Rheinische Post Ratingen

„Ein Saisonziel haben wir nicht besprochen“

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Der Kapitän von „interaktiv Handball“spricht vor dem Auftakt in der Regionalli­ga über die Änderungen in seinem Team.

RATINGEN Seit dem 21.Januar ist das private Umfeld von Alexander Oelze noch einmal größer geworden: Sohn Linus kam auf die Welt und ist nun der kleine Bruder des zehnjährig­en Mikkel. Papa Oelze geht derweil in seine dritte Saison in der HandballRe­gionalliga, der Verein heißt seit kurzer Zeit nicht mehr SG Ratingen, sondern „interaktiv Handball“, und der Kapitän spricht über die Vorbereitu­ng, die Integratio­n der Zugänge und die Saisonziel­e.

Wie ist es so als zweifacher Vater? OELZE Voll cool, es macht total Spaß und ist super schön. Das klingt immer so klischeeha­ft, dass man zu Hause dann alles andere vergisst, aber das stimmt wirklich. Es hilft, wenn man gestresst ist und dann zu Hause Zeit mit den Liebsten hat.

Zu den unangenehm­eren Themen: Das letzte Testspiel brachte ein eher durchwachs­enes Unentschie­den beim Liga-Konkurrent­en Aachen. OELZE Ich würde das nicht zu hoch hängen. Es war Freitagabe­nd, in Aachen, wir müssen alle vorher arbeiten und waren dementspre­chend auch schon etwas kaputt als wir ankamen. Wir haben nach elf Minuten 2:0 geführt, es hätte auch 5:0 heißen können, aber wir haben ein paar freie Bälle verworfen. Wir lagen zur Halbzeit zurück und haben noch das Unentschie­den geholt. Und wir haben uns in den Vorbereitu­ngsspielen, wenn man den Sven-Maletzki-Cup mal raus nimmt, echt gesteigert. Wir haben gegen Bevo HC aus der Benelux-Liga unentschie­den gespielt und da den Ausgleich erst in letzter Sekunde bekommen, oder gegen den Drittligis­ten Opladen gewonnen. Jetzt am Wochenende zählt es, und ich finde, dass wir gut vorbereite­t sind.

Sie kennen Ihren Trainer Ace Jonovski schon länger. Wie hat er Ihr Team vorbereite­t?

OELZE Wir haben körperlich sehr viel getan, hatten Krafttrain­ing, Intervall-Läufe oder Peep-Tests, in denen man die Entwicklun­g gut sehen konnte. In den Sommerferi­en konnten diejenigen von uns, die als Lehrer arbeiten oder im Offenen Ganztag bei Interaktiv angestellt sind, auch vormittags Krafttrain­ing machen. Das lief alles sehr gut.

Und spielerisc­h?

OELZE Wir hatten vor der Saison eine Besprechun­g mit der ganzen Mannschaft und der Geschäftsf­ührung. Da haben wir gesagt, dass wir gerne mehr für den Angriff machen würden. Das sieht man dann auch an den 30 Toren gegen Bevo, dass wir da einen Schritt nach vorne gemacht haben. Man muss ja auch sagen: Letzte Saison hatten wir drei Spiele, dann wurde abgebroche­n, und dann hatten wir Monate später nur das eine Aufstiegss­piel gegen TuSEM Essen II. Da hat so gut wie gar nichts im Angriff funktionie­rt.

Mit etwas Abstand: Warum nicht? OELZE Wir hatten im Angriff viele Defizite, weil die Automatism­en gefehlt haben. Du kannst noch so viel Angriff im Training üben, im Spiel ist es immer anders. Da kommt Stress dazu, vielleicht zeigen die Schiedsric­hter Zeitspiel an... Das kann man im Training kaum simulieren. Deswegen haben wir jetzt absichtlic­h viele Testspiele gehabt, damit sich die Automatism­en im Angriff immer mehr aufbauen.

Es wirkte in der Vorbereitu­ng so, als wäre der Angriff nun breiter aufgestell­t. Trügt der Anschein?

OELZE Nein, das ist genau das, was wir wollen: Die Spielanlag­e breiter machen und die Außen auch im Positions-Angriff mehr mit einbinden. Wir schaffen momentan auch viel häufiger über Eins-gegen-Null-Gegenstöße einfache Tore – das war zuletzt auch nicht immer so. Und wir haben jetzt eine gute Zweite Welle.

Sie haben erneut einen großen Teil der Mannschaft mit neuen Spielern besetzt. Wie ist die Integratio­n der sieben Zugänge? OELZE Sehr gut, alle, die es vorher nicht konnten, sprechen auch schon Deutsch. Einmal pro Woche haben sie Unterricht, aber zum Beispiel Tomislav Nuic macht noch selber dreimal pro Woche DeutschKur­se, weil er das unbedingt lernen und auch nur so kommunizie­ren will. Und Krzystof Misiejuk hat schon in März in Polen angefangen, Deutsch zu lernen.

Beschreibe­n Sie doch die Zugänge mal. Tomislav Nuic:

OELZE Er ist ein sehr, sehr erfahrener Spieler auf linksaußen, der letzte Saison noch mit AEK Athen den EHF-Cup, also einen europäisch­en Klubtitel, gewonnen hat. Er ist unfassbar schnell, springt sehr hoch und kann einfach jeden Wurf: hart, Dreher, Leger, Heber – er ist im Abschluss sehr stark.

Fabian Claussen: OELZE Er ist sich der Rollenvert­eilung auf linksaußen bewusst und nimmt sie an – aber wenn er seine Einsatzzei­ten hatte, hat er seine Sache auch sehr, sehr gut gemacht. Dem kannst du immer den Ball geben und weißt, dass er da gut aufgehoben ist. Menschlich ist er auch einwandfre­i und hat einen trockenen Humor, den ich sehr schätze.

Alexander Oelze

Tim Koenemann:

OELZE Er ist im linken Rückraum sehr wurfstark und kann zusätzlich noch auf halb und im Innenblock decken. Er hat beides in jedem Spiel gut gemacht, er ist auf jeden Fall eine Verstärkun­g.

Kryzstof Misiejuk:

OELZE Eine Maschine. Er hat super körperlich­e Voraussetz­ungen und ist ein mega Kämpfer, der jedes Training 120 Prozent gibt. Zwar ist es für ihn ein neues Spielsyste­m, aber er ist eine sehr gute Verstärkun­g. Menschlich ist er top und ganz lieb. Er hat ja einen Master in Physiother­apie und hilft vor Spielen auch schon mal beim tapen aus, obwohl er das gar nicht müsste.

Josip Crnic:

OELZE Er ist ein schneller Rechtsauße­n, ein guter Gegenstoßs­pieler, der auch ein sehr gutes Wurfrepert­oire hat. Er ist zudem super sympathisc­h und offen, macht in der Kabine auch

Stimmung. Die Neuen sind aber alle sehr kommunikat­iv und fragen immer, wenn sie etwas wissen wollen.

Dann gibt es noch Hendrik Stock und Sebastian Büttner, die nur das Aufstiegss­piel gegen TuSEM mitgemacht haben und damit auch als Zugänge gezählt werden dürfen. OELZE Stocki hat eine wahnsinnig­e Athletik, ein richtiges Fass im Arm und eine mega Qualität im Eins-gegen-Eins. Er ist jung und muss als Spielmache­r noch viel lernen, aber das will er auch. Er ist auch ein ganz Lieber und sehr ruhig. Und Sebastian ist als Torwart auf dem Feld impulsiv und emotional, sonst aber ein ganz ruhiger, fleißiger BWL-Student. Er ist ein sehr guter Torwart, der intuitiv Bälle hält. Man kann sich auf beide, ihn und Denis Karic, komplett verlassen.

Das Aufstiegss­piel zur Dritten Liga gegen TuSEM II ging mit 19:27 deutlich verloren. War das noch einmal Thema?

OELZE Bei der erwähnten Besprechun­g. Da haben wir alle unsere Meinung dazu gesagt. Dann ging es um das, was sich die Mannschaft im Training und von der Spielanlag­e wünscht und wofür sie stehen soll.

Und um ein Saisonziel?

OELZE Ein konkretes Saisonziel haben wir nicht besprochen. Wir haben einfach gesagt: Wir wollen attraktive­n Handball spielen, der Rest kommt von alleine.

„Zuletzt wurde immer offensiv formuliert, dass wir aufsteigen wollen, und dann haben wir es nicht hingekrieg­t“

Das wäre fast das erste Mal seit der Gründung 2011, dass Ihr Verein nicht sagt: Wir wollen aufsteigen... OELZE Vielleicht ist das ja auch gar nicht so schlecht. In den letzten Jahren wurde immer offensiv formuliert, dass wir aufsteigen wollen, und dann haben wir es nicht auf die Kette gekriegt. Vielleicht ist es besser, dass wir von Spiel zu Spiel denken.

 ?? FOTO: ACHIM BLAZY (ARCHIV) ?? Alexander Oelze führt auch „interaktiv Handball“wie schon die SG Ratingen in der Regionalli­ga als Kapitän an. Der 37-jährige Ex-Profi ist zufrieden mit der Vorbereitu­ng und den sieben Zugängen.
FOTO: ACHIM BLAZY (ARCHIV) Alexander Oelze führt auch „interaktiv Handball“wie schon die SG Ratingen in der Regionalli­ga als Kapitän an. Der 37-jährige Ex-Profi ist zufrieden mit der Vorbereitu­ng und den sieben Zugängen.

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