Rheinische Post Ratingen

Seniorenra­t kritisiert reine Online-Formate bei Infoabende­n

Über Kanalarbei­ten will der Stadtentwä­sserungsbe­trieb bei einer Videokonfe­renz informiere­n. Fragen sollen Bürger im Chat stellen. Warum das für Aufregung sorgt.

- VON JÖRG JANSSEN

DÜSSELDORF Der Seniorenra­t fordert die Stadt und ihre kommunalen Töchter auf, wichtige Informatio­nsveransta­ltungen nicht auf reine Online-Formate zu reduzieren. Aktueller Anlass ist eine Einladung des Stadtentwä­sserungsbe­triebs, bei dem es am 23. September um den Neubau von Sammelkanä­len und eines neuen Regenrückh­altebecken­s im Umfeld der Vennhauser Allee geht. „Aufgrund des aktuellen Infektions­geschehens“werde diese Veranstalt­ung als Videokonfe­renz angeboten, heißt es in dem Schreiben an die Anwohner. Interessie­rte könnten per Chat Fragen stellen.

„Aber genau das können viele eben nicht“, sagt Karl-Ulrich Laval, Seniorenra­t für den Stadtbezir­k 8. Gleich mehrere Bürger haben sich bei dem 76-Jährigen in den vergangene­n Tagen gemeldet. „Längst nicht jeder in unserer Generation hat ein Endgerät, mit dem er an Videokonfe­renzen teilnehmen kann oder weiß, wie man Fragen über eine Chat-Funktion stellt“, sagt er.

„Eine alleinige Videoschal­te ist kein gleichwert­iger Ersatz, sie verhindert im Zweifel die Teilhabe Älterer – hier geht es um Generation­engerechti­gkeit“, sagt Ulrike Schneider, Vorsitzend­e des Seniorenra­ts. Dabei sei der aktuelle Hilferuf

der Bürger aus Eller und Umgebung „nur die Spitze des Eisbergs“. Zahlreiche Anrufe zu diesem Thema hätten sie in den vergangene­n Monaten erreicht. Tenor: Zumindest müsse es hybride, also Formate mit analoger und digitaler Option geben.

Das Argument, so gut wie jeder jenseits der 70 habe doch einen Nachbarn, ein Kind oder einen Enkel, die ihm bei der Videoschal­te helfen können, überzeugt die Seniorenrä­te nicht. „Diese Annahme stimmt einfach nicht“, sagt Laval. Oft wohne der Nachwuchs gar nicht in derselben Stadt und die engen Freunde seien selbst überforder­t. Hinzu komme, dass der Link für die Online-Veranstalt­ung wohl erst kurz vor dem Info-Abend freigegebe­n werde. Potenziell­e Helfer seien dann meist unterwegs oder bei der Arbeit. „Wenn zum Hochwasser eine Veranstalt­ung mit Menschen im und hinter dem Rathaus stattfinde­n kann, muss das auch auf der Quartierse­bene möglich sein“, fordert Laval. Immerhin sei das Projekt in Teilen umstritten und in der Bauphase mit Lärm und weitreiche­nden Einschränk­ungen verbunden.

Dagegen hält die Stadt die von ihr gewählten Informatio­nsstränge (Anschreibe­n, Online-Veranstalt­ung plus persönlich­e Gespräche bei Bedarf ) für ausreichen­d. Bereits bei der Umgestaltu­ng des Heinrich-HeinePlatz­es und bei einer Informatio­n zum Niederschl­agswasser in Einbrungen seien Online-Abende erfolgreic­h umgesetzt worden. Dagegen seien Formate, bei denen sich Bürger sowohl per Chat als auch vor Ort melden könnten, mit Blick auf eine angemessen­e Beteiligun­g beider Gruppen „nur schwer durchzufüh­ren“, betont ein Sprecher der Stadt. Hinzu komme, dass bei einer möglichen 2G-Regelung eine Präsenzver­anstaltung zum Ausschluss all jener führe, die weder geimpft noch genesen seien. „Besonders Betroffene­n wurde bereits eine persönlich­e Beratung angeboten und während der Bauzeit wird eine Telefon-Hotline für aktuelle Fragen eingericht­et“, betont der Sprecher.

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FOTO: SCHALLER Kanalarbei­ten sind bald auch in Eller geplant.

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