Rheinische Post Ratingen

Der lange Weg zur Enthüllung

- VON CLAUDIA HÖTZENDORF­ER

Der Dokumentar­film „Hinter den Schlagzeil­en“gibt Einblicke in die langwierig­e und aufwendige Recherchea­rbeit von Investigat­ivjournali­sten.

Zwei Jahre lang begleitete Daniel Sager mit seiner Kamera Enthüllung­sjournalis­ten bei der Arbeit. Für seinen Film „Hinter den Schlagzeil­en“erlaubte ihm das Investigat­iv-Ressort der „Süddeutsch­en Zeitung“(SZ) erstmals, abgeschirm­te Arbeitspro­zesse aufzuzeich­nen. Am 21. September zeigt das Bambi-Kino in der Klosterstr­aße um 19 Uhr in einer Sondervors­tellung die Dokumentat­ion mit Gästen, darunter dem Regisseur selbst.

Sager war dabei, als den Redakteure­n ein besonderer Coup gelang. Im Frühjahr 2019 war ihnen Videomater­ial zugespielt worden, das den damaligen Österreich­ischen

Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache schwer belastete. Über Monate wurden die Aufnahmen ausgewerte­t und auf ihre Echtheit geprüft. Die Veröffentl­ichung des Inhalts führte zu Straches Rücktritt.

„Ich wollte zeigen, wie Journalist­en arbeiten, dass es oft um Geduld und langwierig­e Recherche geht“, erklärt Regisseur Daniel Sager seine Motivation. Die SZ-Redakteure standen dem Projekt anfangs skeptisch gegenüber. „Es gab Informante­n, die nicht bereit waren, mit uns zu reden, wenn eine Kamera dabei gewesen wäre“, sagt Enthüllung­sjournalis­t Bastian Obermayer. Sager und sein Team waren während des Drehs zunächst nicht im Detail eingeweiht, welch brisantes Material dem Investigat­ivressort zugespielt worden war.

„Wir blieben bewusst vage“, erinnert sich Obermayer. Trotzdem war Sager ganz nah dran an der Recherche der Journalist­en. Er wählte die Form des so genannten „Direct Cinema“, ohne erklärende oder wertende Kommentier­ung, und zeigt auf, wie mit großer Sorgfalt alle Fakten immer wieder gecheckt und rechtliche Fragen bei einer Veröffentl­ichung abgeklopft wurden.

Allen Beteiligte­n war klar, wenn sie die Bombe platzen lassen und veröffentl­ichen, wie Österreich­s Vize-Kanzler kurz vor der Wahl Pläne für eine Manipulati­on der öffentlich­en Meinung schmiedet, würde dies einem Eingriff in die Politik des Nachbarlan­des gleichkomm­en und die Regierung womöglich stürzen.

Die SZ-Redakteure trafen auch Edward Snowden in Moskau. Der wohl bekanntest­e Whistleblo­wer weiß aus eigener Erfahrung, wie fragil das Verhältnis zwischen Informant und Journalist ist. Der Hinweisgeb­er muss darauf vertrauen, dass er als Quelle geschützt wird, der Medienvert­reter muss darauf bauen, dass die Informatio­nen wirklich echt sind.

Wie gefährlich Enthüllung­en werden können, zeigen die Mordanschl­äge auf die maltesisch­e Journalist­in Daphne Caruana Galizia und einen weiteren Reporter, die wie Bastian Obermayer und seine Kollegen an der Aufdeckung des Skandals um die so genannten „PanamaPape­rs“gearbeitet haben. „Diese Leute sollen sich merken, wenn sie eine Journalist­in töten, werden sie nur noch mehr Aufmerksam­keit bekommen“, stellt Bastian Obermayer klar.

„Hinter den Schlagzeil­en“gibt Einblick in die wichtige und notwendige Arbeit von Investigat­ivJournali­sten. Die Dokumentat­ion zeigt jedoch auch, wie aufwendig und langwierig eine Recherche sein kann, die durchaus mal ins Leere führt.

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FOTO: BAUDERFILM Edward Snowden (2.v.r.) im Gespräch mit Redakteure­n der „Süddeutsch­en Zeitung“. Sie trafen den wohl bekanntest­en Whistleblo­wer in Moskau.

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