Ein Abend mit Liebe und Topfpflanzen
Zweimal schon musste sein Konzert in der Tonhalle verschoben werden. Nun war es endlich soweit. Das Warten auf Max Raabe hat sich gelohnt.
DÜSSELDORF Für alle, die gern zu Max Raabe und dem Palast-Orchester gehen, waren die Folgen der Pandemie besonders kompliziert. Kaum hatte man ordentliche Karten für die Tonhalle ergattert, wurde das Konzert verschoben. Zuerst vom vergangenen Jahr auf den April 2021. Dann noch einmal. Auf der Homepage der Tonhalle heißt es immer noch, man dürfe seine Karten im Januar 2022 nutzen. Gekommen sind die Berliner schließlich doch schon jetzt, mit ihrem Programm „Guten Tag, liebes Glück“.
Als Max Raabe noch Matthias Otto hieß und in Lünen auf ein katholisches Internat ging, war ein Ausflug nach Düsseldorf bestimmt etwas ganz Besonderes. Inzwischen bereist er die ganze Welt und wird überall gefeiert. Seine Programmansage in der Tonhalle lautete: „Heute Abend geht es um die Liebe und um Topfpflanzen.“Das stimmte natürlich nicht und war doch nicht so weit weg von der Wahrheit. Das Glück, so heißt es im Titelsong, ist ständig bei ihm zu Besuch, und darüber spricht und singt er gern. Manchmal, wenn sich das Glück auf seine Couch fläzt, denkt er „Autsch“. Weil doch die Anderen das Glück bestimmt vermissen. Aber dann: „Vielleicht bin ich verwöhnt, doch was macht das schon.“
Noch ein Jahr, und der überaus adrette Herr mit der großartigen Baritonstimme wird 60. Als Schüler hatte er ganz sicher die „Popper“Bewegung kennengelernt. Adrettes Aussehen, Kaschmirpulli und gewissenhaft polierte College-Schuhe. Irgendwie sieht er immer noch so aus, wenn er überaus korrekt durch seinen Abend führt. Doch Vorsicht, wo Pose draufsteht, ist drinnen tatsächlich Haltung. Ein Beispiel: Im Laufe des Programms stellt Max Raabe alle dreizehn Musiker des Palast-Orchesters mit Namen vor. Das macht er auf die feine Art: „Herr Johannes Ernst, Alt-Saxophon und Klarinette.“So weit, so gut. Aber da gibt es auch eine Frau, die schöne Cecilia Crisafulli. Diese als „Frau“vorzustellen, das behagt ihm nicht, ist irgendwie mit Alter und Betulichkeit konnotiert. Also heißt es: „Die Violinistin Cecilia Crisafulli, Violine.“Und das Programm? Wer zu Max
Raabe geht, wird nie enttäuscht. Herrliche Schlagerkompositionen der 1920er und 1930er Jahre, fast alle in Originalbesetzung gespielt. Pure Nostalgie, Heiterkeit, Lebensfreude. Ist doch einfach schön, wenn sich Julius Cäsar auf Stromableser reimt, oder?
Sobald es dann mal etwas ernster wird, feierlich gar, lässt man eine Schellack-Platte laut kratzen, bis das Publikum unruhig wird. Dazu Raabes humorvolle Zwischentexte, dass er den Namen Frida vermisst, aber auch Alexa, die er sich immerhin als Küchenrolle besorgt hat. Und so weiter, einfach großartig, und mit ewig langem Applaus belohnt.