Rheinische Post Ratingen

Chance-Festival feiert eine gelungene Premiere

- VON UWE-JENS RUHNAU

Für das Festival mit französisc­her Popmusik und Diskussion­en auf der Rennbahn durften kurzfristi­g mehr Tickets verkauft werden.

LUDENBERG Düsseldorf hat ein neues Festival. Es verbindet französisc­he Popmusik mit Diskussion­en über Nachhaltig­keit und Vielfalt. Der Weg zur Premiere des ChanceFest­ivals auf der Rennbahn war zwar steinig, die Premiere dafür umso gelungener. Bis zum 29. August waren nur 500 Besucher zugelassen, die neue Corona-Schutzvero­rdnung machte plötzlich 2500 Besucher möglich. Das abwechslun­gsreiche Programm und das schöne Wetter lockten am Freitag und Samstag schließlic­h mehr als 1700 Besucher an. „Ein voller Erfolg, wir freuen uns sehr, denn damit war nicht unbedingt zu rechnen“, bilanziert­e am Sonntag Petra Schlieter-Gropp.

Sie steckt mit ihrem Mann Nils Gropp, Corinna Oetken (alle Schlieter & Friends) und Bérengère Aubineau, die im Institut Français Projektbea­uftragte für Sprache und Bildung für NRW ist, hinter der Firma Serge & Nina, die eigens für das Festival gegründet wurde. Hintergrun­d: Schlieter & Friends organisier­t auch das Frankreich­fest, aber das Chance-Festival ist etwas komplett anderes. Die Vorbereitu­ngen starteten vor einem Jahr, und Auslöser war ein Preis der französisc­hen Botschaft für ein Popvideo, in dem bereits die energiegel­adene Suzane, Top-Act des ersten Abends, mitmischte.

Sechs Konzerte gab es, umjubelt waren am Samstag die Beatboxer Berywam, die die Menge zum Hüpfen und Tanzen brachten.

Die Südfranzos­en verbinden harte Beats mit Melodiösit­ät, intonieren Songs von Bob Marley genauso wie von den Bee Gees. Das Quartett aus Südfrankre­ich ist sehr populär und hat allein bei Tiktok sechs Millionen Follower. Höhepunkt zum Abschluss waren Amadou & Mariam, ein internatio­nal erfolgreic­hes Paar mit malischen Wurzeln, das bei der WM-Eröffnung in Südafrika ebenso aufgetrete­n ist wie vor Barack Obama. Das Duo macht Afro-Beat zur genreüberg­reifenden Weltmusik, und dieser weite Horizont symbolisie­rt wohl am besten, was das Festival will.

Das hieß auch, über koloniales Erbe, Rassismus, Vermarktun­g und Gerechtigk­eit zu sprechen. Diskussion­srunden gab es immer wieder zwischen den Konzerten, meist waren sämtliche Liegestühl­e vor dem Podium besetzt. Es gab Wlan, die Beiträge der Diskutante­n wurden höchst profession­ell simultan auf Deutsch und Französisc­h übersetzt, man konnte so über eine Smartphone-App

allen Beiträgen folgen. Im Panel über kulturelle Vielfalt in der Musikbranc­he wetterte etwa Guy Dermosessi­an, der als DJ beim Festival auflegte und Diversität­sbeauftrag­ter am Schauspiel­haus ist, über die Praxis, dass Europäer Musik aus dem Nahen Osten oder Afrika vertreiben und auch noch die Gema-Gebühren kassieren. Er sprach sich für eine Quote aus, um auf den Bühnen Diversität zu erreichen und Künstlern aus vielen Ländern eine Plattform zu geben.

Später argumentie­rte Francis Gay, Musikchef des Senders WDR Cosmo, ähnlich, als es um Geschlecht­erparität ging. Cosmo ist der erste Sender, der sich für die Initiative Keychange einsetzt, die diese fordert. Seit März 2020 wird zu 50 Prozent auf Cosmo Musik von Frauen gesendet „und unser Programm ist nicht schlechter geworden“, sagte Gay, der von vielen Männern in der Branche sprach, „die extrem konservati­v sind und meinen, sie würden einen geilen Job machen“. Dazu passte die

Aussage von Corinne Sadki (Centre National de Musique), dass bei 90 Festivals in Frankreich 2019 der Anteil der Künstlerin­nen bei 14 Prozent lag. Bei Rock am Ring und Rock im Park seien im gleichen Jahr unter 250 Musikern nicht mal zehn Frauen gewesen, ergänzte Merle Bremer (Keychange/Reeperbahn-Festival).

Neben Musik und Diskussion gab es auf dem Gelände eine feine Essensund Getränkeau­swahl – mit vielen französisc­hen Spezialitä­ten. À bientôt, Chance-Festival.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Die Beatboxer von Berywam begeistert­en am Samstag beim Chance-Fesitval auf der Rennbahn.

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