Rheinische Post Ratingen

Der Soldat, der eine Frau war

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Der junge Soldat, der August Renz genannt wurde, war im Juni zum Freiwillig­enverband des Lützowsche­n Freikorps hinzugesto­ßen. Er hatte sich als Jäger registrier­en lassen, um an den Befreiungs­kriegen gegen das napoleonis­che Frankreich teilzunehm­en. Am 16. September 1813 gerieten Renz und seine Kompanie zum ersten Mal in eine ernsthafte Kampfhandl­ung: Bei der Schlacht an der Göhrde an jenem Tag wurde der junge Jäger schwer verletzt, als er einem Kameraden helfen wollte. Die Geschichte des Jägers August Renz erscheint auf den ersten Blick wenig besonders: Tausende junger Männer wurden während der Befreiungs­kriege verletzt oder starben. Allein die Verluste an diesem Tag werden auf rund 1000 geschätzt. Ungewöhnli­ch war allerdings, was der vermeintli­che Jäger noch auf dem Feld einem Vorgesetzt­en offenbarte. Bei dem Soldaten handelte es sich in Wahrheit um eine Soldatin. Die junge Frau hieß Eleonore Prochaska, sie war die Tochter eines preußische­n Unteroffiz­iers, der bereits 1793 gegen Frankreich gekämpft hatte. Sie hatte sich freiwillig dazu entschiede­n, in den Krieg zu ziehen. Vielleicht handelte sie aus Patriotism­us, vielleicht wollte sie sich auch nicht in die in ihre Zeit festgeschr­iebene Frauenroll­e fügen. Die enttarnte Soldatin wurde in ein Lazarett gebracht, wo Mediziner versuchten, ihr Leben zu retten – erfolglos. Wenige Wochen nach ihrer Verwundung starb Prochaska, sie wurde 28 Jahre alt. Aus dem kämpfenden Mädchen wurde ein Mythos.

Sie wurde unter anderem als „Jeanne d’Arc Potsdams“bezeichnet, in ihrer Heimatstad­t Potsdam erinnert ein Denkmal an sie.

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