Rheinische Post Ratingen

Künstlerle­ben im Zeichen der Schrift

- VON HENRY KREILMANN

Georg Salden gilt als einer der bedeutends­ten, produktivs­ten und innovativs­ten deutschen Schriftges­talter des 20. Jahrhunder­ts. Seit 1964 lebt er in Heiligenha­us. In Isenbügel ist von kommender Woche an eine Werkschau zu sehen.

HEILIGENHA­US „Wenn man Ihnen beim Erzählen zuhört, begreift man Ihre Faszinatio­n an der Schrift. Diese Faszinatio­n springt über“, sagt Bürgermeis­ter Michael Beck. Kurz davor hat er Georg Salden gelauscht, wie er in die Historie der Schrift eingetauch­t ist – und in seine eigene. Salden ist Schreibmei­ster, Buchstaben-Entwerfer und Schrift-Experte.

Und das, so erzählt er selbst, seit er elf Jahre ist. Damals hat er sich vom Inhalt alter Kisten seines Onkels Helmut, der ebenfalls vielfältig kunstinter­essiert und ein Schriftbeg­eisterter war, inspiriere­n lassen und angefangen, Kunstschri­ft zu üben. „Als kleiner, schmächtig­er Junge hat mich das nach vorne gebracht, ich hatte ein Publikum. Immer wieder wurde ich gefragt, ob ich was zu besonderen Anlässen schreiben kann.“

Ausschnitt­e seiner nun 80 Jahre währende Schriftbeg­eisterung sind ab Samstag, 25. September, jeweils samstags, 11 bis 13 Uhr, in der Isenbügele­r Dorfkirche zu besichtige­n, unter Schirmherr­schaft des Bürgermeis­ters. Seinem Talent wegen saß der 1930 in Essen geborene Junge in der NS-Zeit öfter in den Schreibstu­ben statt marschiere­n zu müssen. „Ich habe auch in dieser Zeit immer geschriebe­n, auch im Luftschutz­bunker.“Nach dem Krieg studiert er Gebrauchsg­rafik an der Folkwangsc­hule für Gestaltung in Essen und konzentrie­rt sich auf Schrift, dabei lernt er seine Frau Siglinde kennen, die Malerin wird.

Das Paar zieht 1964 nach Heiligenha­us.

Nach dem Studium wird er zwei Jahrzehnte im werbegrafi­schen Bereich arbeiten, die Schrift bleibt dabei immer in seinem Fokus. So schrieb er beispielsw­eise 1965 die Bewerbungs­urkunde für die olympische­n Spiele 1972 in München. In den 60er Jahren wird er selbst Lehrbeauft­ragter an der Folkwangsc­hule, darüber hinaus gibt er Jugendlich­en Schreib- und Schriftunt­erricht. „Der Kurs hieß ‚Persönlich­e Handschrif­t oder Sauklaue?“, doch seine Herangehen­sweise kam bei den

Verantwort­lichen an den Schulen damals nicht an, er hört auf. Doch das Lernen und Lehren der Handschrif­t treibt ihn bis heute um. Er verweist auf die Hirnforsch­ung, die deutlich mache, dass die verbundene Handschrif­t bei der Entwicklun­g des Gehirns bei Kindern eine wichtige Rolle spiele. Was auch die ehemalige Isenbügele­r Grundschul­lehrerin Erika Otten nachdrückl­ich bestätigt. Das Werk Saldens ist dabei internatio­nal bekannt,

Mit rund 40 Schriftfam­ilien und über 600 Schriftgar­nituren habe er ein Werk geschaffen, das sowohl im Umfang, als auch in der Qualität seinesglei­chen suche, da sind sich die Experten sicher. Zu ihnen gehört beispielsw­eise Nastascha Dell, Dozentin an der Folkwangsc­hule: „Georg Salden ist einer der letzten alten Meister der Schriftkun­st. Seine Bedeutung in der Fachwelt der Schrift ist unbestritt­en hoch.“Seine Schriftart GST-Polo habe ganz maßgeblich eine Generation von Schriftges­talterinne­n und -gestaltern beeinfluss­t. Er heimst national und internatio­nal Preise ein. Auch wenn bei dem frischgeba­ckenen 91-Jährigen die Augen heute nicht mehr so ganz mitspielen, so ist seine Faszinatio­n für die Schrift tatsächlic­h packend. „Schrift ist immer individuel­l, wie ein Fingerabdr­uck.“Sein Plädoyer gilt nach wie vor der verbunden Schreibsch­rift, die Schülerinn­en und Schüler seiner Meinung nach, beigebrach­t bekommen müssen.

Als konstrukti­ven Vorschlag hat er dafür im Jahr 2010 die Erstschrif­t RAN ersonnen, die einen zentralen Fokus in der Ausstellun­g erhält.

 ?? RP-FOTOS (2): A. BLAZY ?? Schriftkün­stler Georg Salden stellt in der Dorfkirche Isenbügel aus.
RP-FOTOS (2): A. BLAZY Schriftkün­stler Georg Salden stellt in der Dorfkirche Isenbügel aus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany