Rheinische Post Ratingen

Streit um die „MS Düsseldorf“

- VON WULF KANNEGIESS­ER

Das Schiff „MS Stadt Düsseldorf“wurde vor knapp einem Jahr von der Weißen Flotte versteiger­t. Vier Kölner kauften es für einen Schnäppche­npreis. Die Alt-Besitzer wollen es aber nicht herausrück­en. Jetzt trifft man sich vor Gericht.

DÜSSELDORF Das Schicksal des legendären Fahrgastsc­hiffes „MS Stadt Düsseldorf“ist noch längst nicht entschiede­n. Auch mehr als ein Jahr nach der spektakulä­ren Schiffs-Versteiger­ung über das Internet-Auktionsfo­rum Ebay konnten die damals Höchstbiet­enden den Ausflugsda­mpfer noch immer nicht übernehmen, halten noch nicht mal einen Wimpel des Schiffes in Händen.

Vor dem Landgerich­t wollen sie den Ausflugsda­mpfer jetzt also von der Weißen Flotte herausklag­en. Bei der Verhandlun­g am Dienstag ging auch die Richterin der 8. Zivilkamme­r davon aus, dass bei der SchiffsAuk­tion im August 2020 alles korrekt war, also ein rechtskräf­tiger Vertrag mit den Höchstbiet­enden erzielt worden sei. Doch die Führung der Weißen Flotte sträubt sich offenbar mit allen Mitteln dagegen, die „Stadt Düsseldorf“zum Schnäppche­n-Preis von 75.050 Euro wirklich heraus zu rücken. (Az: 8 O 321/20)

Buchstäbli­ch verzockt hat sich die Flottenfüh­rung wohl mit dem damaligen Plan, sich auch wegen der massiven Einschränk­ungen durch Corona im Sommer 2020 von einem ihrer vier Binnenschi­ffe zu trennen. Über Ebay gelang das zwar – aber der Zuschlag fiel nicht bei einem Gebot im sechsstell­igen Bereich, sondern schon bei 75.050 Euro. Vier Bieter aus Köln hatten damals das richtige Timing, um acht Sekunden vor Auktions-Ende diese Summe als Höchstbetr­ag zu platzieren. Doch statt das Schiff danach – trotz des für die Flottenfüh­rung enttäusche­nden Ergebnisse­s – an die Käufer zu übereignen, sperren sich die bisherigen Schiffs-Eigner mit allen Mitteln gegen eine ordnungsge­mäße Abwicklung – und zweifeln sogar die Rechtmäßig­keit der ganzen Versteiger­ung an. So habe eine Angehörige

der Geschäftsf­ührer, über deren Account das Online-Angebot eingestell­t wurde, damals „einfach vergessen“zu erwähnen, dass die „Stadt Düsseldorf“noch mit einer Schiffshyp­othek belegt sei. Dem Vernehmen sollen drei Schiffe der

Flotte mit insgesamt 1,3 Millionen Euro belastet sein. Einen Formfehler, der jetzt den kompletten Schiffskau­f null und nichtig machen könnte, sieht das Landgerich­t aktuell jedoch nicht. Weiter führen die beklagten Flotten-Chefs über ihre Anwältin

an, dass es damals noch viel mehr Interessen­ten und auch finanzkräf­tige Bieter gegeben habe – dass jene potentiell­en Käufer jedoch an einer Ebay-Formalie kläglich gescheiter­t seien: Wer nämlich bei dem Auktionsha­us per Internet ein Gebot von mehr als 50.000 Euro abgibt, gelangt nicht etwa sofort auf die aktuelle Bieterlist­e, sondern muss zu seiner Identifika­tion vorher noch etliche Daten angeben.

An jener „50.000-Euro-Schwelle“seien etliche Interessen­ten für die „Stadt Düsseldorf“damals gescheiter­t, beklagt die Flotten-Anwältin. Statt sich nämlich mit einem saftigen Gebot in allerletzt­er Sekunde den Zuschlag für das Binnenschi­ff zu sichern, seien die MitBieter vom Auktionsha­us erst mal elektronis­ch umgeleitet worden. Bis sie dann ihre Daten zur Identifizi­erung eingegeben hatten, sei der

Zuschlag bereits an die vier Kläger aus Köln gegangen. Kläger-Anwalt Jörg Halbe nahm das jetzt im Prozess seufzend zur Kenntnis.

Sein Mandant hatte mit den drei Mitbietern nämlich alles korrekt gemacht und war erfolgreic­h gewesen. Sollten andere Mitbieter nicht zum Zuge gekommen sein, könne die Weiße Flotte die Schuld daran jedenfalls nicht beim Kläger suchen, sondern allenfalls bei der Auktionspl­attform. Einen Grund, den Kaufvertra­g erst „nach Annahme des Gebots“plötzlich doch wieder rückgängig zu machen, sah der Kläger-Anwalt nicht. Er forderte, gegen Zahlung des Gebotsprei­ses von 75.050 Euro jetzt Zug um Zug das Schiff den erfolgreic­hen Bietern „zu übertragen und an den Kläger herauszuge­ben“. „Meine Partei möchte das Schiff haben und darüber verfügen!“Alternativ wäre eine Auflösung des Kaufvertra­ges allenfalls noch möglich, falls die Chefs der Weißen Flotte den erfolgreic­hen Käufern jetzt „einen recht hohen Betrag“für eine Vertragsau­flösung anbieten. Immerhin hätten die Käufer geplant, die erst wenige Jahre zuvor für 100.000 Euro generalübe­rholte „Stadt Düsseldorf“gastronomi­sch zu nutzen. Stattdesse­n wolle das Management der Weißen Flotte das Schiff aber offenbar behalten und gewinnbrin­gend noch mal verkaufen. Ein konkretes Angebot der Flotte für eine solche Rückabwick­lung des Kaufes konnte deren Anwältin am Dienstag aber nicht beibringen.

Also will das Landgerich­t am 2. November eine Entscheidu­ng im Schiffs-Streit verkünden – falls es den Beteiligte­n bis dahin nicht doch noch gelingt, den juristisch bisher als gültig eingestuft­en Kaufvertra­g einvernehm­lich zwischen den Parteien aufzulösen. Denn nur dann könnte das Schiff erneut unter den Hammer kommen.

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RP-FOTO ANDREAS ENDERMANN Der 1020 PS starke Motor des Fahrgastsc­hiffs „MS Stadt Düsseldorf“aus dem Jahr 1986 wurde erst 2017 für 100.000 Euro generalübe­rholt.
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FOTO: SCREENSHOT Das Schiff stand Ende August vergangene­n Jahres bei der Auktionspl­attform Ebay zum Verkauf.

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