Urlaub irgendwo im Nirgendwo
Für ein paar Tage dem Alltag entfliehen, abschalten und für sich sein. Ein Häuschen mitten in der Natur soll es möglich machen. Wir haben über ein langes Wochenende den Selbstversuch gewagt.
Die Einladung des niederländischen Anbieters naturhaeuschen.de klang einfach zu verlockend, um sie auszuschlagen: „den stressigen Alltag hinter sich lassen und weit weg vom Massentourismus einen erholsamen Urlaub in der Natur verbringen“. Also wurde über die Plattform nach der passenden freien Unterkunft gesucht – und mit einem Naturhäuschen bei Schmallenberg im Sauerland war sie recht schnell gefunden.
Die Erwartung: Ein langes Wochenende zu zweit in einer norwegischen Blockhütte – Romantik pur, idyllisches Landleben inklusive. Gut, der Hinweis, dass das Häuschen selbst zwar über eine kleine Küche mit Induktionsherd sowie einem Heizofen verfügt, es aber kein fließendes Wasser gibt, ist nicht ganz unwichtig. Doch zwei Sachen im Hinterkopf haben mich bei der Buchung beruhigt. Erstens: In 40 Metern Entfernung soll es laut der Beschreibung auf der Internetseite eine Dusche und eine Toilette geben. Und zweitens: Mein Freund fährt mit. Ich muss mich also nicht allein in der Dunkelheit auf den Weg zum Klohäuschen machen.
Der Aufenthalt: Bei bestem Wetter erreichen wir am Freitagmittag das schöne Nesselbachtal bei Schmallenberg. Die Anreise mit der Bahn hat trotz Streiktag reibungslos geklappt. Mal sehen, ob auch die Unterkunft unseren Erwartungen gerecht wird. Im Vorfeld habe ich über die Plattform mit der Vermieterin geschrieben, um die genaue Adresse zu erhalten.
Mehr Informationen haben wir aber auch nicht bekommen, daher betreten wir neugierig den Landgasthof Nesselbach, auf dessen Grundstück die Blockhütte steht.
Im Haus begrüßt uns Carin Bakker freundlich. Bevor es die Schlüssel gibt, soll erst einmal ein Kanister mit frischem Wasser fürs Wochenende gefüllt werden. Mit niederländischem Akzent erklärt die Gastgeberin, wo wir dafür hin müssen. Anschließend geht es mit Schlüssel, Bettwäsche, Handtüchern und Kanister bewaffnet einen kleinen Hügel hoch zur Blockhütte.
Das kleine Holzhaus überblickt das Tal, auf der Veranda laden zwei Stühle und ein kleiner Tisch zum Verweilen ein. Das Innere des Hauses ist schnell erkundet, schließlich handelt es sich nur um einen Raum mit Essecke, Kamin, Kochnische sowie einem Etagenbett. Für vier Personen erscheint uns die Unterkunft recht klein, aber in der benachbarten Blockhütte wohnt tatsächlich eine vierköpfige Familie.
Wieso auch nicht? Urlaub soll ja schließlich ein Erlebnis sein.
Fazit: Das „Natur“steckt nicht umsonst im Namen drin. Mit kleinen und großen Spinnen im Haus muss man einfach rechnen (zum Leidwesen der Autorin). Der Aufenthalt in der Blockhütte ist auf jeden Fall ein kleines Abenteuer. Spülen mit einem Wasserkanister, Nudeln kochen auf der Induktionsherdplatte und der Gang mit der Taschenlampe zum Landgasthof, wo sich die Sanitäranlagen befinden, sind nur einige der Besonderheiten des Wochenendes.
Dass der Internetempfang nur mäßig ist, ist angesichts der gut ausgeschilderten Wanderrouten in der Umgebung egal. Auch der Fernseher wird nicht vermisst, denn die Tier- und Pflanzenwelt bei Tag sowie der atemberaubende Sternenhimmel samt Blick auf die Milchstraße bei Nacht sind Unterhaltung genug. Abschalten vom Alltag? Das ist uns definitiv gelungen!
Familienalltag: Butterbrote schmieren, Kieferorthopäden-Termine mit Fußballtrainingszeiten koordinieren, Sportklamotten waschen, Elterntaxi … Ein Wochenende in einem Häuschen im Nirgendwo klingt wie die perfekte Auszeit. Die Buchung bei naturhaeuschen.de gestaltet sich allerdings schwierig, denn auch andere wollen mal kurz entfliehen und das Buchungssystem ist nicht immer auf dem aktuellen Stand. Erst beim vierten Versuch klappt es. Es geht in ein Häuschen in Gölenkamp, einer 600-Seelen-Gemeinde nahe Uelsen in Niedersachsen.
Die Erwartung: Dem Alltag entfliehen, weit weg von Stress und Hektik die Natur genießen und abschalten. Die Wettervorhersage verspricht allerdings nichts Gutes. Was macht man im Nirgendwo, wenn es nur regnet? Immerhin gibt es Strom und W-Lan in dem kleinen Häuschen, es sollte also gutgehen. Ganz abgeschnitten von allem sind wir dabei auch nicht. Das Haus von Gastgeber Jacco liegt direkt neben dem Häuschen, in der wir wohnen werden. 183 Kilometer sind es von Düsseldorf nach Gölenkamp. Als wir am Freitag aufbrechen, kommt es uns ein bisschen komisch vor: Wir fahren über zwei Stunden, um das Wochenende im Gartenhäuschen eines Fremden zu verbringen.
Der Aufenthalt: Als wir ankommen, fängt es gerade an, zu regnen. Glücklicherweise steckt der Schlüssel, und Gastgeber Jacco kommt uns entgegengelaufen, um zu fragen, wann wir frühstücken wollen. Mit unserem Gepäck laufen wir ins Innere des Häuschens, das einer skandinavischen Kota nachempfunden ist: Runde Holzwände, ein spitz nach oben laufendes Dach, sechs tiefliegende Fenster. Eine Aussparung im hinteren Teil bietet gerade genug Platz für das Doppelbett, vor dem zwei Sessel stehen, links ist die Küchenzeile
mit zwei Herdplatten, rechts eine Kommode, die mit Kerzen und Pflanzen einen heimeligen Eindruck vermittelt, in der Mitte ein runder Tisch. Unser neues Zuhause. Klein, aber gemütlich.
Als der Regen nachlässt, wagen wir uns nach draußen. Direkt am Haus entlang führt ein Spazierweg, gesäumt von Maisfeldern und Wald. In der Ferne huscht ein Kaninchen vorbei. Andere Menschen? Keine Spur, auch von Jacco hören wir nichts.
Geweckt werden wir am nächsten Morgen durch Vogelgezwitscher. Es regnet weniger, und wir lernen die freilaufenden Hühner kennen, die laut gackernd auf sich aufmerksam machen. Jacco versorgt uns mit Frühstück, das den ganzen Tag über satt macht. Und wir erkunden die Natur. Viele Seen, Tümpel, Bäche, noch mehr Maisfelder, Erlenwälder … Innen in der Kota fällt auf, wie durchdacht sie geplant ist. Von einem der beiden Sessel aus hat man einen Blick durchs Fenster auf die Meisenknödel, an denen sich nicht nur hungrige Vögel niederlassen. Auf dem Tischchen daneben steht zum Beobachten ein Fernglas.
Fazit: Zum Auspannen war dieser Ausflug perfekt. Die Ruhe werden wir sicherlich vermissen. Die Hühner auch. Aber alles hat ja auch sein Gutes: Abends im Dunkeln durch den Nieselregen den Weg zum Außenhäuschen mit Dusche und Toilette zu suchen, gehört, zumindest bis zum nächsten Ausflug, der Vergangenheit an.