Klöckner sagt Schweinebauern Unterstützung zu
Die Frist für Hilfen wird verlängert. Die Angst vor der Schweinepest nimmt das nicht. Veterinäre fordern Geduld bei der Bekämpfung der Tierseuche.
BONN/DAMME (dpa) Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) hat den Schweinehaltern in Deutschland angesichts stark gesunkener Preise Unterstützung zugesichert. Die Betriebe seien in einer „akuten Notsituation“, sagte die Ministerin am Mittwoch in Bonn nach einer Videokonferenz mit Branchenvertretern. Zur Unterstützung solle unter anderem die Antragsfrist für Corona-Überbrückungshilfen bis Ende Dezember verlängert werden. Zudem habe sie die EU-Kommission aufgefordert, Erleichterungen etwa bei Beihilfen zu prüfen. Gesprochen worden sei auch über Aktionen, wie der Fleischabsatz gefördert werden könne, sagte Klöckner. Dabei gelte es aber darauf acht zu geben, dass Preise im Handel nicht „dermaßen in den Keller“gingen, dass man daraus psychologisch nicht mehr herauskomme. Gefragt seien alle in der Kette, gemeinsame Lösungen zu finden.
Im Vorfeld des sogenannten „Schweinegipfels“hatten Schweinehalter weitere Hilfen gefordert und ihrem Unmut über die aktuelle Einkaufs- und Preispolitik in der Branche Luft gemacht. Über die Überbrückungshilfen hinaus seien Absatzimpulse durch verstärkte Werbung für deutsches Schweinefleisch im Lebensmittelhandel notwendig, erklärte die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands in Damme ((ISN).„Die ruinöse Situation in der Schweinehaltung hat ein Ausmaß angenommen, das ich mit über vier Jahrzehnten Erfahrung als Schweinehalter so noch nicht erlebt habe“, sagte der ISN-Vorsitzende Heinrich Dierkes. „Mit jedem Tag, den die Krise andauert, steigen mehr meiner deutschen Berufskollegen aus der Schweinehaltung aus. Es muss schnell etwas passieren.“Laut Klöckner gibt es derzeit einen Lagerbestand an Schweinefleisch von 260.000 Tonnen.
Neben Vertretern der Landwirtschaft und der Schlachtindustrie nahmen auch Handel und Verbände an dem Krisengespräch teil. Dabei waren auch die Landwirtschaftsministerinnen aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, Ursula Heinen-Esser und Barbara Otte-Kinast (beide CDU). In beiden Ländern werden 60 Prozent der Schweine in Deutschland gehalten.
Ein Jahr nach dem ersten Auftreten der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland (ASP) geht der Kampf gegen die Virusseuche weiter. „Das Ausbruchsgeschehen ist weiterhin dynamisch und der Infektionsdruck aus Polen bleibt hoch“, hatte der parlamentarische Staatssekretär im Agrarministerium, Uwe Feiler, bereits im Vorfeld betont. Aktuell seien in Deutschland 2070 betroffene Wildschweine erfasst, davon 1622 in Brandenburg und 448 in Sachsen. Der erste Verdachtsfall war am 9. September 2020 wenige Kilometer von der deutsch-polnischen Grenze in Brandenburg bestätigt worden.
Die bisherigen Maßnahmen hätten die Seuche Schweinepest „auf eng begrenzten Gebieten halten können“, sagte Feiler. Der Präsident des Friedrich-Löffler-Instituts, Professor Thomas Mettenleiter, wies auf einen „großräumigen Infektionsdruck aus dem Osten“hin, der nicht mit „punktförmigen Einträgen in die Tschechische Republik und nach Belgien vergleichbar“sei. Die Bekämpfung der ASP in Deutschland werde „kein Sprint, sondern ein Langstreckenlauf“.
Staatssekretär Feiler benannte auch die negativen Auswirkungen für die Fleischindustrie. Seit Auftreten der Seuche sei der Fleischexport in viele Drittländer nicht möglich gewesen. Inzwischen sei er aber etwa mit Ländern wie Kanada, Singapur oder Vietnam wieder angelaufen. Auch mit China führe man „intensive Gespräche“.