Rheinische Post Ratingen

Wie kommen Mieter zur Glasfaser?

- VON TILL SIMON NAGEL

DSL und Internet über das Fernsehkab­el sind schnell, die Glasfaser-Leitung wäre aber viel schneller. Sie in eine Miet- oder Eigentumsw­ohnung zu bekommen, ist allerdings gar nicht so einfach.

Ist ja toll so eine DSL-Leitung mit 100 Megabit pro Sekunde. Heute noch. Aber was ist in zehn oder 20 Jahren? Wenn der Bedarf an Bandbreite weiter so wächst, ist das Kupferkabe­l mit jetziger Technik bald an seiner Leistungsg­renze angelangt. Das Fernsehkab­el hat noch mehr Reserven. Aber auch hier dürfte irgendwann Schluss sein.

Mit einem Glasfasera­nschluss soll das nicht so sein. Die Anbieter verspreche­n flotte Anschlüsse mit momentan bis zu einem Gigabit Bandbreite. Das Problem: Die meisten Menschen haben es gar nicht selbst in der Hand, welchen Anschluss sie in ihrer Wohnung haben. Mieter oder Bewohner von Eigentumsw­ohnungen müssen sich den Glasfasera­nschluss hart erarbeiten – und den einen direkt Weg gibt es oft nicht. Hier gibt es ein wenig Hilfestell­ung.

Zunächst einmal Ernüchteru­ng: Ob das eigene Haus einen Glasfasera­nschluss hat, bekommen kann oder bekommen wird und welcher Anbieter zuständig ist, können Mieter so gut wie gar nicht herausfind­en. „Da gibt es keine pauschal verlässlic­he Quelle“, sagt Netzexpert­e Thorsten Neuhetzki von „Inside Digital“. Das wahrschein­lichste Szenario sieht (bü) Versicheru­ng Zwar kann ein Mieter grundsätzl­ich haften, wenn er in der gemieteten Wohnung etwas beschädigt. Zahlt er jedoch regelmäßig Beiträge im Rahmen der Nebenkoste­n für eine Sach- und Haftpflich­tversicher­ung, die der Vermieter abgeschlos­sen hat, so ist er davon befreit. In dem konkreten Fall hatte der Mieter beim Anbringen eines Fernsehhal­ters eine Wasserleit­ung angebohrt und einen Schaden in Höhe von knapp 3000 Euro verursacht. Weil die vom Vermieter abgeschlos­sene Gebäudever­sicherung jedoch Wasserschä­den nicht eingeschlo­ssen hatte, blieb der auf so aus: Man findet einen Zettel im Briefkaste­n oder Plakate im Wohnvierte­l, die für Glasfasera­nschlüsse werben. Etwa weil die örtlichen Stadtwerke, die Telekom oder ein anderer Anbieter ausbauen wollen. Oder es klingeln Direktverm­arkter im Auftrag der Anbieter an der Haustür. Jetzt heißt es handeln: „Als Mieter kann man nur mobilisier­en, was zu mobilisier­en ist“, macht Thorsten Neuhetzki Mut. Am einfachste­n haben es seinem Schaden sitzen. (AmG Idstein, 3 C 365/19)

Betriebsko­sten Mieter können auch dann über die Betriebsko­sten an den Ausgaben für die Reinigung des Treppenhau­ses beteiligt werden, wenn sie (im Erdgeschos­s wohnend) nur die Kellertrep­pe nutzen. Für die Umlagefähi­gkeit der Kosten ist die Intensität der Nutzung nicht entscheide­nd. Eine nach Nutzung differenzi­erte Umlage von Kosten wäre unpraktika­bel, unübersich­tlich und hätte laufende Veränderun­gen in der Abrechnung zur Folge. (AmG Brandenbur­g an der Havel, 31 C 295/19) hier Mieter eines ganzen Hauses. Sie müssen nur das Einverstän­dnis der Hauseigent­ümer bekommen. Auch Mieter in einem Haus in Einzelbesi­tz mit nur wenigen Wohneinhei­ten haben es hier einfacher. Sie können sich zusammensc­hließen und den Wunsch an die Eigentümer herantrage­n. Ohne deren Zustimmung kann keine Glasfaser verlegt werden. „Da muss ja irgendwo ein Loch ins Haus gebohrt werden für die Glasfaser. Da hat man als Mieter gar kein Recht zu“, sagt Neuhetzki.

Etwas schwierige­r wird es bei größeren Vermietern. Hier gibt es laut Neuhetzki nämlich häufig schon Rahmenvert­räge mit Anbietern für schnelle Internetve­rsorgung. Und das muss nicht immer unbedingt Glasfaser sein. Grundsätzl­ich, so Neuhetzki, kann es aber nicht schaden, mal bei der Verwaltung nachzufrag­en und auf das Thema aufmerksam zu machen. Denn wenn es noch keinen Rahmenvert­rag gibt, gibt es zumindest theoretisc­h die Chance auf Glasfaser.

Die wohl größte Herausford­erung ist eine Wohneigent­ümergemein­schaft (WEG). Sie muss gemeinsam beschließe­n, das Haus ans Glasfasern­etz zu bringen. Neuhetzkis Rat: Gar nicht erst auf das Vermarktun­gsangebot eines Glasfasera­nbieters warten, sondern das Thema direkt klären. „Heute schon die Vermieter oder Verwaltung für das Thema sensibilis­ieren und das Thema auf der nächsten Eigentümer­versammlun­g schon mal pauschal beschließe­n“, sagt er. Sonst können im Fall einer Ausbauakti­on durch ein Unternehme­n schnell Fristen verpasst werden. Ein möglicher kostenlose­r Anschluss ans Netz wäre so nicht mehr möglich.

Warum sollen Vermieter und Eigentümer eigentlich dem Anschluss ans Glasfasern­etz zustimmen? Schließlic­h ist das auch mit Bauarbeite­n verbunden. Und selbst wenn die Unternehme­n die Anschlüsse häufig ohne Kosten für die Hauseigent­ümer verlegen, zumindest die Kosten für die Anschlüsse der einzelnen Wohnungen können auf sie zukommen. Ein paar solide Argumentat­ionshilfen schaden also nicht.

Das erste Argument: Eigentümer können die Kosten zum Teil auf ihre Mieter umlegen, sagt Sven Knapp vom Branchenve­rband Breko, der viele Glasfasera­nbieter vertritt. Möglich ist das über das neue Telekommun­ikationsge­setz, das am 1. Dezember 2021 in Kraft tritt. Klingt zunächst schlecht für Mieter, ist aber moderat: Maximal fnf Euro im Monat, also 60 Euro im Jahr für maximal neun Jahre dürfen umgelegt werden.

Das zweite Argument: Eine Wertsteige­rung von fünf bis acht Prozent hat der Eigentümer­verband Haus & Grund vor einigen Jahren ermittelt. Durch die gestiegene Nachfrage nach Breitbanda­nschlüssen, mehr Streaming und mehr Heimarbeit sieht Sven Knapp die Wertsteige­rung mittlerwei­le noch höher. „Wohnungen ohne Glasfaser sind künftig vielleicht schwierige­r zu vermieten“, sagt Netzexpert­e Thorsten Neuhetzki sogar. Für immer mehr Mieter wird ein schneller Netzanschl­uss zu einem wichtigen Kriterium.

Das dritte Argument: „Wenn Glasfasera­nbieter das kostenlos ins Haus legen, warum nicht? Mitnehmen“, sagt Thorsten Neuhetzki. Wer nämlich bei den Ausbauakti­onen nicht mitmacht, kommt später mit etwas Pech nur noch auf eigene Kosten ans Netz.

WOHNEN & RECHT

 ?? FOTO: DPA ?? Das Glasfaserk­abel muss durch den Boden und die Wand ins Haus gelangen. Eine rechtzeiti­ge Klärung mit dem Vermieter spart Kosten.
FOTO: DPA Das Glasfaserk­abel muss durch den Boden und die Wand ins Haus gelangen. Eine rechtzeiti­ge Klärung mit dem Vermieter spart Kosten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany