Lange Schlangen am Flughafen befürchtet
Die Chefs vom Flughafen Düsseldorf und von Tuifly erwarten einen Reiseboom. Aber der Staat hole zu wenig Security-Leute. Derweil hat der Airport 330 Stellen abgebaut.
DÜSSELDORF Thomas Schnalke, der Flughafenchef von Düsseldorf, und Oliver Lackmann, Leiter von Tuifly in Deutschland, sind trotz der schwierigen Lage, in der sich ihre Branche derzeit befindet, guter Dinge: Beide glauben, dass es mit dem Flugverkehr bald wieder deutlich aufwärts geht: „Gerade Privatreisen ziehen an – die Menschen wollen in den Urlaub oder ihre Verwandten und Freunde sehen“, sagt Schnalke. „Die Herbstferiennachfrage ist sehr zufriedenstellend“, erklärt Tui-Manager Lackmann. Griechenland, die Kanaren, Zypern seien sehr gefragte Ziele. Vier Tui-Jets stünden nun dauerhaft am Flughafen der Landeshauptstadt, im nächsten Sommer wieder fünf – mehr als an jedem anderen deutschen Airport. Nun würden noch mehr als 6000 Zusatztickets für den Herbst angeboten, im Winter soll ein Boeing787-Dreamliner-Langstreckenjet mit 300 Sitzplätzen hinzukommen, mit dem wohl Tui Belgien Chartergäste fliegen wird. Lackmann: „Strecken mit einer Distanz von bis zu 6000 Kilometern wie auf die Kapverdischen Inseln oder auch nach Dubai können wir gut mit der in Düsseldorf neu stationierten Boeing 737 Max erreichen. Mit dem Dreamliner werden in der trüben Jahreszeit Menschen aus NRW zu Kreuzfahrten in der Karibik fliegen.“Das Kreuzfahrtgeschäft komme „wieder in Schwung“, ergänzt er.
Sowohl Schnalke als auch Lackmann müssen aber einräumen, dass die Luftfahrt immer mehr unter Druck gerät und beim Klimaschutz stärkeres Engagement zeigen muss. Laut Lackmann hat die Tui eine der modernsten Flugzeugflotten Europas. Die seit Juli neu in Düsseldorf stationierte Boeing 737 Max verbrauche weniger als 2,9 Liter Kerosin pro Passagier und 100 Kilometer. „Es ist nicht umweltbelastender, mit uns auf die Kapverden zu fliegen, als mit einer Reihe anderer Maschinen auf die rund 1000 Kilometer näheren Kanarischen Inseln“, so der Airline-Chef.
Beide Manager befürworten, dass die Industrie – unterstützt vom Staat – schnell große Anlagen aufbaut, um Ökokerosin zu produzieren. „Wir brauchen ein globales Energiekonzept, um synthetisches, umweltfreundliches Kerosin herzustellen“, meint Schnalke. Gemeint ist, dass Kerosin mithilfe von Solar- oder Windenergie so hergestellt wird, dass bei der Produktion genauso viel CO2 aus der Atmosphäre entnommen wird, wie dann beim Verbrennen wieder ausgestoßen wird. Lackmann ergänzt: „Wir wissen, dass die Herstellung von synthetischem Kerosin technisch möglich ist. Jetzt müssen möglichst schnell Pilotprojekte und Großanlagen realisiert werden.“Dafür solle dann auch das Geld aus der in Deutschland erhobenen Luftverkehrsabgabe genutzt werden.
Außerdem weist er darauf hin, Tui achte stark darauf, dass so viel Treibstoff wie möglich gespart werde: „Die Kerosinkosten sind ein großer Posten. Auch darum schulen wir die Piloten und Pilotinnen, besonders spritsparend zu fliegen.“
Schnalke und Lachmann befürchten, dass es auch in den nächsten Wochen am größten Flughafen des Landes immer wieder zu längeren Wartezeiten für Passagiere kommen könne. „Wir sehen häufiger personelle Unterbesetzungen beim Sicherheitsdienstleister der Bundespolizei“, sagt Schnalke. Es gebe pandemiebedingt immer mehr kurzfristige Buchungen. Zum Herbstferienbeginn am 11. Oktober erwarte er bis zu 380 Flüge pro Tag, doch sei er sich keineswegs sicher, ob die Sicherheitskräfte die vielen Passagiere dann zügig abfertigen könnten: „Erstens sind alle Abläufe komplizierter geworden, weil beispielsweise Nachweise von Impfungen oder Tests häufig beim Check-In überprüft werden müssen. Zweitens fürchte ich, dass das Bundesinnenministerium aus der Vergangenheit nicht genügend gelernt hat“. Zwar beauftrage die Bundespolizei eine private Sicherheitsfirma, „aber es
scheint in den Verträgen nicht ausreichend sichergestellt zu sein, dass wirklich immer genügend Leute für die Kontrollen der Passagiere da sind, auch bei besonders vielen Fluggästen.“
Lackmann sieht die Lage aus Airline-Sicht ganz ähnlich: „Wir erleben häufiger, dass es an den Sicherheitskontrollen wegen personeller Unterbesetzung zu Verzögerungen und dadurch zu Verspätungen bei Abflügen kommt. Die Bundespolizei scheint da zu wenig Leute beim Sicherheitsdienstleister zu bestellen. Das ist ärgerlich für den Flughafen, der völlig unschuldig an diesem Problem ist. Aber es ist auch nicht zu akzeptieren für uns und die Passagiere.“Manche Fluggesellschaften müssten immer wieder neu entscheiden, ob Passagiere zurückgelassen werden: „Auf häufig geflogenen Routen wie nach München können Fluggesellschaften im Fall des Falles auch einmal ein oder zwei in der Schlange wartende Passagiere zurücklassen, weil ja wenige Stunden später schon der nächste Jet fliegt und die Gäste mitnehmen kann“, berichtet er aus der Praxis. „Bei selten geflogenen Routen wie beim fünfstündigen Flug auf die Kapverden warten wir im Zweifelsfall lieber, weil es kein zeitnahes Ersatzangebot gibt.“Das könne dann am Abend wiederum zu sehr späten Landungen führen, wenn verspätete Jets zurückkehren.
Schnalke rät dazu, die Anreise zum Airport richtig zu planen. „Die Passagiere sollten genügend Zeit mitbringen. Der Check-In-Prozess dauert länger als früher.“Aber extrem früh sollten Reisende auch nicht da sein, damit es zu keiner Überfüllung des Airports komme. Ratsam sei es oft, das Gepäck schon am Vorabend abzugeben.
Was die Umstrukturierung angeht, weiß der Flughafenchef Fortschritte zu vermelden: Das Umbauprogramm am Airport sei abgeschlossen, erklärte Schnalke. 330 Beschäftigte hätten einem freiwilligen Aufhebungsvertrag oder einer vergleichbaren Lösung wie Frühverrentung zugestimmt, nur bei der Cargo-Tochter gebe es „einige betriebsbedingte Kündigungen“, so Schnalke. „Wir haben das Unternehmen deutlich verkleinert. Wir sind nun marktgerecht aufgestellt.“Das deckt sich mit der Passagierprognose: Der Airport-Chef rechnet damit, dass erst 2025 wieder so viele Menschen wieder über Düsseldorf fliegen wie 2019.