Rheinische Post Ratingen

Corona hält Schulgemei­nden in Atem

- VON JÖRG JANSSEN

Der Ärger um die Folgen positiver Lolli-Tests nimmt kein Ende. Auch das aktuelle Homeschool­ing steht in der Kritik. Eltern fordern deshalb die sofortige Umsetzung der vom Land verkündete­n neuen Quarantäne-Regeln.

DÜSSELDORF Der Umgang mit Corona-Tests, Homeschool­ing und neuen Quarantäne-Regeln sorgt bei Eltern, Lehrern und Schülern für Debatten. Während eine Mehrheit begrüßt, dass in Nordrhein-Westfalen künftig nur noch tatsächlic­h positiv getestete Kinder in eine auf fünf Tage verkürzbar­e Quarantäne gehen sollen, hält der Ärger über die Folgen der Lolli-Tests unverminde­rt an.

Seit dem 1. September sitzt der Sohn von Nanna Gerlach zu Hause. Einen Tag zuvor hatte es in seiner vierten Klasse an der Grundschul­e Sonnenstra­ße bei einem Pool-Test ein positives Ergebnis gegeben. Wer tatsächlic­h infiziert ist, muss bei diesem Verfahren durch individuel­le Nachtestun­gen ermittelt werden. „Wir haben das am Morgen nach dem Pool-Test gegen 7.40 Uhr erfahren, einige Eltern waren da schon auf dem Weg zur Arbeit, andere hatten das Set für die häusliche Testung verlegt“, meint Gerlach. Gut zwei Tage habe es gedauert, bis klar gewesen sei, dass sich ein Sitznachba­r ihres neunjährig­en Sohnes angesteckt habe. Weitere Tage vergingen, bis das Gesundheit­samt schließlic­h für die Zeit vom 7. bis zum 14. September eine Quarantäne anordnete. „Nur für diesen Zeitraum erhielt ich vom Amt eine Bescheinig­ung für den Arbeitgebe­r“, sagt sie. Die Sportthera­peutin findet das unmöglich.

Verzweifel­t ist auch Monika Celik aus Oberbilk. Am Montag war ihr Sohn Yusuf das erste Mal nach fast 14 Tagen wieder in seiner Grundschul­e

an der Höhenstraß­e. Doch bereits am Dienstag musste der Junge, dessen Tests immer negativ waren, wieder zu Hause bleiben. „Erneut hatte der Pool-Test in seiner Klasse positiv ausgeschla­gen, wieder begann alles von vorne“, sagt seine Mutter. Erst gestern konnte der Siebenjähr­ige wieder ins Klassenzim­mer zurückkehr­en. „Das war seit Ferienende sein dritter Tag in der Schule, so kann man doch nach anderthalb

Jahren Pandemie nicht mit den Kindern umgehen“, findet Celik.

Das sieht Antje Peth-Anders, deren Sohn in eine dritte Klasse der Grundschul­e an der Einsiedels­traße geht, genauso. Die politische Entscheidu­ng, Sitznachba­rn oder gar die ganze Klasse nicht mehr zu isolieren, sei absolut richtig. Aber sie müsse auch augenblick­lich umgesetzt werden. „Noch am Freitag wurde ein Grundschül­er in eine 14-tägige Quarantäne geschickt, der selbst gar nicht infiziert ist. Da fehlt mir das Verständni­s“, sagt die Mutter. Kritik übt sie auch am aktuellen Homeschool­ing. Denn anders als zu Zeiten des offizielle­n Wechsel-Unterricht­s laufe das Lernen auf Distanz jetzt nicht so reibungslo­s ab. „In unserem Fall funktionie­rte mal die Lernplattf­orm nicht, mal hakte es beim W-Lan, irgendwann am vierten Tag gab es dann eine erste Video-Konferenz.“

Monika Maraun, Sprecherin der Düsseldorf­er Grundschul­gruppe bei der Lehrergewe­rkschaft GEW, versteht die Unzufriede­nheit der Eltern. „Wenn 20 Kinder vor Ort sind und fünf zu Hause in Quarantäne, müssen wir letztlich improvisie­ren.“Personell seien die Grundschul­en nicht so ausgestatt­et, dass parallel zur Präsenz in der gleichen Klasse ein mehrstündi­ges Online-Format für drei oder vier Kinder angeboten werden könne. „Aber natürlich nutzen wir die Lernplattf­orm und stellen auch zusätzlich­e Arbeitsmat­erialien bereit“, sagt die Leiterin der Paulusschu­le in Düsseltal.

„Sehr, sehr erleichter­t“über die Beschränku­ng der Quarantäne auf positiv Getestete ist Birgit Planken, Leiterin der Montessori-Gesamtschu­le in Flingern. „Unsere Kinder haben regelrecht Angst davor, wieder zu Hause bleiben zu müssen. Mich haben sogar Elfjährige gefragt, ob sie sich nicht doch schon impfen lassen können. Sie wollen auf keinen Fall wieder von der Schule ausgeschlo­ssen werden.“Damit, dass es künftig drei Tests pro Woche gibt, kann die Pädagogin gut umgehen. „Der Zeitverlus­t ist überschaub­ar.“

Neben viel Zustimmung gibt es aber auch Kritik an den neuen Regeln. Das Wort „Durchseuch­ungsstrate­gie“gefällt Christian Schaefer nicht. Dennoch geht dem Vater zweier Grundschul­kinder die Entscheidu­ng zu weit. „Bald wird es einen Impfstoff für unter Zwölfjähri­ge geben, bis dahin sollten auch die Sitznachba­rn in Quarantäne gehen.“

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Yusuf (7) durfte gestern wieder in seine Schule auf der Höhenstraß­e in Oberbilk. Schon zweimal musste er zu Hause bleiben, weil der Pool-Test für seine Klasse positiv ausgefalle­n war.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Yusuf (7) durfte gestern wieder in seine Schule auf der Höhenstraß­e in Oberbilk. Schon zweimal musste er zu Hause bleiben, weil der Pool-Test für seine Klasse positiv ausgefalle­n war.

Newspapers in German

Newspapers from Germany