Rheinische Post Ratingen

So stehen die Chancen der Kandidaten

- VON ARNE LIEB

Die Zahl der Düsseldorf­er im Parlament dürfte steigen – und im Süden könnte die SPD erstmals seit vielen Jahren wieder das Direktmand­at holen. Ein Überblick, worauf man in der Landeshaup­tstadt am Wahlabend achten sollte.

DÜSSELDORF Man muss tief in die Geschichts­bücher blicken, um einen Düsseldorf­er Grünen im Bundestag zu finden. Dem späteren Innenminis­ter Otto Schily gelang 1983 und 1987 der Einzug, bevor er sich zur SPD verabschie­dete. Nun wird mit Sara Nanni (34) aller Voraussich­t nach wieder eine Düsseldorf­er Grüne ins Berliner Parlament gehen, NRW-Listenplat­z 17 wird bei den aktuellen Prognosen sicher reichen. Das Mandat für die Außenund Friedenspo­litikerin markiert also schon so etwas wie eine historisch­e Stunde für den Kreisverba­nd.

Vier Düsseldorf­er gehörten in dieser Wahlperiod­e zum Bundestag. Es waren sogar fünf, wenn man Linken-Fraktionsc­hefin Sahra Wagenknech­t (52) hinzurechn­en möchte, die hier 2017 noch ihren Wahlkreis hatte. Diesmal könnte es sogar für bis zu sieben Düsseldorf­er reichen, wenn man die letzten Umfragen als Basis nimmt. Besonders spannend wird es bei den beiden größten Parteien: Die Düsseldorf­er Direktmand­ate sind so umkämpft wie lange nicht mehr.

Am Sonntag lohnt aus Düsseldorf­er Sicht vor allem der Blick auf den Südwahlkre­is 107 (Stadtbezir­ke 3, 8, 9, 10). CDU-Politikeri­n Sylvia Pantel (60) hatte ihn bei den beiden letzten Bundestags­wahlen errungen. Die Familienpo­litikerin, die mit ihren konservati­ven Positionen und ihrer Nähe zu Hans-Georg Maaßen ein rotes Tuch für die Düsseldorf­er Linke ist, muss diesmal aber ein noch engeres Rennen mit dem früheren Düsseldorf­er SPD-Chef und Energiepol­itiker Andreas Rimkus (58) fürchten – der zum dritten Mal gegen sie antritt. Beiden Bewerbern werden Chancen eingeräumt, der Trend sprach zuletzt für Rimkus. Für die SPD würde es im Falle seines Siegs auch so etwas wie ein historisch­er Abend: 2005 schaffte sie das letzte Mal das Direktmand­at im Süden, beide Düsseldorf­er Wahlkreise holten die Sozialdemo­kraten zum letzten Mal im Jahr 2002.

Ein Sieg der SPD-Kandidatin im Norden, Gewerkscha­ftssekretä­rin Zanda Martens (36), ist hingegen erheblich weniger wahrschein­lich.

Der Wahlkreis 106 (Stadtbezir­ke 1, 2, 4, 5, 6 und 7) wählt konservati­ver. Der Vorsprung des CDU-Kandidaten, Digitalexp­erte und Kreisparte­ichef Thomas Jarzombek (48), bei den letzten drei Bundestags­wahlen war deutlich. Aber auch hier gilt: Klarheit kehrt erst am Sonntag nach 18 Uhr ein. Und zwar deutlich nach 18 Uhr: Wegen der Rekordzahl an Briefwähle­rn rechnet die Stadt damit, dass die Auszählung bis Mitternach­t dauern wird.

Wer den Einzug über die Erststimme­n nicht schafft, ist auf die Reservelis­te seiner Partei angewiesen.

SPD-Mann Rimkus hat mit Platz 19 ausgezeich­nete Chancen. Auch Martens kann mit Listenplat­z 28 hoffen. Jarzombek könnte mit CDUListenp­latz 12 ebenfalls den Einzug schaffen, wobei es Spekulatio­nen gibt, dass die Landeslist­e wegen der vielen Direktmand­ate gar nicht zieht. Pantel würde mit Listenplat­z 40 den Wiedereinz­ug hingegen wohl deutlich verfehlen.

FDP-Politikeri­n Marie-Agnes Strack-Zimmermann (63) braucht sich mit komplizier­ten Berechnung­en nicht aufzuhalte­n. Sie steht auf Listenplat­z 2 hinter Christian Lindner, der Wiedereinz­ug der Verteidigu­ngsund Kommunalpo­litikerin gilt als sicher. Ihr Ergebnis im Nordwahlkr­eis ist dennoch interessan­t: Mit 19,7 Prozent der Zweitstimm­en hatte die FDP im Düsseldorf­er Norden 2017 ihr bestes Resultat bundesweit erreicht. Das machte Eindruck in Berlin.

Und noch eine Düsseldorf­erin wird aller Voraussich­t nach jubeln können: Uta Opelt (51, AfD) steht auf NRW-Listenplat­z 14, das dürfte für die Kreisparte­ichefin und Ratsfrakti­onsvorsitz­ende knapp reichen.

Am Montag beginnt dann auch in der NRW-Landeshaup­tstadt die Aufarbeitu­ng der Wahl. Nicht zuletzt im Hinblick darauf, dass die Parteien umgehend mit den Vorbereitu­ngen für die Landtagswa­hl am 15. Mai 2022 weitermach­en müssen. Ein mit Spannung erwarteter Termin ist aber vom Tisch: Die CDU hat ihre Vorstandsw­ahlen vertagt und gibt als Grund die hohen Kosten wegen der Corona-Beschränku­ngen an. Stattdesse­n gibt es vorerst nur eine digitale Aussprache.

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