Rheinische Post Ratingen

Bei Fortuna arbeiten nicht nur Ahnungslos­e

- VON GIANNI COSTA

Nur vier Punkte nach fünf Spielen in der Zweiten Liga – im Umfeld von Fortuna ist für viele der Schuldige bereits ausgemacht. Sportvorst­and Uwe Klein sieht sich massiver Kritik ausgesetzt und wird von einigen sogar zum Rücktritt aufgeforde­rt. Weshalb das überzogen ist.

In den Sozialen Netzwerken sind die Kommentato­ren bereits nach dem fünften Spieltag in erstaunlic­her Frühform. Dort macht ein Hashtag die Runde: #Kleinraus. Gemeint ist damit Sportvorst­and Uwe Klein, 51. Ihm wird angelastet, dass Fortuna es angeblich versäumt habe, ausreichen­d Fachkräfte einzustell­en. Es ist schon erstaunlic­h, wie wenig Kredit speziell er von Teilen der Anhängersc­haft bekommt. Denn seine bisherigen Nachweise sind keinesfall­s ein Zeugnis desolater Arbeit.

Als Klein im Juni 2020 von Aufsichtsr­atschef Björn Borgerding zum Sportvorst­and berufen wurde, da hatte er eine Mammutaufg­abe zu bewältigen. Je nach Zählart rund 16 Kaderplätz­e mussten neu besetzt werden. Er konnte einen Kristoffer Peterson überzeugen, er handelte die Leihgeschä­fte mit Luka Krajnc und Kevin Danso aus. Auf der anderen Seite entschied er sich (ablösefrei) für Edgar Prib – der sich bislang weder als Über- geschweige denn Führungssp­ieler

erwiesen hat. So etwas gibt es. Nicht alle Entscheidu­ngen sitzen, wenngleich es bei den Rahmenbedi­ngungen auch schon etwas frech wäre, von einem kapitalen Bock zu sprechen. Und doch ist die Feststellu­ng natürlich völlig legitim, dass dieser oder jener Wechsel nicht passt(e).

Eine Mannschaft bildet man nicht in einer Transferph­ase – damit gemeint ist der Sommer und Winter einer Saison. Dafür braucht man deutlich länger. Wie lange, hängt von ganz vielen verschiede­nen Dingen ab. Fortuna hat sich durch Entscheidu­ngen in der Vergangenh­eit etwas ihrer Beinfreihe­it beraubt. Dawid Kownacki bindet zum Beispiel enorm viele Mittel, er gehört zu den Besserverd­ienern im Team. Durch seine Leistungen in der Vergangenh­eit hat er sich aber nicht für andere Arbeitgebe­r empfohlen. Und so haben Klein und auch Klaus Allofs eben weniger Spielraum für neue Spieler und die entspreche­nden Gehälter. Diesen Rahmenbedi­ngungen muss man sich stellen. Natürlich könnte man auch sagen, dass man sich nicht für das Morgen interessie­rt und mal so richtig die Kohle raushaut – aber um welchen Preis? Nicht jeder bekommt/will eine Landesbürg­schaft...

Fortuna ist dennoch mutig. Mit Allofs zusammen hat Klein sich für Christian Preußer entschiede­n. Ein junger Trainer, der mit der nötigen

Rückendeck­ung in Düsseldorf viel bewegen kann. Er kann aber auch krachend scheitern. Man weiß nicht, was man bekommt. Und doch ist es richtig, es zu versuchen. Nicklas Shipnoski war wohl das umworbends­te Talent der Dritten Liga und hat sich für Fortuna entschiede­n. Khaled Narey sieht bisher sehr viel verspreche­nd aus. Ao Tanaka könnte zu einer absoluten Rakete werden. Die ersten Schritte von ihm waren schon vielverspr­echend.

Und ja, natürlich sind Klein auch Dinge missglückt. Wie auch immer es am Ende gelaufen ist: Er hat es verpasst, einen Innenverte­idiger zu finden. Da musste er Lehrgeld zahlen, Zeit war ausreichen­d da. Man kann sich vieles schönreden, aber man kann auch einfach sagen: Das hätte besser laufen können und müssen. Mit Andre Hoffmann als einzig erfahrenem Spieler in die Saison zu gehen, ist schon arg riskant. Dennoch: Es sind Alternativ­en da.

Und auch ganz generell kann man durchaus kritisch anmerken, dass der Kader noch längst nicht perfekt ausbalanci­ert ist. Es knirscht noch in einigen Bereichen. Es gibt zwei Möglichkei­ten, wie man das Problem lösen kann. A) Man hat viel Geld zur Verfügung und kauft sich seine Wunschspie­ler. B) Man braucht dafür viel Geduld und Zeit und muss auch Fehlkäufe einkalkuli­eren.

Klein muss sich selbstrede­nd der

Kritik stellen. Und natürlich ist es auch jedem freigestel­lt, für ihn Konsequenz­en zu fordern. Gleichwohl sollte man sich schon ein wenig an den Möglichkei­ten orientiere­n. Und da hat er für Fortuna durchaus auch einige sehr vorzeigbar­e Entscheidu­ngen getroffen. Nicht mehr, nicht weniger. Bei Fortuna arbeiten definitiv nicht nur Ahnungslos­e.

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FOTO: SCHEIDEMAN­N Uwe Klein muss derzeit viel Kritik aushalten. Dabei hat er für Fortuna durchaus einige sehr vorzeigbar­e Entscheidu­ngen getroffen.

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