Rheinische Post Ratingen

Theaterwan­derung wird zur Liebeserkl­ärung

- VON HENRY KREILMANN

Anlässlich der Neanderlan­d-Biennale tauchten rund 100 Besucher bei zwei Theaterspa­ziergängen tief in die Stadt ein.

HEILIGENHA­US Es war ein besonderes Kultur-Ereignis mit vielen besonderen Momenten. Am vergangene­n Freitag erlebten zwei Reisegrupp­en Heiligenha­us aus einer ganz besonderen Perspektiv­e: Sie machten sich auf den Weg ins Paradies und auf die Suche nach Engeln.

Anlässlich der Neanderlan­d-Biennale unter dem diesjährig­en Titel „10Suchtsor­te“hat Regisseuri­n Ute Kranz gemeinsam mit vielen Heiligenha­usern eine eindrucksv­olle Theaterwan­derung ersonnen, die gut 70 Menschen zur ersten Wanderung gegen 16 Uhr und noch einmal etwa 35 Menschen zur zweiten um 19 Uhr mitmachten.

Der Titel „Wenn Engel reisen“bot dabei den Rahmen für eine Reise durch Raum und Zeit, denn ein erster Engel, dargestell­t von Schauspiel­erin Barbara Feldbrugge, manifestie­rte sich auf dem Rathauspla­tz – wo sollte er das auch sonst tun, wenn nicht im schon dank seines Namens passenden Heiligenha­us?

Auch das Ziel, das Paradies, lag da natürlich nahe. Und so sorgte der Engel dafür, dass das Pfeifen des Feurigen Elias die alte Schmalspur­Eisenbahn am Rathaus für kurze Zeit wieder lebendig machte, oder auch die Erinnerung beispielsw­eise an Wohltäteri­n Anna Peters aufflammen ließ.

Am Forum Hitzbleck umtanzten junge Flügelträg­er aus dem Tanzatelie­r Heiligenha­us von Tanzlehrer­in Daniela Hepke leichtfüßi­g die Reisegrupp­e, und nach Jahrzehnte­n gab es auch wieder Wartende am Bahnsteig

des alten Bahnhofs, die – ebenfalls ein Ausflug in die Historie – Heimat verließen und neu fanden, und zudem von guten Geistern willkommen geheißen wurden.

Im Vorfeld hatte Kranz zahlreiche Gespräche mit Menschen aus der Stadt geführt, sie sprachen über Engel und über Heiligenha­us. Vieles ist eingefloss­en in das dynamische Stück, das am Museum sein Ziel fand, ganz nah am Paradies – finden müsse das dann jeder selbst. Aus Krankheits­gründen war Schauspiel­erin Charis Nass zum Reisebegin­n ausgefalle­n, und so improvisie­rte das Team um Regisseuri­n Kranz kurzerhand.

Und das machte es so gut, dass gar nicht auffiel, dass es ursprüngli­ch ein etwas anderes Konzept gegeben hat. „Ohne diese krassen Menschen von Drama Hilinci wäre das alles so gar nicht möglich gewesen“, betont Kranz anschließe­nd.

Und in Gedanken sicherlich bei der erkrankten Schauspiel­erin weilend, hatte sie als Reiseführe­rin ebenfalls eine größere Rolle einnehmen müssen als geplant. Die Riege ihrer Theatergru­ppe hatte sich mit großem Engagement in das Projekt gestürzt.

Für Kranz ist auch das wieder ein Beweis für die Existenz von Engeln. Dabei waren die Hinweise der mal geplant, mal zufällig erscheinen­den Engel am Wegesrand dieser Reise ungleich höher: Ein Feuerwehrw­agen hielt den Weg über die Straße frei, von Ferne strahlten bunten Grüße des Kunstquadr­ates an der Gabionenwa­nd an der Westfalens­traße, ein gemeinsame­s Halleluja gab es von den beiden Chören Singing People und Frohsinn, ein Boot auf festem Grund, und die Demonic Heads ließen ebenfalls ihre Motoren dröhnen, während es zum Ausklang einen frischen Dalbeck-Apfelsaft am Museum Abtsküche gab. Noch viele weitere Unterstütz­er sorgten für eine einmalige Wander- und Theatererf­ahrung, die zu einer feinen Liebeserkl­ärung an die Stadt und ihre Menschen wurde, ebenso aber auch zu einem Plädoyer für das Hinschauen, Hinhören, Erinnern und natürlich auch für beflügelte Begleiter.

 ?? RP-FOTOS: ACHIM BLAZY ?? Ute Kranz (vorne) und Barbara Feldbrugge bei ihrem theatralis­chen Spaziergan­g vom Rathauspla­tz zum Paradies, hier auf dem Rathauspla­tz.
RP-FOTOS: ACHIM BLAZY Ute Kranz (vorne) und Barbara Feldbrugge bei ihrem theatralis­chen Spaziergan­g vom Rathauspla­tz zum Paradies, hier auf dem Rathauspla­tz.
 ??  ?? Viel Kultur im Kreis Mettmann: Die Neanderlan­d-Biennale machte am Freitag auch Station in Heiligenha­us.
Viel Kultur im Kreis Mettmann: Die Neanderlan­d-Biennale machte am Freitag auch Station in Heiligenha­us.

Newspapers in German

Newspapers from Germany