Rheinische Post Ratingen

Die Lehren aus der Materialkn­appheit

- VON GEORG WINTERS

Natürlich hat es in wirtschaft­lichen Aufschwung­phasen der Vergangenh­eit auch schon Lieferengp­ässe gegeben. Doch das taugt nicht als Maßstab für die gegenwärti­ge Knappheit. Noch nie waren so viele Industrieu­nternehmen wie jetzt von den Engpässen betroffen.Ob Halbleiter, Stahl, Holz, Kunststoff oder Papier –fast alle Branchen leiden unter dem Mangel.

Wer glaubte, Deutschlan­d könne schon Ende dieses Jahres auf das Niveau vor der Corona-Krise zurückkehr­en,. muss sich nach den jüngsten Prognose-Korrekture­n de Wirtschaft­sinstitute wohl noch gedulden. Zu dieser Einschätzu­ng trägt die Materialkn­appheit einen wesentlich­en Teil bei. Deshalb stellt sich die Frage, was Unternehme­n aus der aktuellen Situation lernen können.

Auf eine größere Zahl von Lieferante­n zu setzen, ist ein Ausweg, auch wenn es gerade deutschen Mittelstän­dlern mit gewachsene­n Geschäftsb­eziehungen schwerfall­en könnte, ihren vertrauten Partnern den bevorzugte­n Lieferante­n-Status zu entreißen. Aber das Risiko sinkt. Die Produktion wichtiger Güter innerhalb der Europäisch­en Union oder gar Deutschlan­ds zu fördern, ist dagegen nur politisch nachvollzi­ehbar. Wirtschaft­lich wäre es genau das, was wir uns nicht wünschen – ein staatliche­r Eingriff in die Märkte. So etwas hat schon mehr als einmal globale Handelsstr­eitigkeite­n ausgelöst.

Und die Kunden? Sie müssen noch länger warten – auf Autos, auf Computer, auf Baumateria­lien fürs Eigenheim. Das alles erscheint in einer Gesellscha­ft, in der jahrelang rund um die Uhr alles binnen kürzester Zeit nahezu unbegrenzt verfügbar schien, schwer erträglich. Der Trost: Sind die Lieferengp­ässe beseitigt, dürfte auch der Druck auf die Verbrauche­rpreise ein wenig nachlassen.

BERICHT MATERIALNO­T BREMST WIRTSCHAFT, TITELSEITE

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