In Aue ist alles immer ganz anders als anderswo
Aue ist kein Zweitliga-Standort wie jeder andere. Und es ist für Fortuna stets ein besonderes Ziel mit speziellen Begebenheiten.
Der Anfang der Geschichte zwischen dem FC Erzgebirge Aue und Fortuna Düsseldorf ist im Grunde gar nicht so nett. Die Fans der Fortuna waren nämlich ganz schön sauer darüber, dass um die Jahrtausendwende herum eine in der NRW-Landeshauptstadt ansässige Versicherung als Trikotsponsor des FC Schalke fungierte statt das Hemd der Fortuna zu zieren. Und dann noch das: Der Namenszug jener Versicherung stand obendrein auch auf den Trikots des FC Erzgebirge.
Dennoch erwuchs im Laufe der Jahre für etliche Fans beider Klubs ein nettes Verhältnis. Keine offizielle Fanfreundschaft – aber ein gegenseitiges Besuchen auf privater Basis, weil man sich einfach nett fand und findet. Und weil beide Klubs eine enorme Tradition haben, in der Nachbarschaft finanzkräftigerer Klubs aber stets schon stolz sein durften, irgendwie mitzumischen.
So kam es, dass bei Gastspielen des FC Erzgebirge etwa in Köln etliche Fortuna-Fans im lila-weißen Block standen oder einige Auer die Düsseldorfer in Dresden oder Chemnitz unterstützten. Und wenn beide Klubs gegeneinander spielen, wie am Sonntag um 13.30 Uhr im Erzgebirgsstadion, dann trifft man sich sowieso am Tag vorher auf ein paar sächsische Spezialitäten.
Was dann wiederum nicht bedeutet, dass während eines solchen Duells
nur Nettigkeiten ausgetauscht würden. Okay, bei einem Spiel in der Düsseldorfer Arena wurden einmal tatsächlich gleichzeitig zwei große Transparente entrollt: auf Düsseldorfer Seite mit der Aufschrift „Mein Freund trägt Lila-Weiß“, am Gästeblock der gleiche Text mit „Rot-Weiß“am Ende. Aber wie gesagt: Das galt nie für alle.
Und schon gar nicht für bestimmte Einzelne. So hatte Antenne-Düsseldorf-Kommentator Olli Bendt vor einigen Jahren mal ein besonderes Erlebnis auf der Pressetribüne des Auer Stadions. Während er eine Partie kommentierte, die Fortuna am Ende gewann, feuerte ihm ein Fan des FC Erzgebirge plötzlich mit Wucht seinen lila-weißen Schal ins Gesicht, begleitet von einem saftig-sächsischen „Halt endlich die Klappe!“.
Bendt redete einfach weiter, legte sich den Schal allerdings für den Rest der Reportage um den Hals. „Nach dem Spiel kam er dann an und hat sich total nett entschuldigt“, erzählt der Antenne-Mann. „Das habe ich dann angenommen und alle haben applaudiert.“So ist Aue eben.
Ähnlich erging es einige Jahre zuvor dem Schreiber dieser Zeilen. Er wollte auf der Pressetribüne ja eigentlich nur in Ruhe seinen Spielbericht schreiben, doch ein älterer Herr zwei Reihen davor hatte anderes im Sinn. Als er durch Zufall herausgefunden hatte, wo die Journalisten in seinem Rücken herkamen, polterte er die 90 Minuten nahezu pausenlos durch. „Ihr verdammten Millionarios, ihr kauft uns alles weg“– der Hinweis auf Fortunas damals sehr marode Finanzen blieb ungehört. Erst recht der Zusatz, dass Journalisten üblicherweise nicht die Spieler anderer Klubs kaufen. „Ihr Besserwessis, ihr nehmt uns doch alle aus“– okay, höhere Politik.
Nach vielen dieser Attacken kam der Abpfiff, Unentschieden. Und der Herr in den hohen Siebzigern kam auch, mit ausgestreckter Hand: „Na dann, Jungs, schönes Spiel war das. Welche Autobahn nehmt ihr denn jetzt? Fahrt schön vorsichtig, am besten hier im schönen Erzgebirge noch lecker was essen. Passt auf euch auf!“So ist Aue eben.