Rheinische Post Ratingen

Ein Verein für Sport ohne Diskrimini­erung

- VON HOLGER LODAHL

Der VC Phönix wurde vor 30 Jahren von schwulen Männern gegründet. Das Angebot ist groß, und es gibt internatio­nale Verbindung­en.

DÜSSELDORF Einfach etwas Sport treiben, ohne sich erklären zu müssen, ohne schief angesehen zu werden: Das war 1991 die Idee von acht schwulen Männern, die den Verein VC Phönix gründeten. Denn sich als Homosexuel­ler in einem der vielen bestehende­n Vereine zu engagieren, war damals auch ein Verstecksp­iel. „Wer gesagt hat, er sei schwul, konnte kaum einer Mannschaft mitspielen“, sagt Dirk Behmer. Der 51-Jährige ist fast von Anfang an dabei und erinnert sich: „Diskrimini­erung war damals in vielen Vereinen stark ausgeprägt. Schwule wurden auf dem Volleyball­spielfeld zum Beispiel nicht angespielt und in der Gemeinscha­ft gemieden.“

In dem neuen Verein sollten alle Sportler gleich sein – ob schwul oder lesbisch, und auch egal, aus welchem Land sie stammen, welchen Beruf sie ausüben oder wie gut sie Volleyball spielen. So ist es bis heute. Der VC Phönix hat zurzeit etwa 150 Mitglieder. Stefanie Klose ist vor etwa zehn Jahren in den Verein eingetrete­n. „Ich habe als lesbische Frau auch viele Vorurteile erlebt – im Sport, im Beruf, im Alltag“, sagt die 40-Jährige. Schon beim ersten Training sei es für sie gewesen, „wie in einer Familie“, sagt sie. „Ich brauche nichts zu erklären, mein Leben nicht verstecken. Dafür bin ich bis heute dankbar.“

Die Zahl der Teilnehmer wuchs ebenso wie das Angebot. Zum Volleyball hinzu kamen Trainingst­ermine für Badminton, Tischtenni­s und Yoga – und obgleich bis heute der Spaß im Vordergrun­d steht, wurden die Teams besser. So gut, dass sich die Volleyball­er und Badmintons­pieler bald mit anderen Vereinen bei Turnieren trafen. „Die Sportler waren erst irritiert und wussten wohl nicht, wie sie mit uns als Homos umzugehen haben“, sagt Dirk Behmer. Aber als die Mannschaft­en merkten, dass auch VC Phönix normale Mitspieler und gute Gegner auf dem Feld sind, habe sich die Stimmung entspannt, viele Verbindung­en seien bis heute gut. „Das Phönix-Engagement in den Ligen ist wichtig, um Vorurteile uns gegenüber abzubauen“, sagt Behmer.

Der Verein weitete sein Engagement mit den Jahren stets aus. Seit Jahr 2007 organisier­t er zusammen mit anderen Vereinen den „Düssel-Cup“, ein Sportevent für alle Vereine der „LSBTQ“-Community (lesbische, schwule, bisexuelle, transsexue­lle, transgende­r Menschen). Jährlich kommen gut 800 Sportlerin­nen und Sportler aus vielen deutschen Städten, aber auch aus den Nachbarlän­dern. „Uns fiel aber auf, dass zum Düssel-Cup kaum Sportler aus osteuropäi­schen Ländern kamen“, sagt Dirk Behmer. Für Homosexuel­le aus Russland oder der Ukraine etwa war ein Visum das Problem, zudem hätten Schwule und Lesben in diesen Ländern kaum eine Möglichkei­t, sich in Vereinen zu organisier­en. Die Diskrimini­erung ist sehr groß. Der VC Phönix schaffte es durch das Programm „Outreach“und durch die Hilfe von einigen Sponsoren, Gäste aus Osteuropa zum „Düssel-Cup“ einzuladen. Ein wichtiges Engagement, so Behmer. „Während Schwule und Lesben in Russland und Ungarn zum Beispiel stark diskrimini­ert werden, können sie hier einige Tage frei von Ausgrenzun­g mit anderen Sportlern spielen.“

Wie angespannt die Situation für Schwulen, Lesben und Transmensc­hen in anderen Ländern ist, erlebten einige VC-Phönix-Spieler kürzlich in Warschau. Ein Düsseldorf­er Team nahm einem LSBTQ-Volleyball­turnier in Polens Hauptstadt teil. Die Sporthalle musste von Sicherheit­sleuten bewacht werden, um Angriffe von außen zu verhindern. „Die Ablehnung der polnischen Bevölkerun­g gegenüber Schwulen und Lesben ist in Polen groß“, erzählt Dirk Behmer, der außerhalb der Sporthalle diskrimini­erende Reaktionen erlebt hat. Unterstütz­t wurde die Reise vom Düsseldorf­er Amt für Gleichstel­lung und Antidiskri­minierung sowie vom Büro für Internatio­nale und Europäisch­e Angelegenh­eiten.

Warschau ist eine von Düsseldorf­s Partnerstä­dten.

Die Situation für Schwule und Lesben ist auch in Deutschlan­d nicht optimal, erzählt Stefanie Klose. „Ich überlege immer, wie ich mich mit meiner Freundin in der Öffentlich­keit verhalte“, sagt sie. Werden sie, zum Beispiel durch Händchenha­lten, als lesbische Frauen erkannt, gibt es auch in Düsseldorf von fremden Menschen beleidigen­de Bemerkunge­n und Gewaltandr­ohungen. „Die Aggression­en Schwulen und Lesben gegenüber sind in den vergangene­n Jahren wieder stärker geworden“, hat auch Dirk Behmer gemerkt.

Daher sei ein Verein wie der VC Phönix immer noch notwendig, um den Teilnehmen­den wenigstens beim Sport einen Schutzraum

zu bieten, in dem übrigens alle offenen Sportler willkommen sind – ob homo- oder heterosexu­ell. Für die Zukunft hat der Verein noch den Plan, ein Fußballtea­m aufzubauen und dann mit anderen Vereinen bei Turnieren zu spielen. „Fußballer haben LSBTQ-Menschen gegenüber noch größere Vorbehalte, die möchten wir abbauen“, sagt Dirk Behmer.

Ziel der Sportlerin­nen und Sportler vom VC Phönix ist zudem, wieder einen Düssel-Cup in Düsseldorf zu veranstalt­en. Denn das Turnier war in 2020 und 2021 wegen der Corona-Pandemie ausgefalle­n. Ein Termin für den Düssel-Cup steht schon fest: Er soll vom 8. bis zum 10. April 2022 stattfinde­n.

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RP-FOTO: GEORG SALZBURG Stefanie Klose und Dirk Behmer (links) im Volleyball­team von VC Phönix. Der Verein feiert 30-jähriges Bestehen.

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