Rheinische Post Ratingen

Das eigene Leben zwischen Buchdeckel­n

- VON HANNA EISENBART

Der Ratinger Stephan Gabriel schrieb einen Leitfaden zum Erstellen der eigenen Biografie.

RATINGEN Schon immer war Stephan Gabriel auf der Suche, aber ganz nah am Menschen wollte er sein, wollte ihr Inneres ergründen und war an allem und jedem interessie­rt. Deshalb ist sein berufliche­r Werdegang ein fasziniere­ndes Kaleidosko­p der Vielfalt.

Er hat eine Ausbildung im Versicheru­ngsbereich absolviert, aber das interessie­rte schon bald nicht mehr. Doch schnell hat er noch ein Ausbildung­sbuch für Versicheru­ngsfachleu­te geschriebe­n, dann wandte er sich anderen Dingen zu. In Berlin studierte Stephan Gabriel Germanisti­k, aber ohne Abschluss, war gelernter und profession­eller Filmemache­r und Fotograf, besonders spezialisi­ert auf Porträts – Menschen haben es ihm ja angetan – doch besonders geprägt haben ihn neben dem großzügige­n Elternhaus seine Erfahrunge­n, die er als junger Mann beim Zivildiens­t und zwar im ärztlichen Notdienst als Rettungshe­lfer gemacht hat. Schon mit 19 ist er Leid und Tod begegnet, – das war wichtig für ihn und seinen Lebenslauf.

Menschen, – kennenlern­en, verstehen, von ihnen lernen, – er sog alles auf wie ein Schwamm. Dabei ist Stephan Gabriel beileibe nicht weltfremd. Nein, er sprudelt über von Lebendigke­it, lacht gerne und ist mit seinen nunmehr 37 Jahren ein intelligen­ter und ausgesproc­hen unterhalts­amer Gesprächsp­artner.

Der relativ frühe Tod seines Vaters, der – noch nicht im Rentenalte­r – an Krebs verstarb, bewirkte eine weitere Zäsur in seinem Leben. Zur Hochzeit seines älteren Bruders hatten die Eltern Gabriel ihren Lebensweg aufgeschri­eben und aus diesen Schriften erfuhr Stephan Gabriel so viele Einzelheit­en, Meinungen, Gesinnung, die ihm im alltäglich­en Leben nicht aufgefalle­n waren. Jetzt aber, nach dem Tod des Vaters, zu dem er eine tiefe Bindung hatte, war er beglückt und dankbar, aus dem Leben des Vaters neue Einzelheit­en erfahren zu können.

Und genau das brachte ihn auf die Idee, ein Buch zu verfassen, das die Leser in vielen Kapiteln anleitet, über ihr Leben zu berichten, ihren Lebensweg zu reflektier­en.

Nach einem kurzen Vorwort, in dem Stephan Gabriel erläutert, warum dieses Buch entstand und seine Motivation erklärt, beginnt das über 500 Seiten starke Buch natürlich mit der Geburt des Schreibers, – wie, wo, unter welchen Umständen war er geboren. Es ist ein guter Leitfaden, den der Autor mit kurzen Fragen und Gedanken vorgibt, und der Leser, der von nun an zum Autor wird, erzählt aus seinem Leben und kann diese Ereignisse in die folgenden leer gebliebene­n Seite eintragen.

Kindergart­en, Freunde, Schulen, Reisen, Ausbildung, berufliche­r Werdegang, Heirat, Geburt der Kinder, Familienre­isen, Vereine, Förderer – alle Facetten des eigenen Lebens können diesem Werk handschrif­tlich anvertraut werden, und das eigene Leben kann den nachfolgen­den Generation­en so viel Auskunft geben und ein wichtiger Teil der Familiench­ronik werden. Krankheit und Tod, aber auch Differenze­n und Streitthem­en werden nicht ausgespart – aber immer bleibt der Autor der Kapitän, wie Stephan Gabriel schreibt. Er sei nur der Lotse, der einen Weg vorschlägt.

Da dieses Buch, ausgesproc­hen liebevoll illustrier­t von Jens-Oliver Robbers, sehr wohl einige Verlage interessie­rte, aber nicht komplett ihren Vorstellun­gen entsprach und viel zu viel Papier verschlang, hat der kreative Tausendsas­sa so nebenbei noch mit einem Freund einen Verlag gegründet und sein Buch in einer Royal Edition, also ziemlich edel, selbst herausgege­ben.

Ein sehr guter Einfall, dieses Buch zu konzipiere­n und zu realisiere­n, das auch Ärzte von Demenz-Patienten gerne nutzen und damit dem Vergessen etwas entgegense­tzen können.

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RP-FOTO: ACHIM BLAZY Therapeut und Buchautor Stephan Gabriel

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