Stadt will genauere Hochwasser-Prognosen
Ein Bericht der Stadt Düsseldorf offenbart Lücken in der Vorhersage – die zweite Flutwelle habe der Krisenstab nicht absehen können.
DÜSSELDORF Knapp zwei Monate nach dem Hochwasser hat die Stadtverwaltung am Montag ihren Bericht zum Unwetter vorgestellt. Darin wird unter anderem aufgearbeitet, wie die Warnung der Öffentlichkeit, das Krisenmanagement und die Hilfen für Betroffene funktioniert haben, aber auch, was sich in Zukunft ändern muss.
Schäden Das Unwetter, das Düsseldorf in der Nacht zum 14. Juli erreichte, gilt als „extremes Starkregenereignis“der Stärke 10 (von 12). Das führte zu zwei Arten von Überflutungen: Zum einen konnte die Kanalisation das Wasser nicht mehr aufnehmen, zum anderen sind Gewässer über die Ufer getreten. Die innerstädtischen Flüsse sind so ausgelegt, dass sie ein 100-jährliches Hochwasser aufnehmen können. Im Juli aber hätten sie ein „bisher nicht gekanntes Hochwasser“erreicht – beide Flutwellen hätten weit über den Schwellenwerten gelegen und auch Schieber und Wehre überflutet. Fast 2000 Einsätze hatte die Feuerwehr in drei Tagen.
Prognosen Hochwasser der innerstädtischen Gewässer lassen sich nicht mit „einer ausreichenden Vorlaufzeit prognostizieren“, heißt es in dem Bericht. Denn Gewässer wie die Düssel reagierten sehr rasch auf Starkregen. So habe es kaum eine Verzögerung zwischen den erhöhten Pegelständen in Erkrath und Düsseldorf gegeben, die Zeit für Schutzmaßnahmen gelassen hätte. Zudem sind dies keine Meldepegel, die automatisiert warnen. Stattdessen mussten Beschäftigte des Stadtentwässerungsbetriebs Kontrollgänge machen, um die Situation einzuschätzen. Insbesondere
die zweite Flutwelle – und damit auch die Überflutungen in unterschiedlichen Teilen Düsseldorfs – habe man nicht kommen sehen, sagte Ordnungsdezernent Christian Zaum. „Im Krisenstab hatten wir keine ausreichenden Informationen, um diese Entwicklung vorherzusehen.“Solche Prognosen müssten in Zukunft frühzeitiger und zielgerichteter getroffen werden.
Warnung Die Stadt hatte am Dienstag, 13. Juli, damit begonnen, auf ihren Social-Media-Kanälen, ihrer Internetseite, über Zeitungen und Radiosender vor dem Unwetter zu warnen. Über die Warn-App Nina ging nur eine Meldung der Stadt raus: am 14. Juli um 13.39 Uhr für die Bewohner der Ostparksiedlung. Auch Lautsprecherdurchsagen hat es dort gegeben – Bürger im südlichen Gerresheim, in Vennhausen und Eller sowie im südlichen Düsseldorf klagen jedoch, dass sie sich diese auch gewünscht hätten. Auch die Bezirksverwaltungsstelle 8 wurde erst am 17. Juli, also zwei Tage nach der ersten Flutwelle, einbezogen. Sirenen hat die Stadt gar nicht genutzt, da diese signalisierten, sich in ein Gebäude zu begeben statt es zu verlassen, so Feuerwehr-Chef
David von der Lieth. Die Warnung der Bevölkerung müsste künftig möglichst konkret erfolgen, so Zaum. Eine Möglichkeit sei „Cell Broadcast“– Warnungen werden dabei per SMS an alle Empfänger innerhalb einer Funkzelle verschickt.
Maßnahmen Ein Handlungskonzept Starkregen gibt es für Düsseldorf schon länger, es soll nun erweitert werden. So müssten potenziell Betroffene besser informiert werden, heißt es in dem Bericht. Dazu dienten aktuelle Gefahrenkarten und die Starkregenberatung der Stadt – mehr als 400 Anfragen hat es seit dem Unwetter gegeben. Aber auch das Krisenmanagement und die Meldewege der Stadt stehen auf dem Prüfstand. Das Hochwasser habe gezeigt, dass Informationen zu langsam weitergegeben wurden, um rechtzeitig ein umfassendes Lagebild zu erhalten und Schutzmaßnahmen einzuleiten. Prüfen will die Stadtverwaltung, ob Einsatzpläne, wie es sie für Rhein und Anger bereits gibt, auch für andere Gewässer in Düsseldorf möglich sind. Diese legen Schutzmaßnahmen und Warnungen ab bestimmten Pegelständen fest. Helfen sollen dabei
auch digitale Pegelstände der innerstädtischen Gewässer – diese sollen auch für die Bevölkerung online einsehbar sein. Wichtig sei vor allem die Flächenvorsorge, also das Freihalten von Flächen, auf denen Wasser versickern kann. Konkreter wird der Bericht in diesen Punkten aber nicht. Auch durch Renaturierung soll Bächen mehr Raum gegeben werden. Wo neue Retentionsräume entstehen sollen, bleibt ebenfalls offen. Unabhängig davon stehen noch 13 Baumaßnahmen an Gewässern auf der Liste – etwa zwei schafft die Stadt jedes Jahr.
Hilfen Der Rat der Stadt hatte kurz nach den Überflutungen eine Soforthilfe von 1,1 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, davon 500.000 Euro für die Verkehrsinfrastruktur. 333.000 Euro bekam der Stadtbezirk 8, 266.000 Euro der Stadtbezirk 7, auch für die Hilfe von stark betroffenen Privatpersonen. Hinzu kommen Hilfen vom Land NRW – so bekamen bislang 755 Düsseldorfer Bürger, die Soforthilfeanträge gestellt hatten, insgesamt 1,7 Millionen Euro ausgezahlt. 280.000 Euro gingen an 56 betroffene Unternehmen in Stadtgebiet. Das Gartenamt erhielt eine halbe Million Euro.