Kuntz will türkischster Deutscher sein
Der 58-Jährige hat einen Vertrag für drei Jahre als Nationaltrainer unterschrieben.
ISTANBUL (dpa) Als Stefan Kuntz nach einer einstündigen Pressekonferenz seine Brille aufsetzte und im Blitzlicht-Gewitter seinen Vertrag unterschrieb, gab es im Presseraum lauten Applaus. Der bisherige deutsche U21-Erfolgscoach soll für mindestens drei Jahre türkischer Fußball-Nationaltrainer sein. Und bei seiner Vorstellung als Nachfolger von Senol Günes durfte sich der 58-Jährige mehr als willkommen fühlen.
„Für mich ist es ein bisschen – oder nicht ein bisschen – wie nach Hause kommen“, sagte Kuntz, der die Türkei zur WM 2022 in Katar führen soll, am Montag in Istanbul. Endgültig alle Sympathien erobert hatte Kuntz, als er versprach gemeinsam mit seiner Familie in die Türkei zu ziehen, Türkisch lernen zu wollen. „Ich will der deutscheste Türke oder türkischste Deutsche werden“, sagte Kuntz.
Der Deutsche Fußball-Bund hatte dem erfolgreichsten U21-Nationaltrainer seiner Verbandsgeschichte am Freitag öffentlich die Freigabe für einen Wechsel in die Türkei erteilt. Kuntz führte die wichtigste deutsche Nachwuchsmannschaft in drei Endspiele, gewann 2017 und 2021 den Titel. Es seien harte, aber faire Verhandlungen mit der türkischen Seite gewesen, so Kuntz. „Ich bin voller Energie, weil ich weiß, was türkische Spieler in sich drin haben.“Als ihm die Frage gestellt wurde, ob er türkischer Nationaltrainer werden wolle, seien „erstmal alle Rezeptoren die es im Nervensystem gibt,“in Wallung gekommen. „Das hat als Motivation gereicht.“
Der Abschied von der U21-Mannschaft sei ihm kaum schwer gefallen, da ohnehin alle zwei Jahre gewechselt würde. Der Abschied vom Team aber sei nicht leicht. Auf den neuen Job sei er „extrem stolz“. Wer CoTrainer
an Kuntz‘ Seite werde, wurde noch nicht verkündet. Als Kandidat Nummer eins gilt der frühere Hannover-96-Trainer Kenan Kocak.
Als „jung, modern und taktisch auf höchstem Niveau“beschrieb der türkische Nationalmannschaftsmanager Hamit Altintop den neuen Trainer. Er habe den Job beim Nationalteam verdient, so Altintop und sprach von der Türkei als Kuntz‘ zweiter Heimat. Nihat Özdemir, Präsident der TFF, bezeichnete Kuntz‘ Amtsantritt als den Beginn einer „neuen Ära“. „Dem türkischen Verband kann man zu dieser Verpflichtung nur gratulieren“, sagte DFB-Direktor Oliver Bierhoff laut einer DFB-Mitteilung.
Der frühere Stürmer, der 1995/1996 für Besiktas Istanbul spielte, steht vor einer schwierigen Aufgabe. Um die Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2022 direkt zu schaffen, muss die Türkei in der Gruppe G den ersten Platz belegen. Als Zweiter bestünde noch die Chance über die Playoffs. Derzeit belegt die Türkei mit elf Punkten den dritten Rang hinter den Niederlanden und Norwegen (jeweils 13). Beim Debüt von Kuntz geht es am 8. Oktober gegen Norwegen.