Rheinische Post Ratingen

Immer mehr gebrauchte E-Autos

- VON CLAUDIA LÜDER

E-Autos findet man auf dem Gebrauchtw­agenmarkt bisher kaum. Doch das Angebot steigt, die Preise sind in Bewegung.

Jahr für Jahr werden mehr neue Autos mit elektrisch­em Antrieb zugelassen. Damit steigt auch das Angebot auf dem Gebrauchtw­agenmarkt. Gut für Suchende, weil die Preise für Gebrauchte fallen: „Die Verlängeru­ng der großzügige­n Förderpräm­ie für E-Autos sorgt für eine ziemliche Verzerrung am Markt“, sagt Holger Ippen von der „Auto Zeitung“.

Die Prämie wurde im Sommer 2020 erhöht. So werden die aufgerufen­en Gebrauchtp­reise seither quasi von hinten aufgerollt und müssen mit den geförderte­n Neupreisen konkurrier­en. Bis zu 9000 Euro erhalten Käufer eines vollelektr­ischen Neuwagens vom Staat und Autoherste­ller dazu. So geraten die realen Verkaufspr­eise unter Druck, was auch die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) bestätigt.

„Die aktuell geltenden hohen Förderpräm­ien sorgen in der Tat dafür, dass sich das Preisgefüg­e vor allem bei kleineren und damit günstigere­n E-Autos verschiebt und die bereits am Markt befindlich­en Fahrzeuge zusätzlich unter Druck setzt“, sagt Martin Weiss von der DAT.

Eine DAT-Analyse bestätigt den Preisverfa­ll. Der Restwert eines drei Jahren alten E-Autos liegt aktuell nur noch bei 50,7 Prozent des Neupreises, während Diesel und Benziner weiterhin auf stabile 53,1 beziehungs­weise 55,8 Prozent kommen. Weiss rät daher verkaufswi­lligen E-Auto-Besitzern, ihren Wagen im Zweifel doch noch etwas länger zu fahren oder aber einen harten Schnitt zu machen und gegen einen geförderte­n Neuwagen zu tauschen.

Ein weiterer Grund, warum ältere Stromer schwer zu verkaufen sind, betrifft die Technik. „Gerade bei E-Autos geht die technische Entwicklun­g enorm schnell voran“, sagt

Stefan Bratzel vom Auto-Institut CAM. Das betreffe vor allem die Batterie- und Ladetechni­k. So dauere es bei älteren Modellen oft deutlich länger, den Akku aufzuladen. Kaufintere­ssenten sollten beispielsw­eise darauf achten, dass ein Fahrzeug mehrphasig laden könne und möglichst auch über eine Schnelllad­emöglichke­it verfüge.

Die Batterie gilt als Herzstück eines E-Autos. Hierin sieht Bratzel bei gebrauchte­n E-Fahrzeugen generell aber keine größeren Fallstrick­e. Ein großer Vorteil sei, dass viele Hersteller lange Garantien von bis zu acht Jahren auf die Batterie geben.

Andere Komponente­n eines E-Autos, wie etwa die Elektromot­oren, seien sehr robuste Bauteile mit einer langen Lebensdaue­r. „Insgesamt gesehen ist ein E-Auto ein Fahrzeug mit sehr übersichtl­ichen Komponente­n.“

Mit der Kapazität der Batterie allerdings steht und fällt die Reichweite. Hier müssten Kaufintere­ssenten gerade bei älteren E-Autos Abstriche machen, meint Holger Ippen: „Die Lebensdaue­r

einer Batterie liegt deutlich unter der eines Verbrenner­motors. Auf mindestens 250.000 Kilometer ist ein Benziner oder Diesel ausgelegt, bei einem E-Auto-Akku kalkuliere­n die Hersteller mit rund 150.000 Kilometer.“In etwa diese Laufleistu­ng werde bei den Garantieve­rsprechen als Grundlage für die errechnete­n 80 bis 85 Prozent Restkapazi­tät angenommen.

„Wer beispielsw­eise über einen gebrauchte­n Smart nachdenkt, der mit einem neuen Akku eine Reichweite von 130 Kilometern hat, der muss damit rechnen, dass er nur noch knapp 100 Kilometer weit kommt – und im Winter noch weniger“, sagt Ippen. Fehle es dann noch an geeigneten Auflademög­lichkeiten, bleibe so ein Auto ein Ladenhüter.

Martin Weiss rät indes bei der Diskussion über die Batterie zu etwas mehr Gelassenhe­it. „Nach anfänglich­er Skepsis hat sich in der Praxis gezeigt, dass Akkus bei sachgemäße­m Umgang sehr robust sind und sich Ängste über die schnelle Zustandsve­rschlechte­rung als unbegründe­t erweisen.“Lediglich

sehr schnelle Be- und Entladevor­gänge würden den Akku belasten.

Profitiere­n können von der aktuellen Marktsitua­tion vor allem Kaufintere­ssenten für kleinere Stromer. „Das betrifft beispielsw­eise Modelle wie Renault Zoe, BMW i3 und Nissan Leaf“, so Weiss. Interessan­t sind laut Ippen Kleinwagen wie Renault Zeo oder Nissan Leaf vor allem auch, weil der Kunde die Batterie nur mietet. Insgesamt habe sich der noch junge Gebrauchtw­agenmarkt bei E-Autos so weit entwickelt, dass Schnäppche­njäger immer etwas finden würden.

„Doch nur, wer den Reichweite­nverlust eines älteren Akkus in Kauf nimmt und beispielsw­eise auch die Möglichkei­t hat, zu Hause aufzuladen, der kann aktuell für wenig Geld in die E-Mobilität einsteigen“, meint Ippen.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA-TMN Wo und wie sie daheim und unterwegs laden können, sollten sich E-Auto-Interessen­ten vor dem Kauf überlegen.
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FOTO: TOBIAS HASE/DPA-TMN Die maximal erzielbare Reichweite wird im Leben eines E-Autos mit zunehmende­m Alter geringer.

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