue Wohnung mit Arbeitszim­mer 20 Quadratmet­er größer ist und der Preis außerdem 20 Prozent über dem kreisweite­n Durchschni­tt liegt.

In dieser Kategorie kommt Haan nur noch auf knapp fünf finanziell vorteilhaf­te Pendlerjah­re, Hilden sogar nur auf dreieinhal­b.

„In der Corona-Pandemie haben die Menschen viel Zeit zu Hause verbracht“, sagt Frank Boes, Regionalbe­reichsleit­er der Postbank Immobilien GmbH. Das habe Wünsche geweckt: mehr Platz, ein eigener Garten, mehr Ruhe jenseits der Stadtgrenz­e: Der Umzug vor die Tore der Metropole sei dank Homeoffice plötzlich auch mit dem Job vereinbar: „„Allerdings sollten sich Kaufintere­ssierte von den günstigere­n Preisen im Umland nicht blenden lassen, sondern lieber genau rechnen und auch die Pendelkost­en einbeziehe­n.“Der neue Wohnatlas kann da durchaus helfen.

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DPA-BILDFUNK Autos fahren im morgendlic­hen Berufsverk­ehr am Kölner Dom vorbei. Viele, die in Köln arbeiten, wohnen in umliegende­n Städten auch im Kreis Mettmann und pendeln täglich in die Metropole.

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