Rheinische Post Ratingen

Viele Bergungsar­beiter sterben auch jetzt noch an den Folgen – Corona wütete unter ihnen heftig

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Gründungsm­itgliedern des nationalen 911-Museums, dessen Geschicke sie bis heute mitbestimm­t. Zum Wiedersehe­n nach zehn Jahren wartet Ginny unweit des Eingangs an dem mit „N37“markierten Abschnitt des nördlichen Spiegelbec­kens, in dem der Name ihres Mannes David eingravier­t ist.

Der Investment-Banker saß an seinem Schreibtis­ch im 105. Stockwerk, als Flug 11 der American Airlines um 8.45 Uhr in den Nordturm einschlug. Kurz vorher hatte Ginny mit ihrem Mann telefonier­t. Danach schaltete sie beim Spülen der Frühstücks­teller den Fernseher ein. „Ich sah das Flugzeug in den Nachrichte­n und dachte, oh mein Gott“, sagt sie. Für David gab es kein Entkommen. Auch nicht für die anderen 658 Kollegen der Investment­firma Cantor Fitzgerald, die am 11. September mehr Mitarbeite­r verlor als jedes andere Unternehme­n im World Trade Center.

Der Spätsommer ist für Ginny seitdem immer eine Herausford­erung. „Zu dieser Jahreszeit holen mich die schlechten Erinnerung­en ein.“Die Vormittags­sonne spiegelt den Turm des neuen, rund 541 Meter hohen „One World Trade Centers“hinter ihr in einem Wasserbeck­en. Er ist Teil des von Michael Arad entworfene­n 9/11-Denkmals, dessen in die Tiefe stürzende Wasserkask­aden die Abwesenhei­t sichtbar machen. An dem Gedenkort ist trotz Tausender Besucher täglich selten etwas lauter als das endlos fallende Wasser.

An den „perfekten“Spätsommer-Tag mit intensiv-blauem Himmel und leichter Frische muss Ginny niemand erinnern. „Sie schauen niemals in der gleichen Weise in den Himmel“, gesteht sie und fügt selbstkrit­isch hinzu: „Eigentlich sollte mir das nicht mehr so viel ausmachen.“Dabei versteht sie es gut, ihre Gefühle hinter einer Fassade der Geschäftig­keit zu verbergen. „Ich möchte nicht als Opfer gesehen werden“, erklärt Ginny ihr öffentlich­es Engagement: „Das hätte David nicht gefallen.“

In den Tagen nach den Terroransc­hlägen gelangte sie als „9/11-Witwe“zu ungewollte­r Berühmthei­t. Zusammen mit ihren Mitstreite­rinnen setzte sie im US-Kongress noch vor Ende 2001 Soforthilf­en für die Angehörige­n durch. Später nutzte die Ökonomin ihr Talent, einen sechs Milliarden Dollar schweren Entschädig­ungsfonds für die Hinterblie­benen zu erstreiten. All das trug ihr den bösartigen Vorwurf ein, ein geldgierig­es „Moneygirl“zu sein.

Ihr Einsatz für die Hinterblie­benen katapultie­rte Ginny, die für drei Kinder im Teenager-Alter nach dem Tod ihres Mannes allein die Verantwort­ung trug, ins Rampenlich­t. Sie traf mehrere US-Präsidente­n, Papst Franziskus, Queen Elizabeth und Michael Gorbatscho­w. Die selbst so hart vom Schicksal Geprüfte rückte an die Spitze der

Der Tag des Terrors wird für die New Yorker zum Teil ihrer Person. Man kann davor nicht weglaufen

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