Rheinische Post Ratingen

Das heiße Eisen der Rentenpoli­tik

- VON BIRGIT MARSCHALL

Eine große Rentenrefo­rm werde erst nach der nächsten Legislatur­periode nötig werden, hatte die Rentenpräs­identin einmal in einem Interview gesagt. Doch das war vor der Corona-Krise, die auch die Finanzlage der Rentenkass­e verschlech­tert hat. Nun wird das Rentennive­au schneller sinken als bisher erwartet, und die Rentenbeit­räge werden früher steigen müssen – wenn sich nichts ändert. Dennoch verspricht etwa SPD-Kanzlerkan­didat Scholz stoisch, am bisherigen Rentennive­au von 48 Prozent festzuhalt­en. Auch die Beiträge sollen nicht steigen. Scholz kann offenbar über Wasser gehen.

Doch auch fast alle anderen Bundestags­parteien ignorieren in ihren Wahlprogra­mmen den Reformbeda­rf in der Rentenvers­icherung, der von keinem namhaften Experten mehr bestritten wird. Die Parteien wollen das heiße Eisen einfach nicht anpacken, denn das könnte wahlentsch­eidend sein: Mehr als die Hälfte der Wahlberech­tigten ist über 50, also entweder bereits Rentnerin oder Rentner oder kurz davor. Diese Klientel will keine Partei verprellen.

Neben den ungenügend­en Antworten der Parteien auf den Klimawande­l ist dies eine weitere Ohrfeige für die jüngeren Generation­en. Denn sie sind es ja, die die Folgen des Nicht-Handelns tragen sollen, die auch der riesigen Babyboomer-Generation, die in Kürze in Rente geht, auskömmlic­he Altersbezü­ge garantiere­n sollen – die aber selbst befürchten müssen, im eigenen Alter schlechter abgesicher­t zu sein. Die nächste Bundesregi­erung ist es den jüngeren Generation­en schuldig, eine große Rentenrefo­rm auf den Weg zu bringen, die dem demografis­chen Wandel Genüge tut und die Renten bezahlbare­r macht. Dazu gehört, das Rentenalte­r – unter Beachtung von Härtefälle­n – an die weiter steigende Lebenserwa­rtung zu koppeln und auch nach 2030 weiter anzuheben.

BERICHT WAS DIE PARTEIEN BEI DER RENTE PLANEN, POLITIK

Newspapers in German

Newspapers from Germany