Stadt will kein Gift gegen Wanzen sprühen
Eine Plage der Tierchen sorgt am Burgplatz dafür, dass die Terrassen der Gastronomie nicht nutzbar sind. Die Stadt hat nun reagiert und erklärt ihr Vorgehen. Eine kurzfristige Lösung wird es aber kaum geben.
ALTSTADT Die Stadt will nun doch etwas gegen die Wanzenplage am Burgplatz unternehmen. Bereits Anfang vergangener Woche hatten die beiden Gastronominnen Petra Halcour vom Goldenen Ring und Kerstin Rapp-Schwan vom Schwan um Hilfe gebeten, wie jetzt auch die Stadt bestätigt. Passiert war jedoch nichts. Halcour berichtete im Gegenteil von einer Reaktion aus dem Gartenamt, dass für „so etwas keine Steuergelder mehr verschwendet werden sollten“. Die Terrassen unter den 42 Kopfplatanen waren so weiterhin nicht nutzbar, weil die kleinen Tierchen in Massen Tische, Stühle und sonst auch Gäste und Speisen belagerten.
„Ich finde es sehr schade, dass die Stadt erst reagiert, nachdem wir an die Öffentlichkeit gegangenen sind. Dennoch sind wir natürlich erfreut, dass nun etwas passiert“, sagt RappSchwan. Auch Oberbürgermeister Stephan Keller habe sich schon eingeschaltet.
Doch beendet werden wird die Plage kurzfristig wohl nicht. Die Stadt sagt, dass die „für Menschen unschädlichen Tiere“nicht mit Insektiziden bekämpft werden sollen. Ein Sprecher erklärt: „Es gibt keine selektiven Mittel, so dass neben den Wanzen auch andere Organismen, darunter die Nützlinge wie Raubmilben und Florfliegenlarven, die erfahrungsgemäß nach wenigen Jahren dauerhaft die Population der Netzwanzen dezimieren werden, auch abgetötet werden.“Hinzu komme, dass die Stadt per Ratsbeschluss Mitglied des Bündnisses für ökologische Vielfalt sei und sich verpflichtet habe, auf den Einsatz von
Pestiziden zu verzichten.
Allerdings sollen am Freitag die Baumkronen mit Wasser abgespritzt werden. Sobald die Wanzen sich am Boden befinden, könnten sie Experten zufolge nicht lange überleben. Allerdings werden längst nicht alle Tiere aus den Bäumen geholt. „Das hilft vielleicht für vier Stunden, maximal“, sagt Rapp-Schwan, die auch schon ihre Mitarbeiter mit dem Abspritzen beauftragt hatte, ohne großen Erfolg.
Die Stadt setzt langfristig auf ein anderes Vorgehen. „Beim Rückschnitt
der Jahrestriebe, der turnusgemäß in den Wintermonaten erfolgt, werden die losen Rindenteile an Stamm und Ästen mitsamt den überwinternden Wanzen entfernt.“Darauf hofft auch Rapp-Schwan. Allerdings sagt sie: „Das hat man uns schon früher zugesagt. Aber passiert ist nichts.“Die Plage im Spätsommer sei von Jahr zu Jahr schlimmer geworden. Zum ersten Mal massiv seien die Tiere im Jahr 2016 aufgetreten, damals sei auch die Stadt eingeschaltet worden. Deshalb glaube sie nicht, dass sich das Problem von selbst durch Fressfeinde erledige, wie es die Stadt darstellt.
Auch Kammerjäger Rainer Bartels ist da skeptisch. Baumwanzen sonderten über Drüsen ein Sekret ab, was etwa Florfliegenlarven fern halte. „Die Tiere schützen sich selbst sehr gut.“Er gibt der Stadt jedoch recht, dass mit Insektiziden nicht gezielt nur Wanzen bekämpft werden könnten. „In vier Wochen wird die Plage allerdings mit schlechterem Wetter vorüber sein.“Im September würden die Wanzen immer mal wieder gehäuft auftreten. Ein
neues Phänomen sei das nicht.
Die Stadt erklärt, dass die aus Nordamerika stammende PlatanenNetzwanze Anfang der 1960er Jahre nach Italien eingeschleppt wurde und sich von da aus in Europa verbreitet habe. „Betroffen sind in Deutschland vor allem wärmere Regionen, insbesondere Städte mit heißem und trockenem Stadtklima.“Für Halcour und Rapp-Schwan sind das nicht so gute Neuigkeiten. Denn sie brauchen gerade im Sommer und gerade jetzt noch bei gutem Wetter ihre Terrassen. Sie berichten von massiven wirtschaftlichen Ausfällen. Auch Sonnenschirme würden als Schutz kaum etwas helfen, zumal sie nicht gut unter die niedrigen Platanen passen würden. Zelte müssten auf dem windanfälligen Burgplatz zudem sehr gut gesichert werden, Genehmigungen seien nötig, und letztlich entstehe ein Innenraum, der nichts mit einer Terrasse zu tun habe. Und ob das wirklich die Tiere abhalte, sei völlig offen.