Bayern kauft den Konkurrenten klein
Zwei der besten Spieler und der Trainer gingen in diesem Sommer von RB Leipzig nach München. Diese Strategie hat Tradition. Auch Bremen, Dortmund und Gladbach bekamen das schon zu spüren. So schwächt der Rekordmeister seine Herausforderer.
Es soll ja Menschen geben, die der Fußballfirma RB Leipzig nicht eben mit der größtmöglichen Zuneigung zugetan sind. All die haben nun Grund zur Freude. Denn es könnte sein, dass der Weg des Fußballprodukts aus dem Hause Red Bull nicht so steil nach oben führt, wie sich das die Manager so vorgestellt haben.
Das liegt am FC Bayern München, dem auch nicht alle Fußballfans im Lande zugetan sind – immerhin aber deutlich mehr als den Leipzigern. Größere Zuneigung auch aus sonst eher reservierten Kreisen erfährt der Branchenführer jetzt aus dem Umstand, dass er offenbar beschlossen hat, den lästigen Emporkömmling aus Leipzig endgültig ernst zu nehmen. Wenn die Bayern nämlich ein Bundesligateam in den ehrenwerten Rang eines Konkurrenten und Mitbewerbers um die Meisterschaft befördern, sieht man das immer zuerst auf dem Transfermarkt. So auch diesmal. Im Sommer luchsten die Münchner den Leipzigern Trainer Julian Nagelsmann und Verteidiger Dayot Upamecano ab. Das schien ihnen allerdings nicht genug. Neulich überzeugten sie auch Marcel Sabitzer von einem Wechsel. Dass der gleich vor dem ersten Auftritt am Samstag ausgerechnet gegen sein altes Team versicherte, schon seit Kindesbeinen Bayern-Fan zu sein, gehört zum geschmacklosen Theater auf diesen Bühnen. Aber es ist eine andere Geschichte.
München machen die drei Transfers sicher nicht schlechter, Leipzig aber wird in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Das ist der wesentliche Teil der Überlegung.
Und die Taktik hat sich bewährt. Ältere Anhänger von Borussia Mönchengladbach werden sich erinnern, wie die Bayern einst Karl Del’Haye an die Isar lockten, obwohl sie in ihrem Team eigentlich keine richtige Verwendung für den Außenstürmer hatten. In jüngerer Vergangenheit drückte sich bayerischer Respekt vor Gladbacher Ambitionen im Transfer von Verteidiger Dante aus.
Als Werder Bremen frech wurde, verpflichteten die Münchner Miroslav Klose. Als Borussia Dortmund gleich zweimal den Titel wegschnappte, verbeugten sich die Münchner vor dem großen Rivalen, indem sie Mario Götze, Robert Lewandowski und Mats Hummels einen neuen Arbeitsplatz boten. Auch deshalb ist Bayern München nicht nur Rekordmeister, sondern seit 2013 ununterbrochen Titelträger.
Aus Konkurrenten im Meisterschaftskampf sind in der Regel ehemalige Konkurrenten geworden. Gladbach, der große Gegner aus den 1970er Jahren, ist längst abgehängt. Die früheren Herausforderer Bremen und Hamburg spielen inzwischen in der Zweiten Liga. Und allein die Dortmunder haben sich über Jahre in einer Art Verfolgerrolle einrichten können.
Bevor es die Leipziger ihnen gleichtun oder sogar tatsächlich zur Attacke auf den Abomeister blasen, rücken die Münchner die Verhältnisse mit der Brieftasche zurecht. So funktioniert die Marktwirtschaft in der Bundesliga. Auch Dortmund handelt nach dem Prinzip (siehe Marco Reus, Mo Dahoud und Thorgan Hazard, die mal in Mönchengladbach spielten).
Die Erregung darüber hält sich in Grenzen. Im Fall Leipzig hält sie sich in sehr engen Grenzen. Schließlich wird dort wie nirgendwo sonst reinster Fußball-Kapitalismus betrieben.