Nur der Bergische Löwe ist übrig geblieben
Drei Plastiken hatte der Düsseldorfer Künstler Ernst Reiss-Schmidt geschaffen. Dumeklemmer und Soldat sind verschwunden.
RATINGEN Die gern erzählte Dumeklemmer-Saga ist bekanntlich eher rheinisch-katholisch: schön und man muss dran glauben. So gibt es gottlob denn auch kein Kunstwerk, das einen Scharfrichter mit Daumenschrauben zeigt, sondern höchstens die Weckmann-artigen Gestalten auf einer kleinen Säule inmitten der Bodenschale, die auf der Oberstraße den so genannten Dumeklemmerbrunnen darstellen.
Dabei existierte auf jeden Fall bis in die fünfziger Jahre ein weiterer Dumeklemmer, der zwischen den Stadtgräben an der Grabenstraße stand und, wie der noch existierende Bergische Löwe vor dem Hauptportal von St. Peter und Paul und ein ebenfalls verschwundener Soldat vor dem Dicken Turm an der Turmstraße im Krieg aus Muschelkalk gemeißelt worden ist.
Während der nette kleine Löwe auf dem Mäuerchen vor der Pfarrkirche einen sicheren Standort gefunden hat und mit wechselnden Blumensträußen vom Marktbeschicker Hoff ein anmutiges Bild abgibt, sind die beiden anderen Plastiken verschütt‘ gegangen. Sie wurden schon mal auf dem städtischen Bauhof vermutet und gesucht, was aber nicht zielführend war.
Der Soldat, der in einem Blumenbeet vor dem Dicken Turm stand, hatte die bewegteste Geschichte. Im Dicken Turm befand sich während des Krieges im vom Stadtgraben her zugänglichen Verließ die Luftschutz-Leitstelle. Schon bald nach der Aufstellung des Soldaten nach Kriegsende wurde er, quasi als Entmilitarisierung, vom Sockel genommen und erst einmal in eben diesem Verließ versteckt und blieb bis 1952 hinter der verriegelten Tür.
Der Rat entschloss sich dann nämlich, den Soldaten wieder inmitten der Blumen zu platzieren – als Zeichen für einen wehrhaften
Bürger, der schon in der Verordnung zur Bürgerwehr 1442 gefordert worden war. Damals war ganz exakt festgehalten worden, welche Ausstattung die Bürger zum Schutz ihrer Stadt vorhalten mussten. Den inhaltlichen Spagat vom Standbild, mitten im Zweiten Weltkrieg gefertigt, bis zum Nachkriegsfrieden vermochte man nicht unbedingt nachzuvollziehen. Und dann war eines Tages auch noch der Kopf ab. Es dauerte nicht mehr lange, bis die beschädigte Figur gänzlich verschwand. Wohin, weiß auch hier niemand Offizielles.
So wirklich gut ist es dem Dumeklemmer ebenfalls nicht ergangen. Zunächst noch stand die gut einen Meter hohe Figur am Rande der beiden Wasserbecken, die wie ein Stadtgraben diesseits der Stadtmauer eingerichtet waren und nach dem Krieg als Feuerlöschteiche fungierten. Sie gehörten zu einer kleinen langweiligen Grünanlage mit Wiese, Parkbank und Kiesweg.
Heiko Knappstein vom Stadtarchiv hat in den wohlsortierten Beständen zum Beispiel einen recht ironischen Artikel vom Sommer 1955 gefunden, der sich auf die Stacheldraht-Bewehrung der Plastik bezieht. Der Verfasser nimmt die Stadtoberen auf die Schippe und dichtet auch: „Es lobt Verwaltung und den Rat / das Bübchen hinterm Stacheldraht / es dreht zuweilen still die Daumen / erfreut, die Bürger anzupflaumen / mit Dumeklemmerchen-Geschichten…..“Jedenfalls ist das Bübchen nicht nur zum Schmuck dort gewesen, sondern hat auch Rüpel zur Zerstörung angeregt. Und deshalb haben sich Menschen, die sich verantwortlich fühlten, ans Flechten von schützendem Stacheldraht gemacht.
Der kleine Dumeklemmer ging, als das neue Rathaus kam. Die beiden Löschteiche wurden zugekippt, weil es inzwischen ortsnah Hydranten gab und die Baustelle eine Zufahrt brauchte. Und die Figur verschwand vom Sockel – wohin auch immer. Manch einer denkt da an lauschige Privatgärten oder an so genannte Partykeller.