Neue Ateliers für heimatlose Künstler
Im August 2020 wurde das Atelierhaus an der Flurstraße aufgelöst. Viele Künstler wussten zu dem Zeitpunkt nicht, wo sie neue und vor allem bezahlbare Räume finden. Jetzt gibt es für drei der ursprünglich neun Künstler ein Happy End.
OBERBILK Die großen Fenster lassen viel Licht in den hohen Raum, der sich im Erdgeschoss des Hinterhauses an der Siegburger Straße befindet. Das Künstlerduo Salgado/ Zeit, hinter dem Christoph Zeidler und Luis Salgado stecken, hat sich gut eingelebt in Oberbilk, auch wenn die beiden noch nicht ganz fertig sind mit ihrem Atelier. Für Salgado und Zeidler, die Videos produzieren, ist es ein Neuanfang, in einem neuen Haus, einem neuen Stadtteil, mit alten und neuen Freunden. Viele Jahre war der Mittelpunkt ihrer Arbeit in Flingern-Nord, an der Flurstraße. Bis die Künstler Ende 2019 die Kündigung bekamen für die Ateliers im Hinterhof.
13 Stück gab es damals an der Flurstraße, neun Künstler arbeiteten bis 2020 dort – fertigten Gemälde und Installationen, Skulpturen und Videos, gaben Kurse und Kreativwerkstätten und verkauften auch das eine oder andere Werk, weil die meisten von ihrer Kunst leben. Kurz vor Weihnachten 2019 bekamen alle Mieter des Hinterhauses die Kündigung von der städtischen Wohnungsgesellschaft SWD, die aus dem Objekt ein Wohnhaus machen will. Zwar wussten die Mieter, dass sie nicht für immer bleiben können, aber dass sie schon drei Monate nach dem Schreiben ihre Sachen packen sollten, machte die Künstler fassungslos. Die SWD lenkte schließlich ein und verlängerte die Frist bis Ende Juni.
Aus Juni wurde dann August, ein großes Abschiedsfest feierte die Gruppe noch, „das war feierlich und auch ein bisschen traurig“, erinnert sich Christoph Zeidler. Viele
Weggefährten seien gekommen, Nachbarn und Freunde. Lange wussten die Künstler von der Flurstraße nicht, wohin es sie verschlagen würde. Zwar sei die Siegburger Straße schon früh im Gespräch gewesen, „aber der Preis war ein Problem für uns“, erzählt Luis Salgado, der viele Gespräche geführt hat mit der Grünen-Bürgermeisterin Clara Gerlach, die sich von Anfang an stark machte für die FlurstraßenKünstler. Mit Erfolg: Durch Anträge konnte sie erreichen, dass es für die Betroffenen eine finanzielle Förderung gibt, „weil die SWD auch wirtschaftlich arbeiten muss und entsprechend die ortsübliche Miete verlangt“, sagt Gerlach.
Von den ursprünglich neun Kreativen aus Flingern sind drei nach Oberbilk gezogen, neben Luis Salgado und Christoph Zeidler ist Nina Flander mitgekommen. Viele Kontakte sind aber geblieben, zum Beispiel zu Maria Gilges, die sich ein Wohnatelier eingerichtet hat. Sie wird zu Gast sein bei der ersten großen Ausstellung an der Siegburger Straße mit dem Titel „All In“. „Ich
freue mich darauf, dass wir zusammen in meinem Atelier ausstellen“, sagt Nina Flander, die nicht die einzige Malerin im neuen Haus ist. Neben ihr gibt es noch Jenny Gonsior, die ebenfalls keine gute Zeit hatte in ihrem alten Atelier, das gar nicht weit weg war von der Flurstraße. „Ich konnte dabei zusehen, wie das Haus verfiel“, erzählt sie. Als es schließlich reinregnete, packte sie ihre Sachen.
Es gibt auch Platz für eine Studentin der Akademie, Melanie Loureiro, „die während Corona einen Platz suchte, um arbeiten zu können, weil die Akademie zu war“, erzählt Chris Zeidler, der wie seine Kollegen im Haus findet, „dass es trotz des guten Endes für sie immer noch viel zu wenig Platz für Künstler gibt“. Wenn man die Akademie und die Künstler halten wolle in der Stadt, „dann müssen Künstler auch die Möglichkeit haben, in der Stadt zu arbeiten“, fügt Salgado hinzu, der gerne ein bisschen mehr Planungssicherheit hätte. Fünf Jahre dürfen die Kreativen jetzt erstmal bleiben an der Siegburger Straße, was danach kommt, wird die Zeit zeigen.