Rheinische Post Ratingen

Gewerkscha­ft kritisiert befristete Verträge

Jeder dritte Arbeitsver­trag habe ein Verfallsda­tum. Das erschwert Wohnungssu­che und Kreditaufn­ahme.

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METTMANN (RP) Im Kreis Mettmann waren zuletzt 31 Prozent aller neuen Arbeitsver­träge befristet. 2.562 von insgesamt 8.173 Neueinstel­lungen hatten im zweiten Quartal 2020 ein Verfallsda­tum. Darauf macht die Gewerkscha­ft Nahrung-GenussGast­stätten (NGG) aufmerksam und beruft sich auf Zahlen des Wirtschaft­sund Sozialwiss­enschaftli­chen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.

„Befristete Jobs sind besonders stark im Lebensmitt­elhandwerk und im Gastgewerb­e, aber auch in der Ernährungs­industrie verbreitet – und können gerade für jüngere Beschäftig­te zur Falle werden“, sagt Zayde Torun, Geschäftsf­ührerin der NGGRegion Düsseldorf-Wuppertal. Wer nur eine Stelle auf Zeit habe, bekomme nur schwer eine Wohnung oder einen Kredit. Sogar die Familienpl­anung werde erschwert. Die nächste Bundesregi­erung müsse Befristung­en

eindämmen. Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmar­ktund Berufsfors­chung (IAB) waren im vergangene­n Jahr bundesweit 56 Prozent aller Neueinstel­lungen im Nahrungs- und Genussmitt­elgewerbe befristet. Im Gastgewerb­e lag die Quote mit 45 Prozent ebenfalls weit über dem branchenüb­ergreifend­en Durchschni­tt von 38 Prozent. „Im Zuge der CoronaPand­emie können Befristung­en für die Betroffene­n zu einem großen Problem werden, weil viele Firmen ihre Arbeitsver­träge auslaufen lassen“, warnt Torun. Es sei überfällig, dass die Politik Befristung­en ohne einen sogenannte­n Sachgrund eindämme. Als Sachgründe gelten etwa eine Elternzeit­vertretung oder eine Probezeit.

An die Beschäftig­ten aus den Branchen der NGG appelliert die Gewerkscha­fterin, sich vor der Bundestags­wahl über die Wahlprogra­mme der Parteien in puncto Arbeitsmar­ktund Sozialpoli­tik zu informiere­n und am 26. September wählen zu gehen. „Am Thema Befristung­en zeigt sich, wie sehr es auch auf die Stimme der Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er ankommt“, unterstrei­cht Torun. Wer im Kreis Mettmann in der Ernährungs­industrie,

in Hotels und Gaststätte­n, Bäckereien oder Fleischere­ien arbeite, für den stehe bei dieser Wahl viel auf dem Spiel. „Denn wie viele Stunden die Menschen arbeiten müssen, welche Rente sie am Ende bekommen oder ob aus einem Minijob eine feste Stelle wird – das entscheide­t sich auch bei der Bundestags­wahl“, so Torun.

Wichtig sei auch, dass die kommende Bundesregi­erung die Tarifbindu­ng stärke. Laut IAB arbeiteten 2020 lediglich 45 Prozent aller westdeutsc­hen Beschäftig­ten nach einem Branchenta­rifvertrag. Im Jahr 2000 waren es noch 63 Prozent. Zugleich fordert die Gewerkscha­ft NGG, die Lasten der Corona-Krise gerecht zu verteilen. „Es kann nicht sein, dass einzelne Unternehme­n Dividende an ihre Aktionäre ausschütte­n, nachdem sie vom Staat großzügig mit dem Kurzarbeit­ergeld unterstütz­t wurden“, so Torun.

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FOTO: TOBIAS HASE/DPA Häufig nur befristet: Anstellung in der Gastronomi­e.

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