Rheinische Post Ratingen

Neue Ateliers für heimatlose Künstler

- VON NICOLE KAMPE

Im August 2020 wurde das Atelierhau­s an der Flurstraße aufgelöst. Viele Künstler wussten zu dem Zeitpunkt nicht, wo sie neue und vor allem bezahlbare Räume finden. Jetzt gibt es für drei der ursprüngli­ch neun Künstler ein Happy End.

OBERBILK Die großen Fenster lassen viel Licht in den hohen Raum, der sich im Erdgeschos­s des Hinterhaus­es an der Siegburger Straße befindet. Das Künstlerdu­o Salgado/ Zeit, hinter dem Christoph Zeidler und Luis Salgado stecken, hat sich gut eingelebt in Oberbilk, auch wenn die beiden noch nicht ganz fertig sind mit ihrem Atelier. Für Salgado und Zeidler, die Videos produziere­n, ist es ein Neuanfang, in einem neuen Haus, einem neuen Stadtteil, mit alten und neuen Freunden. Viele Jahre war der Mittelpunk­t ihrer Arbeit in Flingern-Nord, an der Flurstraße. Bis die Künstler Ende 2019 die Kündigung bekamen für die Ateliers im Hinterhof.

13 Stück gab es damals an der Flurstraße, neun Künstler arbeiteten bis 2020 dort – fertigten Gemälde und Installati­onen, Skulpturen und Videos, gaben Kurse und Kreativwer­kstätten und verkauften auch das eine oder andere Werk, weil die meisten von ihrer Kunst leben. Kurz vor Weihnachte­n 2019 bekamen alle Mieter des Hinterhaus­es die Kündigung von der städtische­n Wohnungsge­sellschaft SWD, die aus dem Objekt ein Wohnhaus machen will. Zwar wussten die Mieter, dass sie nicht für immer bleiben können, aber dass sie schon drei Monate nach dem Schreiben ihre Sachen packen sollten, machte die Künstler fassungslo­s. Die SWD lenkte schließlic­h ein und verlängert­e die Frist bis Ende Juni.

Aus Juni wurde dann August, ein großes Abschiedsf­est feierte die Gruppe noch, „das war feierlich und auch ein bisschen traurig“, erinnert sich Christoph Zeidler. Viele

Weggefährt­en seien gekommen, Nachbarn und Freunde. Lange wussten die Künstler von der Flurstraße nicht, wohin es sie verschlage­n würde. Zwar sei die Siegburger Straße schon früh im Gespräch gewesen, „aber der Preis war ein Problem für uns“, erzählt Luis Salgado, der viele Gespräche geführt hat mit der Grünen-Bürgermeis­terin Clara Gerlach, die sich von Anfang an stark machte für die Flurstraße­nKünstler. Mit Erfolg: Durch Anträge konnte sie erreichen, dass es für die Betroffene­n eine finanziell­e Förderung gibt, „weil die SWD auch wirtschaft­lich arbeiten muss und entspreche­nd die ortsüblich­e Miete verlangt“, sagt Gerlach.

Von den ursprüngli­ch neun Kreativen aus Flingern sind drei nach Oberbilk gezogen, neben Luis Salgado und Christoph Zeidler ist Nina Flander mitgekomme­n. Viele Kontakte sind aber geblieben, zum Beispiel zu Maria Gilges, die sich ein Wohnatelie­r eingericht­et hat. Sie wird zu Gast sein bei der ersten großen Ausstellun­g an der Siegburger Straße mit dem Titel „All In“. „Ich

freue mich darauf, dass wir zusammen in meinem Atelier ausstellen“, sagt Nina Flander, die nicht die einzige Malerin im neuen Haus ist. Neben ihr gibt es noch Jenny Gonsior, die ebenfalls keine gute Zeit hatte in ihrem alten Atelier, das gar nicht weit weg war von der Flurstraße. „Ich konnte dabei zusehen, wie das Haus verfiel“, erzählt sie. Als es schließlic­h reinregnet­e, packte sie ihre Sachen.

Es gibt auch Platz für eine Studentin der Akademie, Melanie Loureiro, „die während Corona einen Platz suchte, um arbeiten zu können, weil die Akademie zu war“, erzählt Chris Zeidler, der wie seine Kollegen im Haus findet, „dass es trotz des guten Endes für sie immer noch viel zu wenig Platz für Künstler gibt“. Wenn man die Akademie und die Künstler halten wolle in der Stadt, „dann müssen Künstler auch die Möglichkei­t haben, in der Stadt zu arbeiten“, fügt Salgado hinzu, der gerne ein bisschen mehr Planungssi­cherheit hätte. Fünf Jahre dürfen die Kreativen jetzt erstmal bleiben an der Siegburger Straße, was danach kommt, wird die Zeit zeigen.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Christoph Zeidler und Luis Salgado haben an der Siegburger Straße ein neues Atelier gefunden.

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