Rheinische Post Ratingen

Angst vor Vulkan auf La Palma

- VON RALPH SCHULZE

In den letzten Tagen wurden auf der kanarische­n Urlaubsins­el rund 3000 Erdbeben registrier­t. Der Cumbre Vieja im Süden war zuletzt besonders aktiv – und droht nun auszubrech­en. Die Behörden bereiten sich auf den Ernstfall vor.

LA PALMA Die älteren Bürger auf La Palma können sich noch gut an den letzten Vulkanausb­ruch auf der zu Spanien gehörenden Kanarenins­el im Atlantik erinnern: Erst bebte tagelang die Erde. Dann wölbte sich die Inseloberf­läche im Süden um mehrere Zentimeter nach oben. Schließlic­h rissen Krater auf und schleudert­en glühend heiße Lava heraus. Das geschah ziemlich genau vor 50 Jahren, Ende Oktober 1971.

Nun beginnt sich das Vulkangebi­rge Cumbre Vieja (Alter Gipfel), das mit seinem Naturreich­tum zur größten Touristena­ttraktion der Insel gehört, wieder zu regen. In den letzten Tagen wurden annähernd 3000 Beben registrier­t. Sie werden immer heftiger. Der bisher spürbarste Erdstoß ereignete sich nachts und hatte eine Stärke von 3,5 auf der Richterska­la. „Die Schranktür­en, das Bett und die Fenster wackelten“, berichtet ein Bewohner, der durch die Vibratione­n geweckt wurde.

Bricht der Cumbre Vieja, der 1971 drei Wochen lang Feuer spukte, erneut aus? Diese Gebirgsket­te ist die aktivste Vulkanland­schaft der Kanaren. In den letzten 600 Jahren öffneten sich die Krater des Cumbre Vieja bereits siebenmal. Die gesamten Kanarische­n Inseln verdanken ihren Ursprung ebenfalls vulkanisch­en Aktivitäte­n. Die Inseln formten sich vor Millionen Jahren durch eine gewaltige Lavaexplos­ion im Atlantik.

„Früher oder später wird es auf La Palma zu einer Eruption kommen“, warnt Luca D’Auria, Chef des kanarische­n Vulkaninst­itutes Involcan, das für die Überwachun­g der Inselkrate­r zuständig ist. „Der Cumbre

Vieja ist ein aktiver Vulkan.“Er habe seit Jahren kilometert­ief in der Erde geschlumme­rt, sei aber nie erloschen gewesen.

Nur wann der

Vulkan wieder ausbrechen wird, sei noch unklar. „Das kann

Wochen, Jahre oder auch Jahrzehnte dauern“, sagte D’Auria im Radio. Allerdings steige durch die seismologi­sche Entwicklun­g die Wahrschein­lichkeit, dass der Ausbruch

„in den nächsten Wochen oder Monaten“erfolge. Die von den Messinstru­menten registrier­ten Signale sind beunruhige­nd: Die Häufigkeit und Intensität der Erdstöße nimmt zu. Ihr Epizentrum wandert immer weiter nach oben. Zunächst lag der Mittelpunk­t der Bebenaktiv­itäten in acht bis zwölf Kilometer Tiefe, am Mittwoch waren es nur noch eins bis drei Kilometer. Die Erdoberflä­che des Cumbre Vieja hob sich in wenigen Tagen um 1,5 Zentimeter. Der Ausstoß von Vulkangase­n steigt.

„Es ist wichtig, dass wir vorbereite­t sind“, sagt D’Auria. Deswegen hat die regionale Regierung für den

Inselsüden die erste Stufe der Vulkanwarn­ampel aktiviert: Es herrscht „gelber Alarm“. Das bedeutet, dass ein Ausbruch in nächster Zeit möglich ist. Auf dieser Stufe wird die Überwachun­g des Vulkans verstärkt, der Katastroph­enschutz bereitet sich vor, Krisenplän­e werden durchgespi­elt und die Bevölkerun­g sowie die Touristen werden aufgerufen, die Informatio­nen zur Lage aufmerksam zu verfolgen. Springt die Ampel auf rot, wird es ernst: Dann laufen Evakuierun­gspläne an.

Im betroffene­n südlichen Inselgebie­t liegen vier Gemeinden mit insgesamt 35.000 Einwohnern. Die größte Ortschaft dort ist Los Llanos de Aridane, eines der touristisc­hen Zentren. La Palma, eine der kleineren Kanarenins­eln, wird jedes Jahr von Zehntausen­den Urlaubern besucht – die meisten kommen aus Deutschlan­d.

Zuletzt wurde vor zehn Jahren auf den Kanaren Vulkanalar­m ausgelöst. Damals war die Nachbarins­el El Hierro betroffen. Dort war im Oktober 2011 etwa zwei Kilometer vor der Küste ein Unterwasse­rvulkan explodiert. Der Krater befand sich mehrere hundert Meter unter der Wasserober­fläche. Wegen der ausströmen­den Lavamassen trieb monatelang ein Asche- und Lavateppic­h auf dem Meer. Die Behörden auf den Inseln sind durch lange Erfahrung mit den Vulkanen gut vorbereite­t. Und sie beruhigen nun auf La Palma die Menschen mit den Worten, dass die Lage unter Kontrolle sei. „Das Leben auf der Insel geht momentan normal weiter.“

Beim letzten Vulkanausb­ruch auf La Palma im Herbst 1971 gab es keine direkten Opfer. Nur ein Schaulusti­ger, der sich offenbar dem feuerspuck­enden Krater zu weit genähert hatte, wurde durch eine Rauchvergi­ftung getötet. „Die Lava wurde 50 Meter in die Luft geschleude­rt“, berichtete damals der Reporter der

Zeitung „ABC“. Die spektakulä­ren Bilder dieser Eruption hängen heute in einem Vulkanmuse­um, in dem Besucher sogar in einen bizarren Lavatunnel hinabsteig­en können.

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FOTO: JUAN CARLOS CANTERO/IMAGO Die Vulkangebi­rgskette Cumbre Vieja im Süden der Insel.

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