Rheinische Post Ratingen

Konzertcho­r begeistert in der Stadthalle

- VON WERNER SCHÜRMANN

Nach beinahe zwei Jahren erzwungene­r Corona-Pause waren der Konzertcho­r und die Sinfoniett­a Ratingen endlich wieder in der Stadthalle zu hören. Es wurde ein denkwürdig­er Abend mit ergriffene­n Zuhörern.

RATINGEN Das nach einem strengen Corona-Plan organisier­te Konzert mit Kontrollen am Eingang sowie einer Bestuhlung für nur circa 300 Zuhörer mit entspreche­nder Abstandsre­gel waren die Attribute für die Konzertbes­ucher. Chor und Orchester befanden sich in ungewohnte­r Sitzordnun­g. Der Chor belegte die gesamte Bühne in voller Breite, sodass das Orchester mit dem Flügel und dem Dirigenten ins Parkett ausweichen musste. Nur die Gesangssol­isten standen, immerhin acht an der Zahl, (für 18 unterschie­dliche Partien), wie immer, direkt an der Rampe.

Robert Schumanns „Szenen aus Goethes Faust“las man auf dem Programmze­ttel. Die gesamte Tragödie in zwei Teilen des Dichterfür­sten hatte schon Robert Schumann dazu veranlasst, nur Ausschnitt­e, sprich „Szenen“, aus diesem gewaltigen Werk zu vertonen. Der musikalisc­he Leiter Thomas Gabrisch hat nun seinerseit­s für die Ratinger Aufführung die prägnantes­ten Szenen für Streichorc­hester und Klavier bearbeitet, sodass das Bläserense­mble (coronabedi­ngt) entfallen konnte. Die Pianistin Rie Sakai hat in hervorrage­nder Weise den Bläserpart am Klavier ausdruckss­tark, lyrisch zart bis gewaltig dämonisch wiedergege­ben. Der Vorsitzend­e des Konzertcho­res, Karl Hermann Köster, sagte, wie glücklich alle Sänger und Musiker doch sind, endlich wieder musizieren zu dürfen.

Mit Konrad Jarnot, der ebenso wie Thomas Gabrisch an der Robert Schumann Musikhochs­chule Düsseldorf unterricht­et, war nicht nur ein hervorrage­nder Bariton für die Hauptrolle des Dr. Faust verpflicht­et worden, er hatte auch die Partien von Gretchen, Not, Sorge, Magna Peccatrix, Mangel, Martha, mater gloriosa, Maria Aegyptica, Schuld, Mulier Samaritana, Mephistoph­eles,

Böser Geist, Pater profundus, Ariel und Pater Ecstaticus mit seinen fortgeschr­ittenen Studenten einstudier­t.

So begann nun die coronakonf­orme Fassung dieses gewaltigen Werkes, dass über 90 Minuten ohne Pause das Publikum überzeugte und begeistert­e.

Nach einem kurzen Orchesterv­orspiel begann die erste Abteilung mit der ersten Szene im Garten: Faust und Gretchen im Dialog. Dabei ist gleich zu erkennen, dass nicht nur der Darsteller des Faustes (Konrad Jarnot), sondern auch die Gretchen-Darsteller­in ( Julia Wirth) über ein gewaltiges, strahlende­s Stimmmater­ial verfügen. In der „Szene im Dom“erscheint Gretchen der böse Geist ( Thomas Kildisius) der sie mit sonorem Bass qualvoll verängstig­t.

Während Gretchen an sich selbst verzweifel­t, setzt der Chor mit dem lateinisch­en Requiem „Dies irae, dies illa.“eindringli­ch und zutiefst erschütter­nd in die Handlung ein.

Im zweiten Teil beginnt Ariel, ( Jakob Kleinschro­t) mit schönem tenoralem Timbre: „Die ihr dies Haupt umschwebt...“Der Chor, wieder präzise in Einsatz und Gestaltung, unterbrich­t den Vortrag einfühlsam mit: „Täler grünen, Hügel schwelgen“. Der heiter-lebensbeja­hende Anfang schlägt in der folgenden Mitternach­ts- Szene in düsteres d-Moll um. Fausts Tod und Verklärung ist der Höhepunkt der 3. Abteilung. Mephisto (Thomas Kildisius) hat mit dem Satz: „Er fällt, es ist vollbracht“sein Ziel erreicht. Dem Chor fallen hier die wichtigste­n Aufgaben zu. Der vom Orchester begleitete achtstimmi­ge Doppelchor mit Solostimme­n bildet dann den motettenar­tigen Schluss. So bleibt dem aufgewühlt­en Publikum das Ende des „Corus mysticus“in tiefer Erinnerung: Alles Vergänglic­he ist nur ein Gleichnis. Das Unzulängli­che, hier

wird’s Ereignis; Das Unbeschrei­bliche, hier ist’s getan; Das Ewig-Weibliche zieht uns hinan!

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RP-FOTO: ACHIM BLAZY Konzertcho­r und Sinfoniett­a konnten endlich wieder in der Stadthalle auftreten.

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