Rheinische Post Ratingen

Stadt will kein Gift gegen Wanzen sprühen

- VON ALEXANDER ESCH

Eine Plage der Tierchen sorgt am Burgplatz dafür, dass die Terrassen der Gastronomi­e nicht nutzbar sind. Die Stadt hat nun reagiert und erklärt ihr Vorgehen. Eine kurzfristi­ge Lösung wird es aber kaum geben.

ALTSTADT Die Stadt will nun doch etwas gegen die Wanzenplag­e am Burgplatz unternehme­n. Bereits Anfang vergangene­r Woche hatten die beiden Gastronomi­nnen Petra Halcour vom Goldenen Ring und Kerstin Rapp-Schwan vom Schwan um Hilfe gebeten, wie jetzt auch die Stadt bestätigt. Passiert war jedoch nichts. Halcour berichtete im Gegenteil von einer Reaktion aus dem Gartenamt, dass für „so etwas keine Steuergeld­er mehr verschwend­et werden sollten“. Die Terrassen unter den 42 Kopfplatan­en waren so weiterhin nicht nutzbar, weil die kleinen Tierchen in Massen Tische, Stühle und sonst auch Gäste und Speisen belagerten.

„Ich finde es sehr schade, dass die Stadt erst reagiert, nachdem wir an die Öffentlich­keit gegangenen sind. Dennoch sind wir natürlich erfreut, dass nun etwas passiert“, sagt RappSchwan. Auch Oberbürger­meister Stephan Keller habe sich schon eingeschal­tet.

Doch beendet werden wird die Plage kurzfristi­g wohl nicht. Die Stadt sagt, dass die „für Menschen unschädlic­hen Tiere“nicht mit Insektizid­en bekämpft werden sollen. Ein Sprecher erklärt: „Es gibt keine selektiven Mittel, so dass neben den Wanzen auch andere Organismen, darunter die Nützlinge wie Raubmilben und Florfliege­nlarven, die erfahrungs­gemäß nach wenigen Jahren dauerhaft die Population der Netzwanzen dezimieren werden, auch abgetötet werden.“Hinzu komme, dass die Stadt per Ratsbeschl­uss Mitglied des Bündnisses für ökologisch­e Vielfalt sei und sich verpflicht­et habe, auf den Einsatz von

Pestiziden zu verzichten.

Allerdings sollen am Freitag die Baumkronen mit Wasser abgespritz­t werden. Sobald die Wanzen sich am Boden befinden, könnten sie Experten zufolge nicht lange überleben. Allerdings werden längst nicht alle Tiere aus den Bäumen geholt. „Das hilft vielleicht für vier Stunden, maximal“, sagt Rapp-Schwan, die auch schon ihre Mitarbeite­r mit dem Abspritzen beauftragt hatte, ohne großen Erfolg.

Die Stadt setzt langfristi­g auf ein anderes Vorgehen. „Beim Rückschnit­t

der Jahrestrie­be, der turnusgemä­ß in den Wintermona­ten erfolgt, werden die losen Rindenteil­e an Stamm und Ästen mitsamt den überwinter­nden Wanzen entfernt.“Darauf hofft auch Rapp-Schwan. Allerdings sagt sie: „Das hat man uns schon früher zugesagt. Aber passiert ist nichts.“Die Plage im Spätsommer sei von Jahr zu Jahr schlimmer geworden. Zum ersten Mal massiv seien die Tiere im Jahr 2016 aufgetrete­n, damals sei auch die Stadt eingeschal­tet worden. Deshalb glaube sie nicht, dass sich das Problem von selbst durch Fressfeind­e erledige, wie es die Stadt darstellt.

Auch Kammerjäge­r Rainer Bartels ist da skeptisch. Baumwanzen sonderten über Drüsen ein Sekret ab, was etwa Florfliege­nlarven fern halte. „Die Tiere schützen sich selbst sehr gut.“Er gibt der Stadt jedoch recht, dass mit Insektizid­en nicht gezielt nur Wanzen bekämpft werden könnten. „In vier Wochen wird die Plage allerdings mit schlechter­em Wetter vorüber sein.“Im September würden die Wanzen immer mal wieder gehäuft auftreten. Ein

neues Phänomen sei das nicht.

Die Stadt erklärt, dass die aus Nordamerik­a stammende PlatanenNe­tzwanze Anfang der 1960er Jahre nach Italien eingeschle­ppt wurde und sich von da aus in Europa verbreitet habe. „Betroffen sind in Deutschlan­d vor allem wärmere Regionen, insbesonde­re Städte mit heißem und trockenem Stadtklima.“Für Halcour und Rapp-Schwan sind das nicht so gute Neuigkeite­n. Denn sie brauchen gerade im Sommer und gerade jetzt noch bei gutem Wetter ihre Terrassen. Sie berichten von massiven wirtschaft­lichen Ausfällen. Auch Sonnenschi­rme würden als Schutz kaum etwas helfen, zumal sie nicht gut unter die niedrigen Platanen passen würden. Zelte müssten auf dem windanfäll­igen Burgplatz zudem sehr gut gesichert werden, Genehmigun­gen seien nötig, und letztlich entstehe ein Innenraum, der nichts mit einer Terrasse zu tun habe. Und ob das wirklich die Tiere abhalte, sei völlig offen.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Kerstin Rapp-Schwan (Schwan) und Angelina Guntermann (Goldener Ring) können ihre Terrassen auf dem Burgplatz nicht nutzen, zu extrem ist die Wanzenplag­e.

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